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19.06.2010 | 19:34 | Klimaforschung  

Fragile Ozeanströmung

Zürich - Die Kaltwasserzunge, die sich im östlichen äquatorialen Pazifik nahe der Oberfläche ausbreitet, beeinflusst regional und global maßgeblich das Klima.

Fragile Ozeanströmung
Eine neue Studie zeigt, dass sie sich bildete, als sich die subpolaren Ozeane vor 1,8 Millionen Jahren abkühlten und ausdehnten.

Der Grenzbereich zwischen kaltem Tiefenwasser und warmem Oberflächenwasser, die so genannte Thermokline, flacht im Ostpazifik ab und liegt dort nahe an der Wasseroberfläche. Zwischen Ost- und Westpazifik herrscht deshalb ein Temperaturgefälle. Zudem beeinflussen Passatwinde die Meeresströmungen und sind unter anderem dafür verantwortlich, dass vor der Westküste Südamerikas kaltes und nährstoffreiches Wasser an die Oberfläche strömt. Das aufgestiegene kalte Tiefenwasser breitet sich als große Kaltwasserzunge im tropischen Ozean nach Westen hin aus. Diese Umstände bestimmen maßgeblich das Klima - nicht nur in den niederen Breiten. Das war nicht immer so. Wie die heutigen Bedingungen entstanden, insbesondere wie es dazu kam, dass sich die «wetterbestimmende» Abflachung der Thermokline ausbildete, hat nun ein Forscherteam unter Leitung von Alfredo Martinez-Garcia untersucht. Martinez-Garcia, Postdoc in der Gruppe Klimageologie von Gerald Haug, Professor am Departement Erdwissenschaften der ETH Zürich, gelang es, die Vorgänge anhand geochemischer Untersuchungen an Bohrkernen aus dem Subpolarraum zu rekonstruieren.


Abkühlung leitet heutiges Klima ein

Die Wissenschaftler bestätigen eine lang gehegte Vermutung: Die subpolaren Regionen vergrößerten sich vor rund 2 Millionen Jahren auf Kosten der subtropischen Bereiche. Dort führte schließlich das Temperaturgefälle von Ost nach West in der Oberflächenwassertemperatur dazu, dass sich die Kaltwasserzunge bereits in der Zeit von vor 1,8 Millionen bis 1,2 Millionen Jahren in ihrem heutigen Ausmaß etablieren konnte.

Bis anhin blieb ein derartiger Nachweis offen, insbesondere weil eine lückenlose Rekonstruktion der einstigen Oberflächenwassertemperaturen in den Polarregionen für diese Zeit fehlte und somit wichtige Hinweise auf die Temperaturentwicklung. Martínez-Garcia, Erstautor der Studie, konnte diesen Nachweis nun erbringen, indem es ihm gelang, anhand zweier Sediment-Bohrkerne des «Ocean Drilling Program» aus dem südlichen und nördlichen Polarmeer erstmals die Temperaturen für jenen Zeitraum zu rekonstruieren. Dies war anhand von Biomarkern, so genannten Alkenonen, möglich. Alkenone sind Lipide, die von Algen produziert und im Sediment konserviert werden. «Diese Lipide weisen je nach Temperatur des Oberflächenwassers unterschiedlich viele Doppelbindungen auf», sagt Martínez-Garcia. Der junge Wissenschaftler eichte seine Daten an den Produkten von Algen-Kulturen, die anderenorts unter unterschiedlichen Temperaturbedingungen im Labor gezüchtet wurden.


Ohne Kaltwasserzunge El Niño

Die rekonstruierte Temperaturkurve zeigt, dass in der Zeit vor 1,8 bis vor 1,2 Millionen Jahren die Temperatur in den subpolaren Regionen durchschnittlich um 4 bis 5 Grad zurück ging. Mit initiiert haben die Abkühlung laut den Forschern vermutlich die zyklischen orbitalen Variationen, welche die Intensität der Sonneneinstrahlung auf die Erde beeinflussen: die Exzentrizität (der elliptischen Erdbahn um die Sonne), die Schiefe der Ekliptik (Neigung der Erdachse zur Umlaufbahn) sowie der Präzession (Tag und Nachtgleiche).

Die Abkühlung und Ausbreitung des Meereseises bewirkte, dass in der Äquatorregion des östlichen Pazifiks die Thermokline angehoben wurde, sich von Ost nach West das Temperaturgefälle ausbildete und die Kaltwasserzunge sich ausbreiten konnte. Heute erwärmt sich diese Kaltwasserzunge etwa alle 4 bis 5 Jahre: Der daraus resultierende Effekt wird als El Niño bezeichnet. Im Ostpazifik verringert sich die nährstoffreiche Tiefenwasserzufuhr, die Fische bleiben aus und es kommt zu ungewöhnlich starken Niederschlägen entlang der westlichen Küstenlinien beider amerikanischer Kontinente. Im Westpazifik hingegen kommt es zu Dürreperioden.


Quelle: ETH Life - Das Online-Magazin der ETH Zürich, Simone Ulmer, 18.06.10
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