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18.12.2020 | 02:06 | Schlachten ohne Betäubung 
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Religionsvertreter kritisieren EuGH-Urteil zum rituellen Schlachten

Luxemburg - EU-Staaten dürfen nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs auch für rituelle Schlachtungen eine Betäubung des Tieres vorschreiben.

Rituelles Schlachten
Dürfen EU-Staaten rituelles Schlachten ohne Betäubung verbieten? Eher nicht, ließ noch vor Kurzem ein Rechtsgutachten vermuten. Doch, sagt jetzt der EuGH. Religionsvertreter äußern deutliche Kritik. (c) proplanta
Rituelle Schlachtungen als solche würden nicht verboten und damit werde die Religionsfreiheit geachtet, befanden die Richter des höchsten EU-Gerichts am Donnerstag. Das Urteil kommt überraschend, da ein EuGH-Gutachter kürzlich noch zu dem Schluss gekommen war, derartige Vorschriften widersprächen dem Recht auf Religionsfreiheit. Religionsvertreter kritisierten das Urteil scharf, Tierschützer begrüßten es.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sprach von einem Angriff auf die Religionsfreiheit. Man hoffe, dass es keine Nachahmer in Europa finde und andere EU-Staaten die religiöse Schlachtung weiterhin ermöglichten. Bini Guttmann, Präsident der Europäischen Union jüdischer Studenten, warnte gar, die Ermöglichung eines Schächt-Verbots «könnte jüdisches Leben, so wie wir es kennen, langfristig unmöglich machen».

Verhandelt wurde ein Rechtsstreit aus Belgien. Dort hatte die Region Flandern die Schlachtung ohne Betäubung 2017 aus Tierschutzgründen verboten. Jüdische und muslimische Verbände klagten dagegen. In beiden Religionen gibt es Vorschriften zum Schlachten ohne Betäubung - dem Schächten, um Fleisch koscher beziehungsweise halal herzustellen. Den Tieren wird dabei mit einem Schnitt Speiseröhre, Luftröhre und Halsschlagader durchtrennt; sie bluten dann aus.

Der Deutsche Tierschutzbund begrüßte das EuGH-Urteil: Es sei gut, dass daraus hervorgehe, dass es Wege gebe, sowohl der Religionsfreiheit als auch dem Tierschutz gerecht zu werden. Oftmals werde es so dargestellt, «dass beides nicht in Einklang zu bringen ist». In ihrem Statement verwiesen die Tierschützer auf Betäubungsarten, die bereits von vielen Muslimen akzeptiert würden.

Dem Urteil vom Donnerstag zufolge lässt das EU-Recht zwar in Ausnahmefällen und im Sinne der Religionsfreiheit die rituelle Schlachtung ohne vorherige Betäubung zu. Die EU-Staaten könnten aber dennoch dazu verpflichten, die Tiere zu betäuben.

Die Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER) befürchtet nach dem Urteil einen «Dominoeffekt» und dass weitere Staaten weiterführende Verbote oder Einschränkungen erlassen, und so die Religionsausübung und insgesamt die Religionsfreiheit weiter erschwerten. In Ländern wie Frankreich oder Spanien ist das Schächten der CER zufolge noch erlaubt.

In anderen EU-Staaten wie Schweden oder Dänemark ist es hingegen verboten. In Deutschland können aus religiösen Gründen zwar Ausnahmen erteilt werden. Dem Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) zufolge seien solche Ausnahmeregelungen in einigen Teilen der Bundesrepublik aber schon nahezu unmöglich. Grund sei eine Zunahme an Auflagen, da hierzulande Tierschutz schon länger stärker berücksichtigt werde.

