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04.02.2019 | 15:22 | Lohnuntergrenze 

Was die Erhöhung des Mindestlohns 2019 für Landwirte bedeutet

Stuttgart - Seit dem 1. Januar 2019 ist es soweit: die Lohnuntergrenze beträgt jetzt 9,19 Euro die Stunde. Damit hat sich das Bruttoentgelt für Arbeitnehmer um vier Prozent erhöht.

Mindestlohn Landwirtschaft
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(c) Bartolomiej Pietrzyk/shutterstock
Im nächsten Jahr soll es sogar ein zweites Mal steigen und zwar auf 9,35 Euro. So hat es die Mindestlohnkommission im Juni 2018 beschlossen. Doch welche Auswirkungen hat die Lohnerhöhung auf die Agrarbranche und insbesondere für die Landwirte?

Der Bayerische Bauernverband zeigt sich besorgt

Bereits kurz nach der Bekanntmachung, dass der Mindestlohn 2019 und 2020 in zwei Stufen angehoben werden soll, äußerte der Bayerische Bauernverband (BBV) Bedenken an der Empfehlung der Kommission. Er befürchtet schwerwiegende Wettbewerbsnachteile und eine daraus resultierende Existenzgefahr für die Landwirte. Denn die Erzeugerpreise in der Agrarwirtschaft gerieten in den letzten Jahren zunehmend ins Stocken. Ganz im Gegensatz zu anderen Wirtschaftsbranchen, die von einem beträchtlichen Gewinnzuwachs profitierten. Kein Wunder, dass Walter Heidl, der Präsident des BBV, vor allem für Sonderkulturbetriebe einen extremen Verlust der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber ausländischen Anbietern prophezeit.

Mehr Lohnkosten für Landwirte

Des Weiteren wird eine Kostenexplosion auf vielen Bauernhöfen erwartet. Besonders dann, falls der Mindestlohn in naher Zukunft tatsächlich auf zwölf Euro pro Stunde steigen sollte, wie jüngst von Bundesfinanzminister Scholz gefordert. In diesem Fall müssten die Preise für heimische Agrarzeugnisse unweigerlich teurer und auf die Verbraucher umgelegt werden. Diese Maßnahme würde jedoch wahrscheinlich das Risiko begünstigen, dass regionale Obst- und Gemüsebauern von der Konkurrenz aus dem EU-Ausland am Markt verdrängt würden.

Abgesehen davon ist mit der Erhöhung des Mindestlohns auch eine enorme bürokratische Lawine ins Rollen gekommen, die den Landwirten einiges an zeitlichem und finanziellem Aufwand abverlangt. Aufzeichnungs- und Nachweispflichten sind in immer größerem Ausmaß erforderlich, damit sie die gesetzlichen Kontrollen einhalten können. Dazu gehören beispielsweise Zeugnisse zu den verwendeten Düngemitteln, Dokumente von Tierarzneien oder Belege über bestellte Futtermittel. Um die monatlichen Stunden der Büroarbeit ein wenig einzugrenzen, kann ein spezielles Rechnungsprogramm wie das System von Lexware Bauern im täglichen Papierchaos unterstützen.

Positive Auswirkungen für Saisonarbeiter

Saisonkräfte können sich 2019 freuen: die probeweise eingeführte 70-Tage-Regelung für die Dauer der kurzfristigen Beschäftigung wurde Ende November letzten Jahres auf unbestimmte Zeit verlängert. Damit erhalten Landwirtschaftsbetriebe wieder mehr Chancen, den Bedarf an saisonalen Arbeitern zu decken und gerade für die ausländischen unter ihnen weiterhin attraktiv zu bleiben.

Ursprünglich handelte es sich lediglich um 50 Tage sozialversicherungsfreie Tätigkeiten pro Jahr, die 2015 ausgeweitet wurden, um auf die Einführung des Mindestlohns zu reagieren. Die jetzige entfristete Lösung dient als Teil des Qualifizierungschancengesetztes dazu, mehr Schutz in der Arbeitslosenversicherung zu gewährleisten.

Forderungen der Agrarwirtschaft an die Bundesregierung

Angesichts des komplizierten bürokratischen Prozederes verlangt der Bayerische Bauernverband zur Entlastung der Landwirte einen Bürokratieabbau. Außerdem sollen die Aufzeichnungspflichten auf ein „vernünftiges“ Maß reduziert werden. Um die Belastungen der Lohnsteigerung wieder auszugleichen, ist es laut Heidl zudem erforderlich, alle geldwerten Gegenleistungen in der Auszahlung des Mindestlohns mit zu berücksichtigen.

Trotz Mindestlohn armutsgefährdet?

Übrigens leben auch nach der Erhöhung des Mindestlohns viele Menschen in Deutschland weiterhin an der Armutsgrenze. Als gefährdet gelten laut den Richtlinien der Europäischen Union alle, die über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens im jeweiligen Land verfügen. Was die Distanz der Lohnuntergrenze zur Armutsschwelle betrifft, schneidet Deutschland im Vergleich mit anderen EU-Staaten verhältnismäßig schlecht ab. Die Begründung liegt unter anderem in den relativ hohen Sozialabgaben, die vom Bruttolohn abgezogen werden. Daran lässt sich erkennen, wie unterschiedlich die europäischen Länder den Unterstützungsbedarf der Empfänger beurteilen.
Pd
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