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30.05.2012 | 17:54 | Foie gras 

Verkaufsverbot von Stopfleber in Kalifornien

San Francisco - Noch wirbt das Feinschmecker-Restaurant «Mélisse» im kalifornischen Santa Monica mit einem achtgängigen «Foie for All»-Menü zum Preis von 185 Dollar.

Gänse
(c) proplanta
Von der Vorspeise bis zu Dessert enthält jedes Gericht die umstrittene Fettleber-Delikatesse.

Doch mit dem Foie-gras-Gelage ist bald Schluss: Am 1. Juli führt Kalifornien als erster US-Staat ein striktes Verbot ein.

Nicht nur Herstellung und Verkauf der Stopfleber ist dann tabu, auch der Handel mit Federn und anderen Produkten von Gänsen und Enten, die unfreiwillig mit Riesenmahlzeiten gestopft wurden, wird verboten.

Für Tierschützer ist das Inkrafttreten des neues Gesetzes längst überfällig. Bereits 2004 war das Verbot in Kalifornien beschlossen worden, der damalige Gouverneur Arnold Schwarzenegger segnete es ab.

Landwirten und Restaurants wurde viel Zeit gelassen, um sich auf den Bann einzustellen oder Vorschläge zu einer humaneren Fütterung zu unterbreiten.

Bei der Zwangsfütterung wird den Tieren mehrere Wochen lang mehrmals täglich mit langen Stäben oder Druckluft Getreide in den Magen gepresst. Ihre Lebern werden dadurch unnatürlich groß - und fein im Geschmack, wie Fans finden.

Beim Countdown zum Foie-gras-Verbot liegen sich nun Gourmets, Gesetzgeber und Tierschützer in den Haaren. Top-Restaurants wie «Mélisse» locken - so lange es noch geht - mit Gourmetangeboten, während vor den Türen Stopfleber-Gegner laut protestieren.

«Mélisse»- Chef Josiah Citrin gehört zu einer Gruppe von über 100 Promi-Köchen in Kalifornien, die sich für die Gänseleber starkmachen. «Coalition for Humane and Ethical Farming Standards», kurz CHEFS, nennen sie ihre Initiative für eine «humane und ethische» Tierhaltung.

Sie seien gegen das Stopfleberverbot, aber für die Behandlung von Tieren «mit Respekt und Würde». Sie sollten Auslauf haben und so gestopft werden, dass sie dabei nicht verletzt werden.

Der demokratische Politiker John Burton, der 2004 das Verbot mit verfasste, feuerte mit gepfefferten Worten zurück. Er wollte den Köchen am liebsten «Enten - und Gänsefett, oder besser noch trockene Haferflocken immer und immer wieder in den Rachen stopfen».

Gourmet- Koch Mark Pastore vom «Incanto»-Restaurant forderte eine öffentliche Entschuldigung. Der Wortkrieg dürfte sich bis Juli weiter zuspitzen.

Der Staat Kalifornien hat einige Spitzenköche auf seiner Seite. Bereits 2007 verbannte Hollywoods Star-Koch Wolfgang Puck Gänseleber von seinen Menüs.

Gemeinsam mit der Tierschutzorganisation «Humane Society» kündigte der gebürtige Österreicher damals an, nur noch Produkte aus dem organisch-biologischen Anbau zu servieren, Eier von freilaufenden Hühnern sowie Fleisch von Schweinen und Kälbern, die nicht in engen Ställen gehalten werden.

2008 stimmten die Wähler in Kalifornien für eine humanere Haltung von Hühnern, trächtigen Schweinen und Kälbern. Bis 2015 müssen Landwirte zu enge Käfige abschaffen. Ab 2013 sind in Kalifornien der Handel und die Verarbeitung von Haifischflossen verboten.

In Deutschland ist das Stopfen von Gänsen und Enten - wie in vielen anderen EU-Staaten auch - verboten. Die Überfütterung der Tiere mit Hilfe in den Hals eingeführter Stopftrichter wird als Tierquälerei angesehen.

Angesichts des freien EU-Binnenmarkts wird der Import und Verkauf von Foie gras aber weiter zugelassen. Frankreichs Foie-gras-Industrie ist mit einer Jahresproduktion von rund 20.000 Tonnen mit Abstand die weltweit größte.

Bereits 2006 wurde die Delikatesse per Gesetz als «Kultur- und Gastronomieerbe Frankreichs» dort unter besonderen Schutz gestellt.

Gourmet-Köche in Kalifornien rechnen mit Beschwerden ihrer Kunden. Sie habe eine Zeitlang keine Gänseleber auf dem Menü gehabt und «sehr viele negative Reaktionen» erhalten, erzählte Traci Des Jardins, Chefin vom «Jardiniere» in San Francisco, dem «San Francisco Chronicle».

Nathan Ballard, Sprecher der CHEFS-Initiative, befürchtet, dass ein Schwarzmarkt für Gänseleberprodukte entstehen wird. Im Interview mit der Zeitung «USA Today» verwies er auf ein kurzlebiges Verkaufsverbot der Delikatesse in Chicago im Jahr 2006.

Findige Köche umgingen den Bann, indem sie Croûtons für 25 Dollar verkauften und die Foie gras umsonst dazureichten, erzählt Ballard. Das Verbot wurde zwei Jahre später wieder abgeschafft. (dpa)
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