Die Insekten sind nach Beobachtungen des Bundesforschungsinstituts Julius Kühn in einigen Regionen Deutschlands bereits zum Hochzeitsflug aufgebrochen. Die Nachrichtenagentur dpa sprach mit der Biologin und Institutssprecherin Stefanie Hahn über die Waldmaikäfer (Melolontha
hippocastani) und die in Deutschland selteneren Feldmaikäfer (Melolontha melolontha).
Wie sind die Käfer durch den langen Winter gekommen?
Hahn: «Die Waldmaikäfer haben den kalten Winter gut überstanden. Die Engerlinge und die erwachsenen Käfer im vierten Entwicklungsjahr überwintern im Boden, in etwa 60 bis 100 Zentimetern Tiefe, wo sie auch vor Minusgraden geschützt sind. Erwärmt sich der Boden im Frühjahr, wandern die Engerlinge in höhere Bodenschichten, und die Käfer fliegen in Abhängigkeit von der Temperatur bereits Mitte April.»
Zeitweise schienen die Maikäfer vor dem Aussterben zu stehen, seit wann gibt es wieder viele Käfer?
Hahn: «Seit etwa 30 Jahren wächst in Deutschland die Waldmaikäfer- Population wieder an. Jährliche Probegrabungen der Forstämter nach Engerlingen ergeben einen durchschnittlichen Befall von mehr als 11 Engerlingen im dritten Larvenstadium pro Quadratmeter. Waldschäden können bereits ein bis drei Engerlinge pro Quadratmeter verursachen.
Und wie sieht es mit dem Feldmaikäfer aus?
Hahn: «Auch der größere, aber seltenere Bruder des Waldmaikäfers, der Feldmaikäfer und seine Engerlinge, ist als Schädling gefürchtet.
Kundige können beide Arten anhand des anders geformten Hinterleibs unterscheiden. In "Maikäferjahren", alle drei oder vier Jahre, kann es zu Kahlfraß kommen, der bei Süßkirschen, Zwetschgen und Walnüssen Ertragsverluste zur Folge haben kann. Die kritischen Engerlingzahlen liegen für Baumschulen, Obstanbau, Reben, Hopfen und Tabak bei 2 Engerlingen pro Quadratmeter, auf Wiesen wird es erst ab 30 bis 40 Engerlingen pro Quadratmeter kritisch.»
Wo sind viele Waldmaikäfer zu erwarten?
Hahn: «Hauptvorkommen in Deutschland sind die nordbadische und südpfälzische Rheinebene sowie die hessische Rhein-Mainebene. Dort auf trockenen lockeren Sandböden finden die Käfer ideale Lebensräume.
Die Engerlinge im zweiten und dritten Stadium verursachen die Hauptschäden. Sie fressen an den Baumwurzeln. Dabei werden die Feinwurzeln vollständig ab- und die Rinde stärkerer Wurzeln angefressen. Die Bäume können Wasser und Nährstoffe nicht mehr aufnehmen, verwelken und sterben ab.»
Maikäfer können also tatsächlich zur Plage werden?
Hahn: «Ja, Maikäfer können zur Plage werden. Der
Klimawandel verstärkt das Problem, weil sich der Entwicklungszyklus der Käfer von vier auf drei Jahre verkürzen könnte. Die regelmäßig wiederkehrenden Massenvermehrungen haben ihnen sogar ein Platz in der Literatur bei Wilhelm Busch gesichert. Da die Wälder unsere Nacherholungsgebiete sind, wollen wir sie aber nicht kampflos den Maikäfern überlassen.»
Wie versucht man, der Plage Herr zu werden?
Hahn: «Vor dem Zweiten Weltkrieg wurden ausschließlich mechanische Methoden angewandt, zum Beispiel große Baumschüttel-Aktionen zum Maikäferfang oder intensive Bodenbearbeitung. Zwischen 1950 und 1960 wurde der Käfer chemisch mit Insektiziden wie HCH und DDT bekämpft, die als Fraß- und Kontaktgifte wirken. Seit den 1990er Jahren werden zunehmend neue Strategien erforscht. Dabei steht der Pilz Beauveria brongniartii als natürlich verbreiteter Krankheitserreger des Waldmaikäfers im Fokus sowie Fadenwürmer, die Käfer befallen. Auch Samenextrakte des Neembaumes werden genutzt, entfalten jedoch leider nicht die nötige Schlagkraft. In Einzelfällen erlaubt das Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit die Anwendung synthetischer Insektengifte, die die Käfer beim Reifungsfraß in der Baumkrone bekämpfen. Den Feldmaikäfer bekommt man als Schädling besser in den Griff als den Waldmaikäfer. Etwa durch
Bodenbearbeitung, die die Engerlinge abtötet oder nach oben holt, so dass Fressfeinde leichtes Spiel haben. Maikäfernetze in den Flugjahren hindern zudem die Weibchen an der Eiablage.» (dpa)