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08.12.2012 | 20:14 | Klimaschutz 

Keine guten Aussichten für Verlängerung des Kyoto-Protokolls

Doha - Ein Webfehler des Kyoto-Protokolls zieht sich bis in die Verhandlungen zu einem neuen globalen Klimaschutzvertrag.

Klimawandel
(c) proplanta
Russland und einige andere frühere Ostblockstaaten können voraussichtlich Emissionsgutscheine zu Geld machen, die sie auf verschlungenen Pfaden vor über zehn Jahren erhalten haben.

«Russland besteht auf dem Handel mit verbliebenen Emissionsgutscheinen», betont der russische Delegationsleiter Alexander Bedrizki vor dem Konferenzplenum in Doha. Zugleich sei Russland nicht bereit, feste Klimaschutzziele in der neuen Runde des Kyoto-Protokolls zuzusagen, die ab 1. Januar 2013 starten soll.

«Mitgliedstaaten des Kyoto-Protokolls, die ihren CO2-Ausstoß mehr als nötig reduziert haben, stehen diese sogenannten überschüssigen Emissionsrechte zu. Das ist auch bei Polen der Fall», pflichtet dessen Umweltminister Marcin Korolec im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa bei.

Russland muss laut Kyoto-Protokoll seine Treibhausgase nicht reduzieren, sondern darf 2012 so viel ausstoßen wie 1990. Seine Emissionen waren jedoch durch den wirtschaftlichen Zusammenbruch mit dem Ende des Ostblocks um 30 Prozent gesunken, und da liegen sie in etwa immer noch.

Den Bruderstaaten ging es ähnlich. Insgesamt stehen nun noch rund 13 Milliarden Tonnen Kohlendioxid zum Verkauf - ein Drittel des weltweiten Jahresausstoßes. Auf Russland entfällt etwa die Hälfte der heißen Luft.

«Dass man nicht hart genug mit Russland verhandelt hat, kann man natürlich als Webfehler des Kyoto-Protokolls bezeichnen», meint der Politische Geschäftsführer der Organisation Germanwatch, Christoph Bals. In Kyoto 1997 wurde der Handel dieser Verschmutzungsrechte bewusst in Kauf genommen, um unter anderem die USA mit ins Boot zu holen. Ihr Reduktionsziel von 7 Prozent erschien nur erreichbar, wenn sie günstige Emissionsgutscheine von Russland kaufen könnten. Doch die USA stiegen kurz darauf aus dem Kyoto-Prozess aus.

Dadurch bekam Russland bei den Verhandlungen eine ungeahnte Macht. Denn das Kyoto-Protokoll konnte erst in Kraft treten, nachdem Mitgliedsländer mit insgesamt mindestens 55 Prozent aller Kohlendioxid-Emissionen der Industriestaaten beigetreten waren. Die USA mit 36,2 Prozent fielen weg. Russland hatte 17,4 Prozent - damit konnte das Kyoto-Protokoll nur wirksam werden, wenn Moskau mitmacht. Und die Russen ließen sich erstmal viel Zeit für die Ratifikation.

Das Land bekam daher 2001 auf der Konferenz in Marrakesch das Zugeständnis, seine gesamte heiße Luft handeln zu dürfen. Zuvor war geplant gewesen, den Handel auf einen Anteil zu beschränken. «Weil man Russland brauchte, waren sie in einer so extrem starken Position, dass sie als weiteres Schlupfloch auch noch eine Anrechnung im Bereich der Wälder hineinverhandelt haben», kritisiert Bals.

So sitzt Russland heute auf etwa 6 Milliarden Tonnen CO2-Gutscheinen - doch noch immer will diese keiner haben. Die ambitionierten verbliebenen Kyoto-Staaten werden sich wohl nicht die Hände damit schmutzig machen. Zudem sind die bis 2020 gesteckten Klimaziele aller Länder so wenig ambitioniert, dass fraglich ist, ob überhaupt jemand fremde Verschmutzungs-Bons benötigt.

Nun will Russland sie für die Zeit nach 2020 aufbewahren. Und die EU hat in der Nacht zum Freitag auf dem Klimagipfel in Doha zumindest eine Entscheidung in diese Richtung gefällt, indem sie einen internen Handel mit der heißen Luft vereinbarte.

«Wir möchten eigentlich, dass diese Rechte keine große Rolle mehr spielen. Aber wir haben innerhalb der Europäischen Union einen vernünftigen Kompromiss erzielt, der auch den Interessen unserer polnischen Freunde gerecht wird» sagte Bundesumweltminister Peter Altmaier. Die Verschmutzungsrechte dürften für eigene Zwecke des betreffenden EU-Landes weiter genutzt werden. Für den Handel damit gebe es aber restriktive Bedingungen, betonte er.

Nach Meinung des Greenpeace-Experten Martin Kaiser spekulieren die USA, China und Indien schon darauf, die heiße Luft aus Russland im geplanten globalen Abkommen einzubauen, das 2020 in Kraft treten soll. Dies sei eine schwere Belastung für künftige Klimaverhandlungen - diese Länder könnten sich so zum Teil von Reduktionsverpflichtungen freikaufen. (dpa)
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