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16.05.2011 | 10:35 | Solarbranche 

Neue Krise in der Solarbranche: Harte Marktbereinigung

Frankfurt/Main - Ein heftiges Gewitter braut sich über der Solarbranche zusammen.

Solaranlage
(c) danielschoenen - fotolia.com
Trotz der Diskussionen über eine Beschleunigung der Energiewende nach der Atomkatastrophe in Japan ist die noch junge Industrie wieder in die Krise gerutscht. Zahlreiche deutsche Unternehmen mussten im ersten Quartal zum Teil hohe Verluste verbuchen. Ein neuerlicher Preisverfall - ausgelöst von einer schwachen Nachfrage und der zunehmenden Konkurrenz vor allem aus Asien - macht ihnen schwer zu schaffen.

Und eine Besserung ist kaum in Sicht. Die Branche droht kräftig durchgeschüttelt zu werden. Nur wer schon außerhalb von Europa Tritt gefasst hat, hat gute Chancen.

«Konsolidierung ist ein Thema», sagt etwa Q-Cells-Vorstandschef Nedim Cen. Welche Rolle sein Unternehmen dabei spielen wird, lässt er offen. Aber unter Branchenexperten gilt Q-Cells als Übernahmekandidat. «Finanziell zu schwach» lautet das Urteil. Das Jahr 2010, als sich die Sachsen-Anhalter nach einem harten Konzernumbau wieder in die schwarzen Zahlen kämpften, könnte sich nun als kurzes Zwischenhoch erweisen. In diesem Jahr hält Q-Cells einen Gewinn kaum noch für möglich.

Das einstige Vorzeigeunternehmen steht stellvertretend für die Entwicklung der Branche: Nach der Gründung 1999 ging es dank der üppigen Solarförderung steil nach oben. Nach dem Börsengang 2005 schrieb Q-Cells bald dreistellige Millionengewinne und wurde sogar als erster ostdeutscher Kandidat für den Dax gehandelt. Doch dann kam der Absturz, 2009 schrieb Q-Cells einen Milliardenverlust. Das Geschäft veränderte sich völlig. Auf einmal brach die Nachfrage ein.

Zeitgleich drängten Hersteller aus China mit Macht auf den Markt und zogen an den deutschen Solarpionieren vorbei. Inzwischen kommen rund 80 Prozent der in Deutschland monierten Solaranlagen aus dem Ausland.

Q-Cells durchlief einen schmerzhaften Umbauprozess, bei dem das Geschäft auf den Kopf gestellt wurde. Neben 500 Mitarbeitern am Stammsitz Bitterfeld-Wolfen musste das gesamte Top-Management gehen. Auch andere Unternehmen positionierten sich neu, mehr in Richtung Endkundengeschäft, wo sich höhere Margen erzielen lassen. Das zahlte sich im vergangenen Jahr aus: Die Branche berappelte sich. Das lag aber auch daran, dass die Nachfrage nach Solaranlagen dank neuer Fördermöglichkeiten in Italien und noch üppigen Einspeisevergütungen in Deutschland wuchs.

Doch inzwischen haben viele ein Déjà-vu: Viele wichtige Abnehmerländer wie etwa Frankreich, Großbritannien und Tschechien senkten die Förderung drastisch und brachten ihre Märkte damit praktisch zum Erliegen. Auch in Italien - 2010 nach Deutschland der zweitwichtigste Markt - ging wegen unklarer Förderung lange praktisch nichts mehr. Und in Deutschland halten sich die Hausbesitzer mit dem Kauf neuer Solaranlagen nach der turnusmäßigen Förderkürzung Anfang Januar zurück und hoffen auf weitere Preisrückgänge. Rund 30 Prozent dürften Module nun weniger kosten als vor einem Jahr, sagen Branchenexperten.

«Die Erholung und Belebung der Märkte kommt nicht so früh wie erwartet», stellt der Finanzvorstand der Hamburger Conergy AG, Sebastian Biedenkopf, fest. Das gefährdet seine Prognose und macht die Rettung des seit fast vier Jahren ums Überleben kämpfenden Unternehmens wieder schwieriger. Ähnlich sieht die Entwicklung bei der Berliner Solon aus. Das Unternehmen stand schon im vergangenen Jahr vor dem Aus und konnte nur dank Bürgschaften der Länder Berlin und Mecklenburg-Vorpommern überleben.

«Wer von den kleinen Unternehmen keine Nische besetzt, für den wird es schwer», sagt der Solarexperte der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft, Wolfgang Hummel. «Ihnen fehlen einfach die Größeneffekte, die die asiatischen Hersteller haben.» Weiterer Vorteil für die chinesischen Unternehmen ist, dass sie dank billiger Kredite der Staatsbanken praktisch unbegrenzt über Geld verfügen.

Und so können sie mit Kampfpreisen die Konkurrenz immer weiter unter Druck setzen. Finanzkräftige Partner werden also dringend benötigt.
So lässt sich etwa das US-Unternehmen Sunpower derzeit vom französischen Ölkonzern Total übernehmen.

Wie man sich auch gegen harte Konkurrenz verteidigt, macht Solarworld vor. Die Gesellschaft hat ihre Auslandsexpansion früh vorangebracht und in den USA zwei Werke gebaut. So kann sie ohne Wechselkurseinflüsse wirtschaften. Außerdem haben es die Bonner geschafft, zur Marke zu werden und schreiben dicke Gewinne. Doch auch Solarworld muss sich anstrengen, profitabel zu arbeiten: «Wir sind in der Branche in einem Stadium angekommen, wo wir keinen Zaubereffekt mehr sehen. Wachstum kommt jetzt aus technischem Fortschritt verbunden mit großen Mengen», sagt Vorstandschef Frank Absbeck. (dpa)
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