Laut aktuellen Schätzungen des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums (USDA) wird das Aufkommen in den wichtigen Produzentenländern bei etwa 3,62 Mio. t liegen und damit das Vorjahresergebnis lediglich um 27.000 t oder 0,7 % unterschreiten. Dass es überhaupt zu einem Rückgang kommt, liegt den Analysten aus Washington zufolge an der Produktionsentwicklung in der Europäischen Union.
Die Kirschenerzeugung in der Gemeinschaft soll mit 648.000 t um gut ein Fünftel unter der Vorjahresmenge geblieben sein, die 2018/19 mit 835.000 t allerdings überdurchschnittlich hoch ausgefallen war. In Italien hätten
Hagel und in Polen Fröste und Trockenheit in diesem Jahr den Kirschplantagen schwer zugesetzt, berichteten die US-Marktexperten.
Für Deutschland ging das Statistische Bundesamt (Destatis) dagegen Ende Juni von einer guten Gesamternte aus, die mit 62.200 t um 3,5 % über der Vorsaison und um gut ein Viertel über dem Mittel der vergangenen zehn Jahre liegen soll. Während dabei mit einem Anstieg bei Süßkirschen gegenüber 2018 um 8 % auf 47.700 t gerechnet wurde, soll das hiesige Aufkommen an
Sauerkirschen um 9 % auf 14.500 t abgenommen haben.
Den Platz des weltweiten größten Erzeugers wird die EU dem USDA zufolge wieder an die Türkei verlieren. In diesem Land lag die erwartete Vermarktungsmenge 2019/20 mit 865.000 t um gut 40.000 t oder 5 % über dem Vorjahresniveau, was gleichzeitig einen neuen Produktionsrekord bedeuten würde. Dazu hätten nicht nur günstige Witterungsbedingungen geführt, sondern auch die Ausweitung der Produktionsflächen und die Nutzung ertragreicherer Sorten, begleitet von verbesserten Anbautechniken und Schulungen der Erzeuger.
Verbrauch in China verdoppeltIm Ranking der weltweit wichtigsten Anbauländer für Kirschen werden die USA2019/20 ihren dritten Rang verteidigen können; die Erzeugung im eigenen Land hat laut USDA gegenüber der Vorsaison um 2,0 % auf 450.000 t zugenommen.
Immer dichter heran rückt jedoch China, das sich auch auf diesem Markt bei Produktion und Verbrauch zu einem Global Player entwickelt. Auf 420.000 t wird in der Volksrepublik das diesjährige Kirschaufkommen geschätzt; das wären 80.000 t oder fast ein Viertel mehr als im Vorjahr, als regionale Fröste den Obstbäumen noch geschadet hatten. Noch höher ist allerdings der Verbrauch in China mit 615.000 t, der sich in den vergangenen sechs Jahren verdoppelt hat und damit viel schneller als die Erzeugung gewachsen ist. Entsprechend sind die chinesischen Importe von Kirschen nach oben geschnellt; sie dürften im laufenden Wirtschaftsjahr auf 195.000 t steigen und damit 45 % der vom USDA erfassten globalen Gesamteinfuhren ausmachen.
Der wichtigste Lieferant ist dabei Chile. Das südamerikanische Land rangiert bei den Produzentenländern mit einer vom USDA prognostizierten
Erntemenge von 231.000 t zwar nur auf Rang sieben, es ist jedoch wegen des geringen heimischen Verbrauchs der weltweit größte Exporteur. Die chilenische Kirschausfuhren werden für das Vermarktungsjahr 2019/20 auf 205.000 t geschätzt; das wären 25.000 t oder rund 14 % mehr als im Vorjahr. Rund 90 % davon werden laut USDA nach China geliefert und die Vermarktungsmöglichkeiten dort haben sich verbessert, weil die Ware des Wettbewerbers USA im Zuge des Handelsstreits mit Strafzöllen belegt ist.
Höhere Kirschenimporte der EUFür die globalen Handelsmengen von Kirschen erwartet das USDA für 2019/20 ein Ergebnis, das knapp unter dem Vorjahresniveau liegen wird. So sollen sich die weltweiten Ausfuhren der betrachteten Länder auf 454.000 t und die Einfuhren auf 432.000 t belaufen, was jeweils einem Rückgang von rund 1 % gegenüber 2018/19 bedeuten würde.
Neben Chile dürfte aufgrund der
Rekordernte auch die Türkei ihre Exporte steigern, und zwar um 4 % auf 78.000 t. Ein Teil davon ist auch auf den
EU-Binnenmarkt gelangt, denn die Importe der Mitgliedstaaten sollen um 17 % auf 55.000 t zunehmen. Im Sommer hatte es hierzulande bereits Kritik an den Importen von Süßkirschen aus der Türkei gegeben, unter anderem von der Fachgruppe Obstbau Bonn/Rhein-Sieg im Provinzialverband Rheinischer Obst- und Gemüsebauer.
Neben der schlechteren
Klimabilanz könnten sich die dortigen Anbauer das teure Einnetzen der Kirschanlagen gegen
Schädlinge sparen und hätten auch Wettbewerbsvorteile wegen viel geringerer Lohnkosten, monierte die Fachgruppe. Eine wichtige Rolle als Käufer am
Weltmarkt hat seit Jahren auch Russland inne, doch rechnen die USA-Analysten für dieses Land 2019/20 mit einem Einfuhrrückgang um 13.000 t oder 14 % auf 80.000 t. Neben einem inländischen Verbrauchsrückgang werden hierfür auch geringere Liefermengen aus Kasachstan, Moldawien und Serbien verantwortlich gemacht.