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18.08.2008 | 15:35 | Biologische Bekämpfung 

Regulierung der Kirschfruchtfliege durch den Pilz Beauveria bassiana

Die Kirschfruchtfliege oder Kirschenfliege ist einer der wichtigsten Schädlinge in der Kirschenproduktion. Besonders im Bio-Anbau ist die Bekämpfung schwierig.

Kirschfruchtfliege durch Pilz Beauveria bassiana bekämpfen
(c) proplanta
Im Rahmen einer Doktorarbeit wurden am Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) in Frick (Schweiz) neue Maßnahmen zur Bekämpfung der Kirschfruchtfliege entwickelt: insbesondere der insektenpathogene Pilz Beauveria bassiana zeigte eine gute Wirkung.

Kirschfruchtfliegen kommen praktisch in ganz Europa vor und befallen vor allem spät reifende Süßkirschen. Während beim Baum im Hausgarten ein gewisser Befall häufig als unvermeidbar hingenommen wird, ist die Toleranz der Verbraucherinnen und Verbraucher beim Einkauf im Supermarkt sehr gering: Schon ein Befall von unter zwei Prozent macht die gesamte Ernte unverkäuflich.


Leimfallen in der Praxis sehr aufwändig

Alte „Hausmittel“ wie das vollständige Abernten der Kirschen und die Einrichtung von Hühner- oder Schafweiden unter den Bäumen reichen nicht aus, um den Befall unter die Zwei-Prozent-Schwelle zu drücken. Die übliche Regulierungsstrategie im professionellen Bio-Anbau ist der Einsatz gelber Leimfallen. Diese Methode wirkt recht gut – sofern man genügend Fallen aufhängt. Die Montage der Fallen vor allem im oberen Teil der Kronen von Hochstammbäumen ist jedoch sehr arbeitsaufwändig. Häufig werden daher zu wenige Fallen eingesetzt. Darin und in der hohen Fruchtbarkeit der Kirschfruchtfliegen liegen die Hauptprobleme. Um den Zyklus der Kirschfruchtfliege zu durchbrechen, sind effiziente Regulierungsmöglichkeiten gefragt.

In Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München haben Claudia Daniel und ihre Kolleginnen und Kollegen vom Schweizer Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) über mehrere Jahre verschiedene Ansätze für eine effiziente Bekämpfung der Kirschfruchtfliege geprüft: z.B. die Verwendung natürlicher Giftstoffe, den Schutz der Kulturen mit engmaschigen Netzen oder die Freilassung von Parasiten. Als aussichtsreichste Strategie erwies sich der Einsatz von Pilzen, die die Fliegen schädigen.


Besonders effektiv: der Pilz Beauveria bassiana

Als Gegenspieler von Insekten sind entomopathogene (= Insekten befallende) Pilze bekannt. Über pilzliche Krankheitserreger der Kirschfruchtfliege gab es bisher jedoch nur wenige Informationen. Daher sollten verschiedene einheimische Pilzstämme auf ihr Potenzial, die Fliegen zu schädigen, geprüft werden. Dabei konnte das FiBL-Team von den umfangreichen Feldsammlungen entomopathogener Pilze der Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon (ART) profitieren, die für die Versuche vier Pilzstämme zur Verfügung stellte. Neben diesen wurden auch zwei kommerzielle Pflanzenschutzmittel auf Pilzbasis einbezogen.
 
Als besonders effektiv erwies sich der Pilz Beauveria bassiana, der auch in geringen Konzentrationen eine gute Wirkung zeigte. Dieser Pilz ist bereits in dem kommerziellen, in der Schweiz für den Bio-Anbau zugelassenen, Produkt „Naturalis-L“ erhältlich. Um die Zulassung auf die Kirschfruchtfliege zu erweitern, war ein Nachweis der Wirksamkeit unter Feldbedingungen nötig. 2006 wurden erste Versuche durchgeführt, bei denen Naturalis-L ähnlich einem herkömmlichen Pflanzenschutzmittel auf den Baum gespritzt wurde. Die Behandlungen vermochten den Befall mit Maden um 70 Prozent zu senken und im Freiland konnten vom Pilz befallene Fliegen nachgewiesen werden.

Die Wiederholungsversuche im Jahr 2007 zeigten, dass mehrmalige Behandlungen bis eine Woche vor der Ernte notwendig sind, um einen hohen Wirkungsgrad zu erreichen. Auch die Bodenbehandlung zur Infektion von schlüpfenden Fliegen erwies sich in ersten Versuchen im Jahr 2007 als wirksam. Besonders für große Hochstammkirschbäume, die mit normaler Applikationstechnik nur schwer zu behandeln sind, könnte diese Methode eine Alternative zur Spritzung darstellen. Diese Versuche sollen aber noch in weiteren Jahren und an weiteren Standorten wiederholt werden, um den Einfluss von Witterungsverlauf und Bodentyp genauer untersuchen zu können.


Zulassung in Deutschland?

Das Produkt Naturalis-L ist in der Schweiz seit Juni 2008 auch für die Bekämpfung der Kirschfruchtfliege zugelassen und darf dort seitdem auf Bio-Betrieben eingesetzt werden. In Deutschland gehört der Pilz B. bassiana zu den Stoffen und Zubereitungen, die nach § 6a Abs. 4 Nr. 3 des Pflanzenschutzgesetzes (PflSchG) zur Herstellung im eigenen Betrieb eingesetzt werden dürfen. Für B. bassiana ist eine Anwendung im Forst gegen Borkenkäfer zulässig. Im Rahmen einer zeitlich befristeten Zulassung durfte das Produkt „Naturalis-L“ in Deutschland im Frühjahr 2008 gegen den Drahtwurm eingesetzt werden.

Eine Zulassung von B. bassiana-Produkten für andere Indikationen liegt in Deutschland zurzeit nicht vor. Das Kompetenzzentrum Obstbau - Bodensee in Bavendorf (KOB) und die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg (LVWO) haben in diesem Jahr (2008) Ringversuche zur Befallsminderung der Kirschfruchtfliege durch Naturalis im ökologischen Obstbau durchgeführt. Sofern diese Versuche ebenfalls positive Ergebnisse zeigen, will die Firma Intrachem Bio Deutschland GmbH & Co. KG nach Angaben des Firmensprechers Uwe Quentin beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) eine Genehmigung nach § 11 PflSchG („Gefahr in Verzug“) für das Jahr 2009 beantragen. Diese Genehmigung gälte dann zunächst für 120 Tage, so dass über den kritischen Zeitraum im ökologischen Obstbau diese Maßnahme zur Verfügung stehen würde. (oekolandbau.de)
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