Viele Teilnehmer einer DBU-Veranstaltung sprachen sich für eine Neuauflage der SUR aus. (c) proplanta
Dies war die einhellige Meinung bei einer Veranstaltung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) zum Thema „Spagat Pflanzenschutz: Wie die Sicherung von Nahrung und Natur gelingt“, die Montag (18.3.) in Brüssel stattfand.
Im Hinblick auf die gescheiterten Pläne des Verordnungsvorschlags zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) stellte der Direktor in der Generaldirektion Gesundheit (DG SANTE), Dr. Klaus Berend, klar, dass das Thema definitiv nicht vom Tisch sei. In welcher Form es neue Vorschläge geben werde, werde allerdings erst von der neuen EU-Kommission entschieden werden.
Die SPD-Europaabgeordnete Maria Noichl kritisierte vor allem die Abkehr der EVP von wichtigen Dossiers zum Umweltschutz, wie beispielsweise der SUR. Den Krieg in der Ukraine als Grund hierfür anzuführen, hält Noichl für vorgeschoben. Aus Sicht der Agrarpolitikerin ändert dieser nichts an den Herausforderungen beim Umwelt-, Klima-, und Artenschutz. Noichl, die auch Präsidentin des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege (DVL) ist, konstatierte, dass Landwirte endlich hinreichend für Leistungen im Umweltschutz entlohnt werden müssten.
Ein reiner Ausgleich der Kosten sei unzureichend. Konkret sprach sie sich dafür aus, den Landwirten Umweltprojekte als „Menükarte“ anzubieten. Dann sei es die freie unternehmerische Entscheidung des jeweiligen Bauern, sich für entsprechende Maßnahmen zu entscheiden.
Zu viele Brunnen belastet
Der Umweltwissenschaftler an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau, Prof. Ralf Schulz, warnte abgesichts der vorerst gescheiterten SUR davor, die Umweltprobleme in der Landwirtschaft zu lange zu ignorieren. Ansonsten könnte es mit der Umweltkrise schnell so weit kommen, wie kürzlich mit der Energiekrise. Die Folgen wären auch für die Landwirtschaft sehr viel drastischer, als die Vorschläge zur SUR es gewesen wären, so Schulz.
Hinsichtlich der zunächst von der EU-Kommission vorgeschlagenen Totalverbote in sensiblen Gebieten hätten simple Kompromisse die Konflikte lösen können, zeigte sich der Wissenschaftler überzeugt. Dafür brauche es aber einen gemeinsamen politschen Willen. Laut Schulz sind aktuell EU-weit in 50% aller Trinkwasserbrunnen die Wirkstoffkonzentrationen aus chemischen Pflanzenschutzmitteln zu hoch. In Deutschland würden sogar rund 80% der Brunnen die zugelassenen Grenzwerte überschreiten.
Bauern brauchen Planungssicherheit
Die Leiterin des Internationalen Pflanzenbauzentrums der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), Siv Biada, verlangte derweil mehr Planungssicherheit für die Bäuerinnen und Bauern. „Ob Quotenregelungen oder Steuermodelle: Es muss auf jeden Fall berücksichtigt werden, dass es in Europa einheitliche Handhabungen gibt, die Flexibilität und Planungssicherheit garantieren und einen fairen Wettbewerb gewährleisten.“
Trotz derzeit gescheiterter SUR ist für Biada jedoch klar, dass das Thema weiter auf der Agenda bleiben wird. DBU-Abteilungsleiter Dr. Maximilian Hempel wies darauf hin, dass es noch viel Forschungsbedarf zur Anwendung von praxisnahen Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz gebe. Auch Hempel sieht das Problem, dass es in vielen Trinkwasserbrunnen nach wie vor zu hohe Wirkstoffkonzentrationen aus Pflanzenschutzmitteln gibt. Zudem müssten die Folgen des zunehmenden Insektensterbens stärker einbezogen werden.