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17.06.2014 | 08:03 | Gegen Antibiotikaresistenzen 
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Tierärzteverband fordert runden Tisch mit Humanmedizinern

Frankfurt/Main - Human- und Veterinärmediziner müssen im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen endlich miteinander anstatt übereinander reden und gemeinsam handeln.

Antibiotika-Einsatz
(c) llandrea - fotolia.com
Das hat der Präsident des Bundes-verbandes Praktizierender Tierärzte (bpt), Dr. Hans-Joachim Götz, Ende vergangener Woche in einem Schreiben an Bundesgesundheitsminister Gröhe und Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt deutlich gemacht.

Weil die organisierte Ärzteschaft einem gemeinsamen Dialog bislang ablehnend gegenüber steht, hat er die beiden für dieses wichtige Thema zuständigen Bundesminister aufgefordert, einen „Runden Tisch“ für lösungsorientierte Diskussionen zwischen den Vertretern der führenden human- und veterinärmedizinischen Verbände einzurichten.

Tierärzte und Ärzte sollen sich nach dem Willen des bpt-Präsidenten gemeinsam im Sinne des AMR-Aktionsplans der EU-Kommission und der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie (DART) für einen restriktiven Einsatz von Antibiotika gemäß Leitlinien einsetzen und effektive Lösungen entwickeln, die über die jeweiligen Kanäle an die Tierärzte und Ärzte kommuniziert werden, um für die nötige Achtsamkeit und Verantwortung zu werben. Gleichzeitig könnte so künftig auch die Öffentlichkeit adäquat informiert werden.

Hintergrund für den erneuten Vorstoß des Tierärzteverbandes, in lösungsorientierte Diskussionen mit der organisierten Ärzteschaft einzutreten, ist die Tatsache, dass die Verantwortung für die Resistenzlage in der Humanmedizin seitens der Humanmediziner mit zunehmender Tendenz allein dem Antibiotikaeinsatz in der Tiermast  zugeschoben wird.

Der durch das eigene Verschreibungsverhalten und die mangelnden Hygienemaßnahmen in deutschen Krankenhäusern verursachte Selektionsdruck und die Verbreitung von resistenten Bakterien dagegen wird jedoch mit keinem Wort erwähnt.

Jüngstes und eklatantestes Beispiel dafür ist die Entschließung des 117. Deutschen Ärztetages zum Thema „Bekämpfung multiresistenter Keime“. Danach wird angesichts der Zunahme der multiresistenten Keime in den letzten Jahren gefordert, dass keine Zeit mit Dokumentation verloren gehen darf und die Politik zeitnah geeignete Maßnahmen treffen soll, um den Einsatz der Antibiotika in der Tiermast tatsächlich zu vermindern. Sei doch der Antibiotikaverbrauch in der Veterinärmedizin doppelt so hoch wie in der Humanmedizin.

Aus welcher Quelle der Deutsche Ärztetag wie auch andere Publizisten Daten über den Antibiotikaverbrauch in der Humanmedizin beziehen, bleibt indes im Ungewissen. Bis heute steht keine Statistik zur Verfügung, die diesen ähnlich transparent wie in der Veterinärmedizin durch die Zahlen des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) darstellt.

„Eine derart einseitige Darstellung, die notwendige Maßnahmen im eigenen Bereich vermissen und gleichzeitig den aktuellen Stand der Wissenschaft außer Acht lässt, kann nicht länger hingenommen und von der Politik ignoriert werden“, unterstreicht Götz in seinem Schreiben, „schließlich wurde die DART nicht allein erarbeitet, um der Antibiotika-Resistenzbekämpfung bei Tieren Rechnung zu tragen, sondern auch der bei Menschen.“ (bpt)
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Kommentare 
EPetras schrieb am 18.06.2014 16:51 Uhrzustimmen(90) widersprechen(79)
Ist es wirklich sinnvoll, den schwarzen Peter hin und her zu schieben? Es ist eine Tatsache, dass eine Reduktion der Antibiotikagaben in der Tiermast auch aus anderen Gründen - z. B. des Umweltschutzes - dringend geboten ist. Neue Studien belegen, dass sich kontaminierte Gülle verheerend auf das Bodenleben auswirkt - und dass dies leider eher die Regel als die Ausnahme ist.

Ebenso zeigt die Entwicklung von Erregern wie beispielsweise der Durchfallerreger, dass zuerst im Nutztierbereich die Campylobakter die Salmonellen überholten und diese Entwicklung erst dann auch im Humanbereich erfolgte (Quelle: Tierärzteblatt). Besteht hier wirklich kein Zusammenhang? Es geht ja nicht um die Resistenzen allein. Auch die Mutation zu immer höher pathogenen Formen erfolgt bei Viren durch schnellen Wirtswechsel. Dieser ist durch die Enge in der Massenmast leicht möglich.

Die Tatsache, dass im Tierbereich im Gegensatz zum Humanbereich auch gesunde Tiere mit Antibiotika behandelt werden, da bei Erkrankung einiger Tiere der Enge und der Mase wegen der ganze Bestand behandelt werden muss, um Ansteckung zu vermeiden - was in der Regel auch geschieht, verdeutlicht, dass gerade im Tierbereich ein enormes Einsparpotential besteht.

Zum Vergleich: Welcher Säugling erhält in den ersten 35 Tagen seines Lebens drei bis fünf Antibiotikabehandlungen? Man nehme an, dies würde regelhaft geschehen - welchen Aufschrei hätte das zur Folge? Bei Masthühnern geschieht es regelhaft - und auch Amtstierärzte sind damit unglücklich, denn auch sie haben ja ein Gewissen. Verdrängung hilft also nichts!

Die Reaktion des Tierärztefunktionärs erinnert mich an die einiger junger Grundschulkinder: "...der aber auch!". Ein solches Verhalten führt nicht weiter - Verantwortung ist gefragt! Das Einsparpotential im Tierbereich ist enorm! Vor allem aber sollte endlich die einseitige Ausrichtung auf Massenmast in Riesenställen hinterfragt werden, die das schnelle Überspringen von Erregern fördert, Eintrittspforten für Bakterien durch Wunden bietet und eine Behandlung riesiger Bestände statt einiger weniger kranker Tiere nötig macht.

Geringere Besatzdichten, Wechselausläufe an frischer Luft oder zumindest Wintergärten/Kaltscharrräume tragen nicht nur zum Wohlbefinden der Tiere, sondern auch zur Vitalität und zur Stärkung des Immunsystems derselben bei vermindern die Gefahr des schnellen Überspringens von Erregern!
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