ZMD-Vorsitzender Aiman Mazyek beobachte deswegen, dass einerseits immer mehr geschächtetes Fleisch importiert und andererseits immer wieder inoffiziell geschächtet werde. «Und das wollen wir eigentlich nicht.» Dass ein Urteil bewerte, was als Teil eines religiösen Ritus möglich ist oder nicht, sei «der falsche Weg», kritisierte Mazyek. Veränderungen sollten durch die Religionsgemeinschaften selbst und nicht von außen erfolgen. «Der Ritus ist jahrtausendalter Teil jüdischen und muslimischen Lebens.»
dpa
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Kommentare 
maximilian schrieb am 21.12.2020 16:57 Uhrzustimmen(8) widersprechen(20)
Der Kommentar von Herrn Dittmann ist oberflächlich und undifferenziert.
Das Urteil des EuGH bezieht sich auf einen Fall in Belgien.
In Deutschland ist das betäubungslose Töten im Ausnahmefall gestattet, wobei der vom Mehrheitswillen demokratisch legitimierte Gesetzgeber den Einzelfall detailliert regelt. In § 1 Satz 2 TierSchG wird der Schutz des Tieres durch den Begriff "vernünftiger Grund" relativiert. Ebenso in § 4 Abs. 1: Ist die Tötung eines Wirbeltieres ohne Betäubung im
Rahmen weidgerechter Ausübung der Jagd oder aufgrund anderer Rechtsvorschriften zulässig oder erfolgt sie im Rahmen zulässiger Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen, so darf die Tötung nur vorgenommen werden, wenn hierbei nicht mehr als unvermeidbare Schmerzen entstehen.
Ulrich Dittmann schrieb am 20.12.2020 08:45 Uhrzustimmen(50) widersprechen(2)
EU-Staaten dürfen nach diesem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) auch für rituelle Schlachtungen eine Betäubung des Tieres vorschreiben. (Urt. v. 17.12.2020, Rechtssache C-336/19) Derartige Vorschriften verstoßen nicht grundsätzlich gegen das Recht auf Religionsfreiheit, befanden die Richter am Donnerstag in Luxemburg.
Dies ist eine wichtige wegweisende hochrichterliche Entscheidung!
Denn unmissverständlich ist festzuhalten: BETÄUBUNGSLOSES Schächten, bei dem die Tiere in ihrem eigenen Blut und Erbrochenem verröcheln, bedeutet für die Tiere den grausamsten aller vorstellbaren Tode. Dies zuzulassen, ist zugleich eine vollständige Abkehr von Zivilisation, Menschlichkeit und Empathie.
Anachronistisches, betäubungsloses Schächten in der HEUTIGEN Zeit: Entsetzlich. Pervers. Krank.
Nicht umsonst ist laut Tierschutzgesetz unbetäubtes, archaisches Schlachten von warmblütigen Wirbeltieren grundsätzlich verboten.
Analog von Menschenrechtlern Frauenbeschneidungen, Mehrehen etc. nicht akzeptiert werden, darf niemals eine “Ausnahmegenehmigung” des betäubungslosen Schächtens von Tieren entgegen regulärer Gesetzgebung akzeptiert werden.
Betäubungsloses Schächten bedeutet den hier in der Diaspora lebenden Ausländern und Migranten weniger einen bindenden Glaubenszwang, denn ein willkommenes Ritual, sich ganz bewusst und zielführend der von den Gastländern in naiver Denkweise so sehr gewünschten Integration zu widersetzen.
Diese nach hier importierte Schlachtart leistet öffentlicher Verrohung Vorschub, fördert die Etablierung einer abgeschotteten Parallelgesellschaft, desavouiert hier um Integration bemühte Gläubige und Bürger, ist religionswissenschaftlich nicht begründbar, und weder mit dem Begriff "Religion", noch mit der hier geltenden Verfassungsethik zu subsumieren. Wer mit heutigem Wissensstand, nach der Verankerung des Staatszieles Tierschutz in der Verfassung (Artikel 20a GG) noch rechtsirrelevanten Glaubenswunschvorstellungen einzelner islamischer oder jüdischer Glaubensgruppierungen betreff Begehr nach betäubungslosen Schächtungen rückgratlos nach dem Munde redet und willkürlich über den Mehrheitswillen der Bevölkerung stellt, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, skandalöse, rechtswidrige Volksverdummung zu betreiben und explizit übelste, lebensverachtende Tierquälerei zu unterstützen.
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