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20.08.2014 | 15:34 | Wildtiere im Zirkus 
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Diskussion um Zirkustiere reißt nicht ab

Berlin / Einbeck - Seit Jahrzehnten wird ein generelles Verbot von exotischen Tieren im Zirkus gefordert. Speziell Elefanten, Großkatzen oder Bären fehlten dort Bewegung und soziale Kontakte, argumentieren Tierschützer. Die Zirkusunternehmen sehen das ganz anders.

Wildtiere im Zirkus?
(c) proplanta
Ein Video der Tierrechtsorganisation Peta zeigt die letzten Minuten im Leben der afrikanischen Elefantenkuh Tyke vor 20 Jahren auf Hawaii. Am 20. August 1994 wurde das 3.600 Kilo schwere Tier in Honolulu mit 86 Schüssen von Polizisten niedergestreckt, nachdem es in der Manege zuvor seinen Trainer getötet hatte und geflohen war.

Der gewaltsame Tod von Tyke ist für Gegner der Haltung und Dressur von exotischen Tieren weltweit zu einem Symbol geworden. An diesem Mittwoch will Peta mehr als 600.000 online gesammelte Unterschriften an das Bundesagrarministerium übergeben. Es ist ein neuer Anlauf, das seit Jahrzehnten diskutierte Wildtierverbot im Zirkus durchzusetzen.

Der Bundesrat hatte bereits 2003 und zuletzt 2011 gefordert, unter anderem Elefanten, Bären und Flusspferde aus den rund 400 von Ort zu Ort ziehenden Betrieben zu verbannen. Aus Sicht von Tierschützern können die Exoten auf den Tourneen weder artgerecht gehalten werden noch sei eine Dressur ohne Hiebe möglich.

Die Zirkusse dagegen beteuern, dass die Tierlehrer keine Gewalt anwenden. «Unsere Raubkatzen sind von klein auf an den Menschen gewöhnt», sagt Dieter Seeger, Tourneeleiter des in Einbeck ansässigen Zirkus Charles Knie. «Ohne Tiere könnten wir dichtmachen», warnt er. Und ergänzt, dass in Österreich nach dem 2004 beschlossenen Wildtierverbot die Zirkuskultur zusammengebrochen sei. «Nur ein Zirkus mit Tieren ist ein richtiger Zirkus», betont auch Max Siemoneit-Barum, Tierschutzbeauftragter des Münchner Circus Krone.

In Deutschland haben einige Kommunen Regelungen zum Verbot bestimmter Tierarten auf städtischen Flächen getroffen, gegen die sich die Betriebe teils vor Gericht wehren. Wenn die Artisten und Dompteure ihre Zelte aufbauen, kommen vielerorts nicht nur neugierige Kinder an der Hand ihrer Großeltern, sondern auch Tierrechtler mit Protestplakaten.

Gegen die Peta-Kampagne, die von Prominenten wie Schauspieler Sky du Mont unterstützt wird, stellt sich das Aktionsbündnis «Tiere gehören zum Circus». «Tierrechtler behaupten immer wieder, dass Elefanten im Zirkus nur die Hälfte ihrer natürlichen Lebenserwartung erreichen. Diese Behauptung ist falsch», sagt der Sprecher des Bündnisses, Dirk Candidus.

Doch ist es noch zeitgemäß, dass Elefanten Männchen machen oder Tiger durch brennende Reifen springen? Schließlich können Kinder exotische Tiere auch im Zoo oder durch Fernsehfilme kennenlernen. Der Schweizer Elefantenexperte Fred Kurt hat als Tierpfleger im Zirkus Knie angefangen. Heute sieht er die Dickhäuter in den Manegen fehl am Platz. «Die Elefanten werden mit allerlei Tricks gezwungen, aufrecht zu gehen», sagt der Biologe. Die Folge seien überforderte Glieder, Gelenke und Sehnen.

Die Bundestierärztekammer hat sich bereits 2010 für ein Wildtierverbot im reisenden Zirkus ausgesprochen. Elefanten, die für lange Zeit angebunden sind, entwickeln Studien zufolge vermehrt stereotype Verhaltensweisen. Bei Großkatzen hätten Untersuchungen aber keine erhöhte Stressbelastung unter Zirkusbedingungen ergeben, berichtet Jörg Pfeiffer von der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz.

