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14.05.2010 | 16:37 | Naturschutz 

Mut zur Wildnis auch in Deutschland

Bonn - Zusätzliche großflächige Gebiete, in denen sich die Natur ungestört entwickeln kann, sind nach Ansicht des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) in Deutschland dringend erforderlich.

Regenwald
(c) proplanta
„In Deutschland gibt es kaum noch Wildnisgebiete, die als natürlich bezeichnet werden können oder in denen eine ungelenkte Entwicklung stattfinden kann.

Optimistische Schätzungen kalkulieren den Anteil von Wildnisgebiet in Deutschland aktuell auf maximal 0,5 % der Landfläche. Hierbei handelt es sich fast ausschließlich um die Kernzonen der deutschen Nationalparke“, sagte Prof. Beate Jessel, Präsidentin des BfN.

Für den Naturschutz ist eines der zentralen Problemfelder, dass vom Menschen unbeeinflusste dynamische Prozesse besonders seit dem Beginn der Industrialisierung systematisch aus der Landschaft eliminiert worden sind. Besonders augenfällig ist diese Entwicklung in Flußauen, aber auch in Wäldern und den großteils entwässerten und abgetorften Mooren.

Natürliche Prozesse und entsprechend geprägte „Wildnis“-Lebensräume sind jedoch für viele Arten besonders bedeutsam und somit ist ihr Schutz oder ihre Wiederzulassung ein wesentliches Ziel des Naturschutzes. Zusätzliche Bedeutung für die dauerhafte Erhaltung der biologischen Vielfalt bekommt die Wildnis-Thematik im Zeichen des Klimawandels zu: „Hier sind Wildnisgebiete als Vergleichsräume und Lernflächen besonders wichtig, um natürliche Anpassungsprozesse zu studieren und daraus gewonnenen Erkenntnisse zu ziehen, die letztlich für unsere genutzten Bereiche bedeutsam sind. Wir brauchen daher auch in Deutschland mehr Mut zur Wildnis,“ so die BfN-Präsidentin.

„Wildnis“ - dieser Begriff löst vor allem aber auch sehr zwiespältige, emotional geprägte Reaktionen in der Bevölkerung aus: So ruft die Rückkehr von „wilden Tieren“ wie Wolf, Luchs oder Bär in Teilen der Bevölkerung oft erhebliche Vorbehalte und Ängste hervor. Ein von Wildnisgegnern oft vorgebrachtes Argument ist zudem oft der Wegfall von Arbeitsplätzen, der sich damit verbinde, wenn Gebiete aus der Nutzung genommen werden.

Dabei belegen die gut 50 Millionen Besucher der Nationalparke dort eine nicht unerhebliche Wertschöpfung, die sich bundesweit auf 2,1 Milliarden Euro beläuft. Sie bieten zudem hervorragende Bedingungen für eine umfassendes Naturerleben und Naturverstehen, um natürliche Abläufe in der Natur zu studieren.

Die große Bedeutung von Wildnisgebieten aus ökologischer, ökonomischer, wissenschaftlicher und ethischer Sicht hat auch die Politik in Deutschland erkannt. So fordert die Nationale Strategie der Bundesregierung zum Erhalt der Biologischen Vielfalt, auf zwei Prozent der Fläche Deutschlands Wildnis zuzulassen. Neben den Kernzonen bestehender und künftiger Nationalparke und ausgewählten Waldflächen sind ehemalige Truppenübungsplätze und Bergbaufolgelandschaften, aber auch Bereiche der Binnengewässer und Auen, der Küsten, der Gebirge und der Moore für die Umsetzung geeignet.

„Das Bundesamt für Naturschutz setzt sich umfassend für eine rasche Umsetzung dieser Zielsetzung der Nationalen Strategie ein. Das kann der Naturschutz jedoch nicht alleine erreichen. Wir werben daher um eine breite Unterstützung auch anderer gesellschaftlicher Akteure“, so die Position der BfN-Präsidentin. „Deutschland ist hier insgesamt gefordert auch um ein gutes Beispiel zu geben, wenn es darum geht, unberührte Natur in anderen Teilen der Erde zu bewahren.“

Weitere Informationen zum Thema finden sie unter http://www.bfn.de/0405_hintergrundinfo.html. (BfN)
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