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13.06.2010 | 15:15 | Lebensretter und Medizin-Motor 

Blut - kostbares Gut

Köln - Jeder hat fünf bis sieben Liter. Aber nicht alle geben etwas davon ab.

Blut
Blut rettet Leben, jeden Tag. Drei Prozent der Menschen in Deutschland spenden. Die moderne Medizin funktioniert nur mit einem soliden Vorrat an Blutkonserven.

Ungeborene im Mutterleib, Soldaten im Krieg, Krebskranke oder Unfallopfer haben eins gemeinsam: Im Ernstfall sind sie auf fremdes Blut angewiesen, um ihr Leben zu retten. Fünf Millionen Blutkonserven werden in Deutschland pro Jahr verabreicht. Der Bedarf ist enorm. Es kommt aber immer wieder zu Engpässen, wie das Deutsche Rote Kreuz (DRK) und Kliniken zum «Weltblutspendertag» an diesem Montag betonen.

Dass die Medizin zu Bluttransfusionen in der Lage ist, verdankt sie Karl Landsteiner (1868-1943). Der österreichische Wissenschaftler entdeckte vor mehr als 100 Jahren die Blutgruppen und bekam dafür 1930 den Nobelpreis für Medizin. Landsteiners Geburtstag, der 14. Juni, wird seit 2004 als Weltblutspendertag gefeiert.

«Eine moderne Medizin ohne Blutspenden ist praktisch nicht möglich», betont Prof. Birgit Gathof, Leiterin der Blutbank an der Kölner Universitätsklinik. «Größere Herz-Operationen, Tumor- oder Chemotherapien sind ohne Fremdblut undenkbar.» Etwa 30 Prozent der Vollblutspenden gehen in die Krebstherapie, auch bei Unfällen ist der Bedarf besonders hoch. Bei Geburten können Frauen literweise Blut verlieren, auch sie brauchen fremdes Blut.

Sogar Ungeborene profitieren schon: «Im Leverkusener Klinikum hat ein Mädchen im Mutterleib 17 Mal lebensrettende Blutplättchen erhalten. Ohne die Spenden wäre es zu einer Totgeburt gekommen oder zu schwersten Behinderungen», sagt Friedrich-Ernst Düppe, Sprecher der DRK-Blutspendedienste. 75 Prozent der Spender werden beim DRK zur Ader gelassen, 20 Prozent suchen dazu die Kliniken auf, der kleine Rest geht zu anderen Spendediensten.

Ohne Landsteiner wäre das alles wohl nicht möglich. Vor seiner Entdeckung der Blutgruppen 1901 - es gibt A, B, AB und 0 - war unklar, warum Transfusionen mal gelangen, mal nicht. Landsteiner erkannte: Eine Vermischung von unterschiedlichen Blutgruppen kann das Blut verklumpen lassen, das führt zum Tod. Sein wissenschaftlicher Durchbruch rettete auch ungezählt viele Soldatenleben. Vorher waren viele bei chirurgischen Eingriffen verblutet. Mit Blick auf den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan prüft die Expertin Gathof heute zusammen mit US-Stellen, wie an Ort und Stelle gespendetes Blut von Soldaten noch sicherer für die verwundeten Kameraden wird - auch wenn die nötigen Einrichtungen für umfangreiche Infektionstests nicht da sind.

Daheim läuft das Verfahren so: Aus Fingerkuppe oder Ohrläppchen wird ein Blutstropfen entnommen. Es wird untersucht, ob der Spender genug Blutfarbstoff hat und einen halben Liter Blutabnahme körperlich gut verkraftet. Dann werden eine Probe und die Blutspende entnommen. Die Probe wird auf Krankheitserreger wie das Aidsvirus HIV, Hepatitis-Viren oder Syphilis-Bakterien getestet, erklärt Düppe. Das Vollblut wird in Blutplättchen, Blutplasma und rote Zellen getrennt, eingelagert und erst freigegeben, wenn die Probe sich nach einigen Stunden als einwandfrei erweist. Dann liefert das DRK an Kliniken, Arztpraxen, mit Blaulicht auch direkt zu Unfallopfern.

Das Thema HIV-Infektion und die Verunsicherung bei den Spendern hatten laut DRK Ende der 80er und Mitte der 90er Jahre vorübergehend einen «Aids-Knick» verursacht. Die Aufregung hat sich gelegt, seit gut zehn Jahren sind die Zahlen recht konstant, sagt Düppe. «Im Vergleich zu anderen Risiken in der Medizin ist das HIV- Infektionsrisiko bei einer Bluttransfusion verschwindend gering». Prof. Gathof ergänzt: «Das Risiko liegt bei unter eins zu fünf Millionen.»

Nach strenger juristischer Definition ist eine Blutentnahme Körperverletzung. Minderjährige dürfen deshalb auch selbst bei Eltern-Einwilligung nicht spenden. Männer können sechsmal im Jahr Blut abgeben, Frauen - wegen regelmäßigen Blutverlusts durch die Menstruation - nur viermal. «Wir haben knapp drei Prozent der Bevölkerung als Spender, aber wir bräuchten fünf Prozent», sagt der DRK-Experte. Vor allem zu Ferienzeiten gehen die Vorräte öfter zur Neige, in einigen Fällen müssen Operationen verschoben werden.

Seit 1981 ist weltweit festgelegt, das die Spenden freiwillig und unentgeltlich sein sollen, manchmal werden in den kliniknahen Einrichtungen Aufwandsentschädigungen von 25 Euro gezahlt. «Viele Spender wollen aber gar nichts, wenn sie zum Beispiel wissen, dass sie ihr Blut direkt zugunsten der Kinderkrebshilfe abgeben», erzählt Gathof. Ähnlich motiviert kommt Wolfgang (47) regelmäßig zum DRK: «Ich tue sonst nicht viel Gutes. Bei der Blutspende weiß ich: Das hilft.» (dpa)
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