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19.01.2024 | 01:51 | Keine Preiserhöhungen 

Einige Großbrauer halten Preise stabil - Schlägt Mauteffekt durch?

Meschede/Warstein/Berlin - Angesichts des deutlich sinkenden Bierkonsums in Deutschland halten sich einige Großbrauereien bei weiteren Preiserhöhungen zurück. Nach Krombacher erklärte auch Veltins, dass Preiserhöhungen nicht auf der Tagesordnung stünden.

Bierkonsum
Mindestens zwei Großbrauereien in Nordrhein-Westfalen wollen ihre Preise stabil halten. Aber auch die erhöhte Lkw-Maut kann Einfluss auf die Preise im Handel haben. Die Verbraucher greifen verstärkt zu Sonderangeboten. (c) proplanta
«Für uns im Jahre '24 keine weiteren Preiserhöhungen», sagte Veltins-Chef Michael Huber, am Donnerstag der dpa. Er verwies allerdings auch darauf, dass die Logistikunternehmen unter anderem auch beim Transport von Getränken mit einer höheren Lkw-Maut belastet würden.

Sowohl bei Bier als auch bei anderen Getränken ist das Bild laut dem Marktforschungsunternehmen NielsenIQ uneinheitlich. «Es gibt Braugruppen, die eine Preiserhöhung für 2024 bereits kommuniziert haben, andere hingegen halten sich diesbezüglich zurück», sagte Marktforscher Marcus Strobl der dpa. Er geht zwar weiter von tendenziell steigenden Preisen aus, aber nicht im gleichen Ausmaß wie 2023. Außerdem verkaufe der Handel wieder mehr Bier in Preisaktionen.

Auch der Herausgeber das Getränkemarktmagazins «Inside» geht davon aus, dass sich viele Bierhersteller zumindest im ersten Halbjahr 2024 mit Preiserhöhungen zurückhalten. Trotzdem könnte Bier im Handel oder der Gastronomie teurer werden, weil die Anfang Dezember erfolgte Mauterhöhung den Getränketransport um etwa 10 bis 30 Cent je Kasten verteuere, erklärte Herausgeber Niklas Other vor wenigen Tagen. Auf der anderen Seite versuche der Handel wieder verstärkt mit Aktionspreisen Kunden anzulocken, wie sich Ende 2023 gezeigt habe.

«Wir haben uns sehr bemüht, diesem Aktionismus nicht zu folgen», sagte Veltins-Chef Huber. Veltins hat nach Rekorden einen Absatzrückgang von 2,9 Prozent auf 3,26 Millionen Hektoliter im Jahr 2023 in Kauf genommen. Huber verwies bei der Jahresbilanz 2023 auch auf die Notwendigkeit, den energieintensiven Braubetrieb klimaneutral zu gestalten. Damit stehe die Branche vor der den größten Investitionen dieses Jahrzehnts.

Schon heute sei absehbar, dass die kostspielige Transformation hin zu regenerativen Energien viele Braubetriebe finanziell überfordere und zu einer Existenzfrage werde, erklärte der Veltins-Chef. Das Familienunternehmen kündigte 90 Millionen Euro Investitionen in Windkraft, Photovoltaik und Energiespeichersysteme an, die zum großen Teil bis 2030 umgesetzt werden sollen. So seien vier Windräder im Brauereiumfeld im Hochsauerlandkreis geplant. Dies komme zu dem gerade erfolgten 420 Millionen Euro teuren Brauereiumbau noch hinzu.

Der Präsident des Deutschen Brauer-Bundes, Christian Weber, verweist in der «Lebensmittel Zeitung» («LZ», Freitag) darauf, dass viele Brauereien bereits mehrere ertragsschwache Jahre hinter sich haben und Reserven aufgezehrt seien. «Und insbesondere dort, wo eine Nachfolge ansteht und die Fortführung des Betriebes mit größeren Investitionen verbunden ist, überlegen sich Inhaber gut, ob sie unter diesen Voraussetzungen weitermachen möchten und können.»

In der Summe seien die Kosten für eine mittelständische Brauerei noch immer deutlich über dem Vor-Pandemie-Niveau. «Und: Der Großteil davon konnte bislang nicht an die Kunden weitergegeben werden. Die Brauereien haben viel mehr absorbiert, als es hätte sein sollen», erklärte Weber. Ob eine Brauerei ihre Abgabepreise an Gastronomie und Handel erhöhe, sei eine unternehmerische Entscheidung. «Was ich aber sagen möchte: Das Preisniveau für Bier muss mittel- und langfristig steigen.»

Laut Veltins macht sich bei vielen Unternehmen in der Branche Nervosität breit. Es gebe «Klopfsignale» im Markt. «Man nennt das am Anfang meistens Kooperation, meistens geht es dann aber um irgendeine Veräußerung», sagte Huber. Überwiegend gehe es um regionale Brauer. Zukäufe seien für Veltins derzeit aber kein Thema. Der Rückgang des deutschen Biermarktes hat sich laut Veltins-Analyse beschleunigt. Zuletzt sind demnach in nur sechs Jahren 10 Millionen Hektoliter verloren gegangen, zuvor waren es für eine solche Menge zehn Jahre.

Die Haus-Cramer-Gruppe um die Warsteiner Brauerei hat ihren Absatz in Deutschland gegen den Markttrend leicht gesteigert. 2023 sei ein Inlandswachstum von mehr als einem Prozent erzielt worden, während der deutsche Biermarkt um etwa vier Prozent geschrumpft sei, sagte eine Sprecherin am Donnerstag. Die Stammmarke Warsteiner gewinne Marktanteile hinzu. Das Auslandsgeschäft wuchs um 11,7 Prozent. Der Gesamtabsatz nahm somit um 2,1 Prozent auf 3,6 Prozent Millionen Hektoliter zu.

Krombacher hat im schrumpfenden deutschen Biermarkt den Absatz im vergangenen Jahr nahezu stabil gehalten. Das Familienunternehmen aus dem Siegerland verkaufte 2023 gut 6 Millionen Hektoliter Bier. Das sind 0,4 Prozent weniger als 2022, hatte Krombacher bereits in der vergangenen Woche mitgeteilt. «Eine Preiserhöhung ist sowohl bei Bier als auch bei alkoholfreien Getränken aktuell nicht geplant», sagte ein Sprecher.
dpa
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