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23.09.2009 | 15:47 | Verbraucherschutz 

Jahresbericht des LUA zur Lebensmittelüberwachung und zur Tierseuchenbekämpfung vorgestellt

Mainz - Die rheinland-pfälzische Verbraucherschutzministerin Margit Conrad und der Präsident des Landesuntersuchungsamtes (LUA), Dr. Stefan Bent, haben heute den aktuellen Jahresbericht des LUA zur Lebensmittelüberwachung und zur Tierseuchenbekämpfung vorgelegt.

Jahresbericht des LUA zur Lebensmittelüberwachung und zur Tierseuchenbekämpfung vorgestellt
Im Aufgabenspektrum Verbraucher- und Gesundheitsschutz hat das Landesuntersuchungsamt im Jahr 2008 20.884 Proben Lebensmittel, Bedarfsgegenstände, Arzneimittel und Kosmetika untersucht. Etwa jede siebte Probe wurde beanstandet. Allerdings: Nur ein Bruchteil davon hätte die Gesundheit tatsächlich akut schädigen können. Die meisten der insgesamt 28 als „gesundheitsschädlich“ beurteilten Proben waren Lebensmittel, es waren aber auch Kosmetika und Spielzeuge darunter.

Im Aufgabenspektrum Tiergesundheit hat das LUA insgesamt 258.074 Proben von landwirtschaftlichen Nutztieren, Wild- und Zootieren sowie Haustieren untersucht. Diese Untersuchungen dienen als Grundlage für tierseuchenrechtliche Maßnahmen und Risikobewertungen auf allen Ebenen der Veterinärverwaltung sowie für Management-Maßnahmen in den Betrieben. Während die Zahl der nachgewiesenen anzeigepflichtigen Tierseuchen anstieg, ging die Zahl der infizierten Tiere deutlich zurück - das Vorjahr hatte eine genau entgegen gesetzte Tendenz gezeigt.

Bei der Lebensmittelüberwachung wie bei der Kontrolle der Bedarfsgegenstände wird vom Landesuntersuchungsamt mit den örtlichen Veterinärbehörden und den für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Kreisen und Städten eine Doppelstrategie verfolgt: die Untersuchung nach festgelegtem risikoorientiertem Probenplan und kurzfristige Kontrollen aus aktuellem Anlass, zum Beispiel bei Auffälligkeiten oder nach Warnungen.

Die behördliche Überwachung ist ein wichtiger Baustein für Verbraucherschutz und –sicherheit, aber sie entlässt die Wirtschaft nicht aus ihrer Verantwortung. Jeder Anbieter, ob er nun Spielzeug oder Gemüse verkauft oder ein Lokal betreibt, muss gewährleisten, dass seine Waren sicher sind.

Bilanz: Trotz der Beanstandungen gibt es keinen Grund zur Besorgnis. Die Lebensmittel, die die Rheinland-Pfälzer kaufen können, sind grundsätzlich sicher. Zwar wurde jede siebte Probe beanstandet, aber nur ein Bruchteil davon hätte die Gesundheit akut schädigen können. Die Lebensmittelüberwachung ist auf einem hohen Niveau und in der Lage auf Anforderungen zeitnah zu reagieren. Die globalisierten Märkte und der Handel im Internet stellen neue Herausforderungen an die Sicherheit von Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen und an die Überwachungsbehörden.


Zu: Lebensmittel, Bedarfsgegenstände, Arzneimittel und Kosmetika

Werden Proben von Lebensmitteln, Bedarfsgegenständen, Arzneimitteln und Kosmetika wegen Mängeln oder Belastungen beanstandet, kann das sehr unterschiedliche Ursachen haben. 

