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29.10.2016 | 10:03

Kein Walschutzgebiet im Südatlantik - Tierschützer enttäuscht

Walfang
Umweltschützer sprechen von einer versäumten Chance: Im Südatlantik wird es weiterhin kein sicheres Reservat für Wale geben. Der Vorstoß der Anrainerländer fand bei der Tagung der Internationalen Walfangkommission nicht die nötige Mehrheit. (c) Tom Torkelson - fotolia.com

Vom Walfang zum Walschutz trippelt die Welt in kleinen Schritten



Das Fangen und Töten von Walen ist ein grausames Geschäft. Von Harpunen durchbohrt, verenden die Tiere im langen, quälenden Todeskampf. Es ist zudem unzeitgemäß. Der menschliche Verzehr von Walfleisch macht die Jagd nicht mehr zum einträglichen Geschäft. In Norwegen, dem mit Abstand aktivsten Waljäger-Land, verfüttert man Walfleisch inzwischen an Nerze in Pelzfarmen.

Alle zwei Jahre tagt die Internationale Walfang-Kommission (IWC), die sich zugute halten kann, mit einem Moratorium 1986 den kommerziellen Walfang zurückgedrängt zu haben. Weitgehend, aber nicht ganz. Im slowenischen Adria-Städtchen Portoroz war die IWC-Tagung in diesem Jahr vom diplomatischen Ringen zwischen den wenigen Walfang-Ländern und den vielen Gegnern, darunter Deutschland, bestimmt.

Eigentlich sind es nur noch drei Länder, die Wale jagen. Norwegen, das von Anfang an Einspruch gegen das Moratorium erhoben hat, erlegt im Jahr mehr als 600 Zwergwale. Island jagte unter einem ähnlichen Vorbehalt im Vorjahr knapp 200 Finnwale. In diesem Jahr legte das einzige Fangunternehmen des Landes eine Pause ein. Diplomatischer Druck der EU-Länder und die Weigerung des deutschen Fischhandels, Waren des isländischen Unternehmens zu kaufen, ließen es einknicken.

Einen anderen Weg wählte Japan. Das ostasiatische Land steht formell zum Moratorium, beruft sich aber auf den - juristisch über dem Moratorium stehenden - Artikel 8 der IWC-Konvention von 1946. Dieser ermöglicht es, dass sich die Mitgliedsländer besondere Genehmigungen für den Walfang zu wissenschaftlichen Zwecken selbst ausstellen.

Japan macht seit dem Moratorium von dieser Selbstermächtigung Gebrauch. Unter dem Vorwand des «Wissenschaftswalfangs» tötete es seitdem fast 18.000 Wale. 2014 befand der Internationale Gerichtshof (IGH), dass sich Tokio missbräuchlich auf die Ausnahmebestimmung der Wissenschaftlichkeit beruft. Dennoch nahm Japan sein Walfang-Programm im Vorjahr erneut auf. Mehr als 300 Tiere starben durch Harpunen. Den Nachweis eines wissenschaftlichen Nutzens erbrachte das Land nicht.

Am Donnerstag beschloss die IWC-Tagung ein neues Prüfverfahren für den «Wissenschaftswalfang». Wer diesen wie Japan betreiben will, muss sein Programm von einer neuen Arbeitsgruppe begutachten lassen. Umweltschützer begrüßten dies als «Schritt in die richtige Richtung». Auch wenn jeder weiß, dass Japan nach einer negativen Empfehlung, wie sie am Ende des Prüfverfahrens stehen könnte, vielleicht mit seinen Aktivitäten ungeniert weiter machen wird.

Aber so geht es zu in der IWC. «Die Fronten sind festgefahren, es bewegt sich kaum jemand aus seiner Position heraus», beschreibt es Nicolas Entrup, ein Berater von OceanCare, der seit 16 Jahren die IWC-Tagungen beobachtet. In diesem Jahr unternahm Japan einen Vorstoß, den kommerziellen Küstenwalfang im kleinen Stil zu legalisieren. Er wurde krachend abgeschmettert. Entrup meint aber, dass dies noch nicht das letzte Wort war. Immer wieder werde das Schlagwort vom «nachhaltigen Walfang» ins Spiel gebracht, um das kommerzielle Töten der Meeressäuger wieder legal zu machen.

Die Walfang-Befürworter scheinen aber vor allem von ihrem Unmut über die Einschränkung von Souveränitätsrechten durch globale Abkommen wie die IWC-Beschlüsse angetrieben zu sein. Häufig stimmt Russland, das keine Wale jagt, mit Japan. Dass einige exotische karibische und pazifische Insel-Staaten ihr Abstimmungsverhalten gleichfalls dem Japans angleichen, führen Beobachter wiederum auf die erfolgreiche «Scheckbuch-Diplomatie» des reichen asiatischen Landes zurück. Deshalb scheiterte der Antrag auf Schaffung einer großflächigen Schutzzone im Südatlantik. Weil dieser in die IWC-Konvention eingegriffen hätte, wäre eine Drei-Viertel-Mehrheit nötig gewesen, die dank der «Freunde Japans» nicht zustande kam.

Dennoch geht die Dynamik in der IWC, wenn auch in minimalen Schritten, zunehmend in Richtung Schutz der großen Meeresbewohner. «Wo gibt es im internationalen Tier- und Artenschutz etwas Vergleichbares wie das IWC-Moratorium?», meint Entrup. Robben und Elefanten werden trotz Bemühungen von Tierschützern immer noch gnadenlos gejagt.

Beobachter der IWC gehen davon aus, dass es einen Schritt zurück hinter das Moratorium wohl nicht geben wird. Vielmehr greife die Organisation zunehmend andere Bedrohungen für die Meeressäuger auf, die nicht mit der Jagd im Zusammenhang stehen, betont Gesche Jürgens von Greenpeace. Da geht es um Fischereinetze, in denen sich Wale verheddern, um Kollisionen mit Schiffen, um den Unterwasserlärm und die Verschmutzung der Meere.

Greenpeace verweist auf einen IWC-Beschluss, nach dem unter anderem dauerhaft alle Stellnetze aus dem Lebensraum des Kalifornischen Schweinswals entfernt werden sollen. Die nur noch 60 existierenden Tiere vor Mexiko seien vor allem durch illegale Stellnetzfischerei vom Aussterben bedroht. «Es wäre eigentlich schon angebracht», fügt Jürgens hinzu, «dass sich die Internationale Walfang-Kommission in Internationale Walschutz-Kommission umbenennt».
dpa
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