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03.04.2022 | 15:32 | Freizeitvergnügen vs. Natur 

Boom beim Wandern und Radfahren: Wird es eng in den Mittelgebirgen?

Göttingen / St. Andreasberg - Klimawandel, Corona-Pandemie, Zeitgeist: Viele Menschen zieht es derzeit für Urlaube und Ausflüge in die Mittelgebirge. Neben Wanderern kommen auch vermehrt Mountainbikefahrer.

Wandern
Mountainbikefahren boomt. Immer mehr Radfahrer sind in den deutschen Mittelgebirgen unterwegs. Das führt mitunter zu Konflikten zwischen den Radfahrern, Wanderern, Naturschützern und Waldbesitzern. Welche Lösungsvorschläge gibt es? (c) proplanta
Das kann zu Konflikten führen, doch bisher haben Tourismusverbände und Waldbesitzer die Lage größtenteils im Griff, sagen Experten. Im Harz werden die meisten Wanderwege in den Wäldern von Radfahrern und Fußgängern gemeinsam genutzt.

Das führe hier und da zu Diskussionen, sagte die Geschäftsführerin des Harzer Tourismusverbandes, Carola Schmidt. «Es gibt auf beiden Seiten schwarze Schafe.» Das Problem begleite den Harz schon länger, es sei aber nicht groß. Damit es dabei bleibt, gebe es immer wieder Gesprächsrunden.

Teilweise würden Strecken auch nur für Mountainbiker oder Wanderer ausgewiesen, um die beiden Gruppen zu trennen. Aus gutem Grund: Streitigkeiten sind schlecht für das Geschäft - und beide Gruppen sind wichtig für den Tourismus. Nach dem Wandern ist das Radfahren die gefragteste Outdoor-Aktivität im Harz, sagte Schmidt. Vor allem durch Räder mit Elektromotoren habe die Nachfrage zugenommen. Auch in der Breite versuchen sich immer mehr Menschen im bergauf- und bergabfahren.

Anfänger und Geübte, junge und alte Menschen - mittlerweile seien nahezu alle Schichten der Gesellschaft vertreten, sagte Karsten Otto. Er betreibt auf dem Matthias-Schmidt-Berg in Sankt Andreasberg im Harz einen Downhill-Park. Gerade erst hat er die Anlage mit neuen Hindernissen ausgestattet, über die die Mountainbiker bei der Talabfahrt («Downhill») herübersausen können.

Am Wochenende startet die Saison in dem Park. Er bietet verschiedene Abfahrten, sogenannte Trails, mit einer Länge von insgesamt 13 Kilometern. Nur an wenigen Stellen würden Wanderwege gekreuzt, Probleme zwischen Fußgängern und Downhillern gebe es deshalb «in keinster Weise».

Spezielle Anlagen für Mountainbikefahrer seien der richtige Weg, um Besucherströme zu lenken, sagte der Geschäftsführer des Mountainbike-Tourismus-Forums Deutschland, Nico Graaf. Dabei dürfe aber nicht nur die bloße Vermeidung von Begegnungen zwischen Radfahrern und Wanderern im Mittelpunkt stehen.

«Lenkung funktioniert nur, wenn die Angebote gut sind», sagte er auf einem Symposium unter der Woche. Wichtig sei zudem eine entsprechende Beschilderung der Strecken: In welche Richtung wird gefahren oder wie schwer ist die Abfahrt? Sonst kämen sich auch Mountainbikefahrer untereinander in die Quere.

Viele Waldbesucher wissen auch nicht, wo sie entlangfahren oder -gehen dürfen, wie Thomas Froitzheim bei dem Fachgespräch sagte. Er ist Gründer eines Branchendienstes für Outdoornavigation. Neben fehlenden Schildern liege das teilweise auch daran, dass verbotene Gebiete in entsprechenden Fahrradapps für das Smartphone nicht dargestellt würden.

Beim Nationalpark Harz, der für einen Teil der Waldflächen in dem Mittelgebirge verantwortlich ist, kennt man das Thema: «Wir befinden uns im regelmäßigen Austausch mit den verschiedenen App-Entwicklern», erklärte Henning Möller vom Nationalpark Harz. Gleichzeitig gehe der Nationalpark gegen Menschen vor, die illegale Trails im Wald anlegen.

«So etwas können wir nicht dulden. Der Naturschutz steht dem entgegen», sagte Möller. Ähnlich sieht das der Waldbesitzerverband Niedersachsen. So schlug Verbandspräsident Norbert Leben im Vorjahr beispielsweise die Schaffung von Rangerstellen vor, die illegale Trailbauten in den Wäldern ahnden sollen. Im Bundeswaldgesetz ist geregelt, dass Fahrradfahren im Wald nur auf Straßen und Wegen erlaubt ist.

Der Naturschutzbund Nabu betont, dass sich Mountainbiker an ausgewiesene Trails halten sollten, auch um die Pflanzen- und Tierwelt nicht zu stören. Der Umweltverband BUND betonte, dass sich die meisten Radfahrer in den niedersächsischen Mittelgebirgen im Harz und Solling daran halten würden. Auch die Naturschützer halten deshalb Mountainbike-Parks und ausgewiesene Trails für den richtigen Weg, um Waldbesucher zu lenken. Die Strecken sollten mit Förstern, Waldeigentümern und Naturschützern abgestimmt werden.

Diesen Ansatz verfolgt auch der Verein Trailnetz Solling. Die Initiative setzt sich für ein Streckennetz für Mountainbiker bei Holzminden ein. Geplant sind fünf Trails mit bis zu 15 Kilometern Länge. Bereits bei der Planung soll die Lenkung der Mountainbiker mitgedacht werden «und so mögliche Konflikte im Keim ersticken», sagte der Vereinsvorsitzende Walter Gieffers. Bisher vorhandene Schotterstrecken, sogenannte Waldautobahnen, würden nicht mehr den Ansprüchen der Radfahrer genügen. Das könne dazu führen, dass Mountainbiker illegale Strecken anlegen.
dpa/lni
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