Belastung durch natürlich in der Umwelt vorkommende Stoffe:
  • z.B. Uran in Trinkwasser. Uran kommt in verschiedenen Gesteinen und Böden in unterschiedlichen Konzentrationen vor und ist deshalb auch im Trinkwasser nachweisbar. Mehrere bundesweite Veröffentlichungen zu erhöhten Urangehalten im Trinkwasser hatten auch die Verbraucher im Land verunsichert. 2008 hat das LUA Trinkwasserproben von 148 Wasserversorgungsanlangen in Rheinland-Pfalz untersucht. Ergebnis: Der Leitwert der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 15 Mikrogramm pro Liter Trinkwasser wurde dabei nicht überschritten. Rheinland-Pfalz hat bei der Verbraucherschutzministerkonferenz einen Höchstwert für Trink- und Mineralwasser gefordert, der einheitlich festgelegt werden soll; als Orientierung sollte der Leitwert des Umweltbundesamtes von 10 Mikrogramm pro Liter dienen.
Eintrag von Schadstoffen über Futtermittel bei tierischen Lebensmitteln:
  • z.B. Dioxine in Schweinefleisch. Auch Dioxine kommen in der Umwelt vor. Im Gegensatz zu Uran sind Dioxine allerdings ein vom Menschen geschaffenes Problem aus den Hochzeiten der Chlorchemie. Das Schweinefleisch aus Irland, das 2008 Schlagzeilen gemacht hat, war mit Dioxinen belastet, weil das Tierfutter in einer Trocknungsanlage mit dioxinhaltigem Öl verunreinigt worden war. Als Vorsorgemaßnahme suchte die rheinland-pfälzische Lebensmittelüberwachung in einer Sonderaktion nach möglicherweise belastetem Schweinefleisch aus Irland. Auch dank des schnellen europaweiten Informationsflusses konnte der größte Teil der belasteten Ware sichergestellt werden, bevor er die rheinland-pfälzischen Verbraucher und Verbraucherinnen erreichte.
Auf Fehler in der Lebensmittelproduktion oder mangelnde Qualitätskontrollen geht ein großer Teil der Proben zurück, die bereits unter Verdacht ins LUA gelangen:
  • Die Spanne reicht von harmlosen, aber ekelerregenden Überraschungen wie eingebackenen Insekten in der Pizza Calzone bis hin zu verkohlten Teigresten im Brot.
  • Gravierender - und gesundheitsschädlich - war die Reinigungslauge, die vom LUA in einem Mineralwasser aus dem nördlichen Rheinland-Pfalz nachgewiesen wurde. Nach intensiver Ursachenforschung erneuerte der Hersteller die Sicherheitskontrollen in seiner Abfüllanlage.
  • Es gibt unerwünschte Stoffe, deren Entstehung sich bei einer „guten Herstellungspraxis“ vermeiden oder zumindest reduzieren lassen - zum Beispiel das krebserregende Ethylcarbamat in Spirituosen. Die Substanz entsteht, wenn die Maische nicht richtig gelagert und die falschen Brennverfahren angewendet werden. Im Jahr 2008 wurden deshalb aufgrund der Untersuchungen des LUA mehrere Chargen gesperrt.
Ein sehr großer Teil der Beanstandungen des LUA betreffen die fehlende oder falsche Kennzeichnung von Produkten:
