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25.12.2008 | 14:56 | Klimaforschung 

Rätselhafter Niederschlag

Karlsruhe - Die Folgen des Klimawandels machen Kleinbauern in Westafrika das Leben schwer: Die Regenzeit verschiebt sich, die Aussaat wird zum Glücksspiel, immer wieder fallen Ernten aus.

Regenmessern in Ghana
(c) Sven Wagner
Klimaforscher am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben nun Verfahren und Modelle entwickelt, die eine genauere Vorhersage ermöglichen und den Farmern mehr Sicherheit geben können.

Gerlinde Jung, Patrick Laux, Sven Wagner und Harald Kunstmann vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung analysieren Klimadaten für Ghana und Burkina Faso und entwickeln hochaufgelöste regionale Klimamodelle, die den Wasserkreislauf in der Atmosphäre und der Landoberfläche simulieren. "Mit ihnen können wir abschätzen, wie die zukünftige Wasserverfügbarkeit in Westafrika voraussichtlich sein wird", erklärt Harald Kunstmann.

In ihren Untersuchungen belegen sie, dass sich der Beginn der Regenzeit in den vergangenen vier Jahrzehnten bereits um bis zu 30 Tage verzögert hat. "Dieser Trend wird sich wohl bis zum Jahr 2040 fortsetzen", sagt Harald Kunstmann. Die Wissenschaftler prognostizieren für das Volta-Flussbecken zudem einen Anstieg der mittleren Jahrestemperatur um weitere 1,8 Grad Celsius - ein Wert, der deutlich über dem erwarteten globalen Durchschnitt liegt - und einen massiven Rückgang der Niederschläge zu Beginn der Regenzeit im April.

Aufgrund der Klimaänderung können sich die Farmer bei der Aussaat immer weniger auf ihre Erfahrung verlassen - und das hat Konsequenzen: Folgen den ersten Tropfen nach der Trockenzeit erst einmal keine weiteren Niederschläge und säen die Kleinbauern zu früh aus, steigt die Gefahr, dass das Saatgut vertrocknet und die Ernte ausfällt. Sind sie zu spät dran, bleibt weniger Zeit für das Wachstum der Pflanzen und die Erträge fallen geringer aus. Dies trifft nicht nur die Farmer und ihre Familien, sondern die stetig wachsende Bevölkerung insgesamt.

Die Modelle der KIT-Forscher könnten das Problem entschärfen. Sie basieren auf komplexer dreidimensionaler atmosphärischer Information, zum Beispiel über Feuchteflüsse. Daneben setzen die Wissenschaftler insbesondere statistische Verfahren ein: Sie seien, so Kunstmann, mit einfachen Daten anwendbar, die auch in dieser infrastrukturschwachen Region erhältlich sind. "Auf der Basis von Vorregenindizes, zum Beispiel Niederschlagssummen und Anzahl von Regentagen der vorangegangenen Wochen, können wir den Beginn der aktuellen Regenzeit mit einer Trefferquote von bis zu 80 Prozent vorhersagen", sagt Patrick Laux.

Bei einer Konferenz und zwei Workshops in Ghana und Burkina Faso stellten die Wissenschaftler ihre Ergebnisse vor und wiesen lokale Entscheidungsträger in die neuen Methoden ein. "Das Interesse der Fachleute und Entscheidungsträger vor Ort ist enorm groß", sagt Patrick Laux. Ziel sei es, mit den örtlichen meteorologischen Diensten langfristig zusammenzuarbeiten. Sie seien die Schnittstellen, so Laux, über die Prognosen der Forscher die Bevölkerung auf dem Land erreiche.

Die Forschungsarbeiten waren Bestandteil des GLOWA Volta Projekts, das zum Förderprogramm GLOWA des Bundeministeriums für Bildung und Forschung zum Thema "Globaler Wandel des Wasserkreislaufs" gehört. Das Projekt läuft 2009 aus.

Im Karlsruher Institut für Technologie (KIT) schließen sich das Forschungszentrum Karlsruhe in der Helmholtz-Gemeinschaft und die Universität Karlsruhe zusammen. Damit wird eine Einrichtung international herausragender Forschung und Lehre in den Natur- und Ingenieurwissenschaften aufgebaut. Im KIT arbeiten insgesamt 8.000 Beschäftigte mit einem jährlichen Budget von 700 Millionen Euro. Das KIT baut auf das Wissensdreieck Forschung - Lehre - Innovation.

Die Karlsruher Einrichtung ist ein führendes europäisches Energieforschungszentrum und spielt in den Nanowissenschaften eine weltweit sichtbare Rolle. KIT setzt neue Maßstäbe in der Lehre und Nachwuchsförderung und zieht Spitzenwissenschaftler aus aller Welt an. Zudem ist das KIT ein führender Innovationspartner für die Wirtschaft. (idw)
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