Rechtzeitig vor Ablauf der Einspruchsfrist am Mittwoch überreichten etwa 400 Demonstranten beim Europäischen Patentamt (EPA) einen Sammeleinspruch gegen das Patent EP 1651777, das mittels einer Genanalyse die Zucht von Schweinen mit besserem Fleisch ermöglichen soll. Auch das Land Hessen, der Deutsche
Bauernverband und der Deutsche Tierschutzbund legten Mitteilungen zufolge Einspruch ein. Bayern will sich für ein generelles Verbot von Patenten auf Tiere und Pflanzen einsetzen.
«Das Recht auf Leben steht der Schöpfung zu und nicht den Forschungsabteilungen einzelner Konzerne», sagte der bayerische Umweltminister Markus Söder (CSU) bei einer Kundgebung auf dem Münchner Marienplatz. Bayern werde sich deshalb einer hessischen Bundesratsinitiative anschließen. Bauern, Umweltschützer, Vertreter von Kirchen und Entwicklungshilfeorganisationen forderten ein gesetzliches Verbot von Patenten auf Leben und eine Verschärfung der EU-Biopatentrichtlinie. «Rettet unsere Saaten vor den Patentpiraten» und «Nein zu Patenten auf Pflanzen und Tiere», hieß es auf Transparenten.
Die Demonstranten in München protestierten mit Traktoren, Kuhglocken und einer Herde Schweine. Dem Sammeleinspruch gegen das Patent haben sich mehr als 50 Verbände und gut 5.000 Bürger angeschlossen. Ursprünglich hatte der US-Konzern
Monsanto 2005 das Schweinezucht-Patent angemeldet, inzwischen ging es auf das US- Unternehmen Newsham Choice Genetics über.
Die entscheidende Genvariante tragen viele Schweine in sich. Die Kritiker warnen, dass nun alle von diesen Tieren unter das Patent fallen könnten. Christoph Then von
Greenpeace kritisierte, Patente auf an sich seit Jahrhunderten genutzte Zuchtverfahren brächten Bauern in Abhängigkeit von Großkonzernen. «Es ist absurd, Lebensprozesse zu patentieren, weil sie nichts mit menschlicher Erfindung zu tun haben», sagte Huber Weiger, Vorsitzender des Bundes Naturschutz in Bayern. Auch der Bundesverband Deutscher
Milchviehhalter (BDM), die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und Misereor nahmen an dem Protest teil.
Zusatzinformation:
Das europäische Patent EP 1651777 schützt ein Verfahren zur Zucht besonders geeigneter Mastschweine für die Fleischproduktion. Dabei geht es um die Auswahl von Schweinen mit einer bestimmten, natürlich vorkommenden Genvariante - also nicht um die gentechnische Veränderung der Tiere.
Mit dem geschützten Verfahren werden Schweine ausgewählt, bei denen an einer bestimmten Stelle im Genom ein Erbgutbaustein natürlicherweise verändert ist. Diese Veränderung liegt in einem Gen, das die Bauanleitung für den Rezeptor des Hunger-Hormons Leptin enthält. Schweine, die natürlicherweise diese Genvariante besitzen, haben demnach eine bessere Fleischqualität.
Kritiker befürchten, dass mit dem Patent auch ein Schutzanspruch auf Tiere entstehen könnte, die bereits im Stall stehen. Dazu müsste der Patentinhaber nach Angaben des Europäischen Patentamts (EPA) jedoch lückenlos nachweisen, dass sein Verfahren zur Zucht der betreffenden Tiere benutzt worden ist.
Oft schützen Verfahrenspatente auch die mit diesem Verfahren hergestellten Produkte. Dabei kommt es laut EPA jedoch darauf an, ob es sich um ein reines Arbeitsverfahren oder ein komplettes Herstellungsverfahren handelt. Diese Entscheidung liegt nach Auskunft eines EPA-Sprechers außerhalb der Entscheidungskompetenz des Amts. Darüber müssten in jedem Land einzeln die Gerichte entscheiden.