  • Generell gilt: Was draufsteht, muss drin sein - und was drin ist, muss draufstehen. Das LUA prüft, ob Verbraucher mit falschen oder fehlenden Angaben getäuscht oder in die Irre geführt werden sollen. Eine richtige und ausreichende Kennzeichnung ist beispielsweise für Allergiker sehr wichtig. Sie müssen die Möglichkeit haben, Allergene auf einen Blick zu erkennen.
  • Auch das gibt es: Eine Mischung aus verschiedenen ätherischen Ölen war ohne Kindersicherung und Warnhinweise für Blinde verkauft worden. Das Problem: Bei versehentlichem Verschlucken hätte das Kräuteröl die Lunge schädigen können. Es wurde deshalb als gesundheitsgefährlich eingestuft und zurückgerufen.
Mangelnde Hygiene bei der Produktion oder bei der Lagerung kann zu einer Belastung mit Mikroorganismen führen:
  • Mikrobiell verdorbene Ware darf grundsätzlich nicht mehr verkauft werden. Ist die Belastung allerdings so gravierend, dass sie die Gesundheit der Verbraucher bedroht, wird öffentlich gewarnt. 2008 hat das LUA beispielsweise vor italienischem Ricotta (Frischkäse aus Schafmilchmolke) gewarnt, der mit Listerien belastet war.
  • Nicht nur in Lebensmitteln können bei mangelnder Hygiene krank machende Keime nachgewiesen werden. Das LUA hat Bakterien auch in einem Duschbad und in Tätowierfarben nachgewiesen.
Durch die globalisierten Handelsströme gelangen immer wieder vor allem in Asien produzierte Waren auf den europäischen Markt, die Grenzwerte und Richtlinien nicht einhalten. Es kam deshalb auch 2008 zu mehreren öffentlichen Warnungen:
  • Gewarnt wurde vor illegalen Potenzmitteln aus dem Internet. Sie enthalten häufig nicht zugelassene Arzneistoffe und dürfen in Deutschland nicht verkauft werden. Es bestehen zudem Zweifel an der Qualität und Reinheit der Pillen.
  • Ebenfalls Gegenstand einer öffentlichen Warnung waren Stoffpuppen. Das LUA hatte darin verbotene krebserzeugende Azofarbstoffe nachgewiesen.
Es gibt aber auch Fälle, in denen eine Gesundheitsgefahr für die Verbraucher fahrlässig in Kauf genommen wird:
  • Geradezu kriminelle Ausmaße hatte ein Skandal der im September 2008 bekannt wurde: In China war Milchpulver mit der Industriechemikalie Melamin versetzt worden. Tausende chinesische Kinder mussten stationär behandelt werden, einige starben an den Folgen von Nierenschäden. In einem länderübergreifenden Maßnahmenplan hat das LUA daraufhin vorsorglich über 100 Proben aus dem rheinland-pfälzischen Handel untersucht. Lediglich in einer Charge Sahnebonbons wurde Melamin nachgewiesen. Sie wurde vernichtet.
  • Auch ein äußerst fragwürdiger „Scherzartikel“ spielte fahrlässig mit der Gesundheit von Kindern. Spielzeug-Zigaretten zum Hineinblasen sollten den Rauch echter Zigaretten imitieren. Der Rauch-Effekt entstand durch Talkumpuder, das bei versehentlichem oder bewusstem Ziehen an der Zigarette schwere Lungenschäden verursachen kann. Ein Warnhinweis fehlte auf der Verpackung. Im Gegenteil: Das Pulver wurde auf dem Etikett sogar als „ungefährlich“ bezeichnet. Der Artikel wurde aus den Regalen genommen, die Verbraucher öffentlich vor dem Kauf gewarnt.

