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13.07.2007 | 07:27 | Artenverluste 

Biodiversität ist für den Erhalt von Ökosystem-Dienstleistungen wichtiger als bisher angenommen

Zürich - Der Verlust bereits von wenigen Arten kann ökologische Prozesse beeinträchtigen, die für die Menschheit einen Wert haben und ihr zunutze kommen.

Kröte
(c) proplanta
Dies zeigen neue Untersuchungen, die am Institut für Umweltwissenschaften an der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich und der Universität Oxford erarbeitet worden sind.

Bisherige Einschätzungen über den Wert der Artenvielfalt haben untersucht, wie sich der Verlust von Arten auf verschiedene Ökosystem-Dienstleistungen, wie z.B. die Lebensmittelproduktion, die Bereitstellung von sauberem Trinkwasser oder die Bindung des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre, auswirkt. Wenn dabei jeweils nur eine einzige Ökosystem-Dienstleistung auf einmal betrachtet wird, könnte die Anzahl nötiger Arten unterschätzt werden, die es für ein voll funktionsfähiges Ökosystem braucht.

Prof. Andrew Hector vom Institut für Umweltwissenschaften der Universität Zürich und Dr. Robert Bagchi von der Universität Oxford haben deshalb eine neue Methode entwickelt, die es erlaubt, mehrere Ökosystem-Prozesse auf einmal zu berücksichtigen. Sie haben diese Methode auf Resultate der Analyse europäischer Wiesengemeinschaften angewandt und entdeckt, dass eine grössere Artenvielfalt benötigt wird, wenn alle sieben erhobenen Ökosystem-Dienstleistungen einberechnet werden, als wenn nur eine einzelne Dienstleistung betrachtet wird. Bereits der Verlust von wenigen Arten kann dazu führen, dass die Gesamtfunktion eines Ökosystems beeinträchtigt wird. "Bisherige Untersuchungen haben angenommen, dass Arten, die für eine Ökosystem-Dienstleistung wichtig sind, alle anderen Dienstleistungen auch gewährleisten können - aber das scheint nicht der Fall zu sein", erläutert Hector.

Größere Artenvielfalt nötig als angenommen
Das Kernresultat der Studie besagt, dass verschiedene Dienstleistungen des Ökosystems durch verschiedene Gruppen von Arten beeinflusst werden. Dazu Robert Bagchi: "Weil jeweils andere Arten für unterschiedliche Ökosystem-Dienstleistungen zuständig sind, braucht es insgesamt mehr Arten, um ein voll funktionierendes System zu erhalten, als wenn man sich nur auf eine Art konzentriert." Darum empfehlen die Forscher, Ökosysteme so zu verwalten, dass mehrere Ökosystem-Dienstleistungen zugleich erhalten werden können. Denn die isolierte Betrachtung einer Dienstleistung wie etwa die Steigerung des Ertrages kann zu enormen Problemen führen. So hat übermässiges Düngen hohe Nitratwerte in benachbarten Flüssen zur Folge, was wiederum die Wasserverschmutzung und das Wachstum von Unkraut erhöht und andere negative Einflüsse haben kann.

Für bisherige Umweltschutzbemühungen wie die Aufforstung von abgeholzten Regenwäldern könnte die Studie weit reichende Konsequenzen haben: Gemäss Hectors und Bagchis Erkenntnissen greift die bisherige Praxis - die Wiederanpflanzung einer einzelnen Baumart - zu kurz.

Als nächsten Schritt überprüfen die beiden Wissenschaftler ihre Erkenntnisse über die Artenvielfalt mit Daten aus den Tropen. Prof. Andrew Hector ist einer der leitenden Forscher des Sabah Biodi-versitätsexperiments im Malayischen Borneo, das verschiedene Wiederanbauschematas von Bäumen untersucht. Dabei wollen die Forscher herausfinden, welche Methode erfolgreicher ist, um ein voll funktionierendes Waldökosystem wieder herzustellen: Anpflanzungen mit vielen verschiedenen Arten oder Monokulturen.

Die Mathematisch-naturwissenschaftliche Fakultät MNF ist eine der sieben Fakultäten der Universität Zürich. Mit ihren rund 150 Professorinnen und Professoren lehrt und forscht die MNF auf höchstem Niveau in den Fachbereichen Geografie und Umweltwissenschaften, Biologie (u.a. Pflanzenbiologie, Zoologie, Anthropologie und Paläontologie), Chemie und Biochemie, Mathematik und Physik (u.a. reine Mathematik, angewandte Mathematik, theoretische Physik, Experimentelle Physik, Teilchenphysik).

Die Studie von Prof. Andrew Hector wird am 12.7.2007 in "Nature" publiziert. (PM)
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