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24.04.2023 | 13:11 | Regionaler Wohlfahrtsindex 

Neuer Wohlfahrtsindex misst Lebensqualität in Hessen

Wiesbaden - Mit einem neuen «Regionalen Wohlfahrtsindex» für Hessen soll die Lebensqualität im Land umfassender in den Blick genommen werden.

Lebensqualität
Lässt es sich in Hessen gut leben? Zu dieser Frage hat die Landesregierung eine Studie in Auftrag gegeben. Die Forscher sollten dafür mehr Parameter in den Blick nehmen als nur die Wirtschaftskraft. (c) proplanta
Das Bruttoinlandsprodukt sei zwar eine wichtige Kennziffer für den Wohlstand, sagte Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) am Montag. Zu einem guten Leben gehörten neben der wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes aber beispielsweise auch die Bedingungen bei der Bildung, im Umweltschutz und der Digitalisierung.

Der neue Regionale Wohlfahrtsindex (RWI) zeige, dass sich die Lebensqualität in Hessen in den vergangenen zehn Jahren besser entwickelt habe als im Rest Deutschlands, sagte Al-Wazir. Dies liege unter anderem daran, dass die Ungleichheit beim Wohlstand in diesem Zeitraum in Hessen nicht mehr größer geworden sei. «Sie ist aber auch nicht gesunken», sagte der Minister. Daher sei es weiter eine wichtige Aufgabe, die soziale Gerechtigkeit zu stärken.

Der «Regionale Wohlfahrtsindex» berücksichtigt laut Wirtschaftsministerium 21 Komponenten, die die Wohlfahrt steigern oder mindern. Dazu gehören positiv etwa Investitionen in Bildung, ehrenamtliche Arbeit und Erhaltung der Natur sowie negativ beispielsweise Treibhausgasemissionen, Lärm und Verkehrsunfälle. Al-Wazir betonte: «Wenn wir heute in den Ausbau der Erneuerbaren Energien, in gerechtere Löhne oder in eine Verkehrswende investieren, die den Straßenverkehr sicherer und die Luft sauberer macht, sparen wir in der Zukunft hohe Kosten ein.»

Die RWI-Untersuchung stammt vom Institut für interdisziplinäre Forschung der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft in Heidelberg. Laut einer der beteiligten Wissenschaftlerinnen, Dorothee Rodenhäuser, hat der neue Index auch seine Beschränkungen.

So werde etwa die subjektive Lebenszufriedenheit oder die Qualität von Sozialkontakten nicht erfasst. Zudem werde unterstellt, dass sich verschiedene Wohlfahrtsaspekte untereinander aufrechnen ließen. Mit der Studie wurde eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag der schwarz-grünen Landesregierung umgesetzt. «Wenn wir wissen, wie es um die Wohlfahrt insgesamt bestellt ist, können wir an den richtigen Stellschrauben drehen», erklärte Al-Wazir.

Aus der Landtagsopposition gab es Kritik. Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Tobias Eckert, nannte den Index «methodisch höchst fragwürdig». Die Ergebnisse seien mit denen aus anderen Bundesländern sowie aus dem Bund nicht vergleichbar. Der wirtschaftspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Andreas Lichert, nannte den RWI ein «in Auftrag gegebenes Selbstlob von Schwarz-Grün». Dies habe «das Geschmäckle eines mit Steuerzahlergeld finanzierten Wahlkampfpapiers».

Auch nach Einschätzung des DGB Hessen-Thüringen ist der RWI «kaum geeignet, die soziale Entwicklung in Hessen angemessen zu erfassen». Der hessische Gewerkschaftsvorsitzende Michael Rudolph verwies auf den Landessozialbericht. Dieser mache deutlich, dass die Armutsquote in Hessen dramatisch gestiegen sei, und dass sich Einkommen und Vermögen zunehmend ungleich verteilten.

Bundesweit wird für Deutschland bereits seit 2009 der «Nationale Wohlfahrtsindex» (NWI) erstellt. Die jüngste Veröffentlichung hatte gezeigt, dass der Lebensstandard 2021 bundesweit wegen der Flutkatastrophe an Ahr und Erft im Vergleich zum Vorjahr gesunken war. Nach Angaben der Autoren der Studie unterscheidet sich damit die Entwicklung des NWI von der des Bruttoinlandsproduktes (BIP), das 2021 gestiegen war.

Hauptgrund für diesen Unterschied sei, dass die Kosten der Flutkatastrophe im BIP nicht sichtbar würden, schreiben die Forscher. Sie könnten sich sogar positiv auswirken, wenn der Wiederaufbau die Produktionsausfälle übersteigt. Die Autoren nannten dies eine der «Schwachstellen» des BIP als Instrument zur Schätzung der Wohlfahrt.
dpa/lhe
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