Zu: Tiergesundheit und Tierseuchen

2008 ging die Zahl der infizierten Tiere im Land gegenüber dem Vorjahr zurück - dafür wurden insgesamt mehr anzeigepflichtige Tierseuchen nachgewiesenen. Anzeigepflichtige Tierseuchen sind Erkrankungen, die eine ernste Gefährdung für die Gesundheit von Mensch und Tier darstellen oder die große wirtschaftliche Schäden in den Betrieben verursachen können. Anzeigepflichtige Tierseuchen werden daher staatlich bekämpft. Nach einigen Jahren wieder nachgewiesen wurden 2008 beispielsweise die Enzootischen Rinderleukose und die Fischkrankheiten VHS und IHN.

Die Impfung der Rinder, Schafe und Ziegen gegen die Blauzungenkrankheit seit Mai 2008 hat zu einem erfreulichen Rückgang der Nachweise des Blauzungen-Virus geführt. Geimpft wurden mehr als 325.000 Rinder sowie über 135.000 Schafe und Ziegen. Das entspricht einer Impfquote von über 90 Prozent bei den Rindern und fast 100 Prozent bei den Schafen und Ziegen. Der von Gnitzen (Stechmücken) übertragene Erreger wurde 2008 bei der Untersuchung von 4.684 Tieren zwar 460 Mal nachgewiesen - im Jahr zuvor waren es bei 5.714 untersuchten Tieren noch 2.635 Nachweise.

Der Erfolg der oralen Immunisierung der Füchse gegen Tollwut hielt auch 2008 an. Die für Mensch und Tier tödliche Seuche wurde zuletzt am 3. Februar 2006 im Kreis Mainz-Bingen festgestellt und ist seither nicht mehr aufgetreten. Die Tierseuche war im Januar 2005 nach sechs tollwutfreien Jahren erstmals wieder in Rheinland-Pfalz aufgetreten. In Rheinland-Pfalz wurden 12 Impfaktionen durchgeführt und dabei über 1,7 Millionen Impfköder ausgebracht - der größte Teil mit dem Flugzeug, der kleinere per Hand. Im April 2008 wurden zum letzten Mal Füchse gegen Tollwut geimpft. Das Land zahlte für die Kosten der Impfköder und deren Ausbringung mit dem Flugzeug fast 1,3 Millionen Euro. Das zuletzt betroffene Tollwut-Impfgebiet war 1900 Quadratkilometer groß. Da der Erreger auch im Rahmen eines intensiven Monitorings an 1.106 Wild- und Haustieren in Rheinland-Pfalz im Jahr 2008 nicht mehr nachgewiesen wurde, konnte sich Deutschland am 30. September 2008 gegenüber dem Internationalen Tierseuchenamt in Paris endlich als „frei von Fuchstollwut“ erklären.

Auch die orale Immunisierung der Wildschweine gegen die Klassische Schweinepest in den Regionen Eifel und Pfalz war 2008 erfolgreich. Bei der molekularbiologischen Untersuchung von 11.830 Wildschweinen wurde das Schweinepestvirus nicht nachgewiesen. Allerdings gaben die im Herbst 2008 geführten Nachweise von Antikörpern gegen das Virus der Klassischen Schweinepest bei vier Tieren im rechtsrheinischen Landesgebiet Anlass zur Sorge, dass das Virus dort auftreten könnte. Die Sorgen sollten sich 2009 leider bestätigen.

Erstmals seit sechs Jahren ist in Rheinland-Pfalz wieder die anzeigepflichtige Enzootische Rinderleukose aufgetreten. Die Krankheit wird durch das Bovine Leukosevirus (BLV) verursacht und verläuft bei Rindern unheilbar tödlich. Für den Menschen ist sie dagegen ungefährlich. Wegen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung wird die Krankheit staatlich bekämpft. Der Erreger wurde dank eines Routine-Monitorings entdeckt. Insgesamt sind im LUA im vergangenen Jahr rund 20.000 Blutproben auf Antikörper gegen BL-Viren untersucht worden.

Bei der Überwachung von Tierseuchen hat sich das neue Labor für molekularbiologische Verfahren des LUA bereits bewährt. Gut drei Millionen Euro hat das Land Rheinland-Pfalz in den Neubau investiert, in dem seit März 2008 gearbeitet wird. Der Verbraucherschutz profitiert doppelt von den neuen Laborkapazitäten: Hier arbeiten Fachleute sowohl an der Diagnostik von Tierseuchen als auch an der Untersuchung von tierischen Lebensmitteln. Zum Einsatz kommt die moderne PCR-Methode (Polymerase-Kettenreaktion). Das molekularbiologische Verfahren ist schnell, liefert sehr spezifische Nachweise und kann stark automatisiert werden. In kurzer Zeit können damit große Probenmengen untersucht werden. (lua rlp)
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