«Eine Haltung von Bären und Affen ist abzulehnen, da diese nicht tiergerecht im Zirkus gehalten werden können», sagt der Veterinär. «Auch Tümmler, Delfine, Greifvögel, Flamingos, Pinguine, Nashörner und Wölfe sollten nicht von Zirkussen mitgeführt werden.» (dpa)
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Kommentare 
Hannelore Huber schrieb am 21.08.2014 15:44 Uhrzustimmen(56) widersprechen(44)
Absolute Zustimmung zu den qualifizierten Ausführungen von Herrn Dittmann! Diese Dressurmätzchen werden bei ALLEN Tieren immer nur durch z.B. Entzug von Nahrung oder über Schmerzen erreicht. Harter Drill, brutale Prügel und Strafen, Elektroschocks und isolierte Haltung sind an der Tagesordnung. Wozu sonst benutzt der Elefanten-Trainer Rene Casselly einen versteckten Haken, den er geschickt in der Manege einsetzt und die verängstigten Elefanten damit quält, damit sie diese unsinnigen Kunststückchen abliefern! Das Video ist auf Youtube zu sehen. Jeder Interessierte findet es dort schnell. Wozu muss man Elefanten sehen, die einen Kopfstand machen (können die allermeisten Menschen nicht!), Bären, die auf einem viel zu kleinen Rädchen fahren müssen, Affen in lächerlichen Klamotten, die die unmöglichsten Kunststückchen vorführen müssen! Die Aufzählung ließe sich noch weiter fortführen. Damit die Tiere diese Quälereien hinnehmen wurde deren Wille mit den übelsten Mitteln systematisch gebrochen. Kein Wunder also, dass es auch immer wieder zu Todesfällen (gerade durch Elefanten) von sogenannten „Trainern“ und Pflegern kommt, die aber wohlweislich nicht publik gemacht werden. Das wäre schlecht für’s Image. Negativwerbung ist selbstverständlich unerwünscht. Außerdem könnte das alberne Märchen von der angeblichen innigen Freundschaft zwischen Dompteur und Tieren nicht verkauft werden. Ein Undercover-Video über Affendressur zeigt, wie die Bereitschaft der Tiere erreicht wird. Es lautet: „60 Sekunden des grausamsten Trainings der Welt“ Dieser Titel klingt reißerisch, ist aber m.M. nach noch untertrieben, denn für das, was dabei zu sehen ist, gibt es kaum eine Bezeichnung. Ich war fassungslos und wütend angesichts dieser unvorstellbaren Gewalt und Brutalität. Ich kann mir nicht vorstellen, dass, wer das (oder ähnliche Videos über die „friedliche“ Elefantendressur oder anderer Tiere) gesehen hat, immer noch an die Märchen glaubt, dass Tieren Dressur „Spaß“ macht und keine Gewalt ausgeübt wird. Ein Zirkus funktioniert bestens ohne Tiere. Wenn nicht, sind die Leistungen der Menschen nicht gut genug. Es gibt genügend Zirkusse, die ohne Tiere hervorragende Shows bieten. Der beste Beweis, dass es ohne Tiere geht, ist der Zirkus Roncalli mit Unterhaltung auf höchstem Niveau! Jährlich 700.000 (!) Besucher können sich nicht irren!
Ulrich Dittmann schrieb am 21.08.2014 09:58 Uhrzustimmen(44) widersprechen(43)
Befürworter von Wildtierhaltung im Zirkus wie Dirk Candidus - der bekannterweise wichtigtuerisch mit seinen sophistisch-phantasievollen Zirkus-Märchenerzählungen und missionarischen Eifer durch die Lande reist - haben , offenbar noch nicht bemerkt, daß wir mittlerweile im 21. Jahrhundert angekommen sind! Wie unter Gefühlsvollnarkose stehend und unter Ausschaltung des gesunden Menschenverstandes propagiert man mit ungetrübter Naivität eine schweißtreibend anachronistische, anthropozentrische Tierhaltung, die jeglichen neuen/heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen widerspricht. Man weigert sich schlicht zur Kenntnis zu nehmen, daß eine Haltung, d.h. Einknastung von Wildtieren in Kleinkäfigen und Kleinstgehegen (wie in jeglichem Zirkus üblich) systembedingt(!) lebensverachtende, übelste Tierschinderei bedeutet. (siehe z.B. vorliegendes Gutachten von Dr. M. Martin der Tierschutzbeauftragten von Hessen) Fakten: Das Elend der Zirkustiere verröchelt seit Jahrhunderten im Würgegriff kommerzieller Vermarktung. Waren es früher arme exotische Kreaturen der menschlichen Spezies, "Zwerge oder Riesen", nach Europa verschleppte Schwarze, Indianer, Eskimos, sind es heute "nur" noch Tiere, die in kleinen Schaukäfigen durch klimatisch fremde Lande gekarrt und dann einem wohlig schaudernden, gaffenden Publikum vorgeführt werden. Zirkustiere sind zwangsläufig schlimmster körperlicher Beengtheit, unvermeidbarem oft qualvollem Dressur-Drill ausgesetzt. Welcher Elefant jongliert beispielsweise schon gerne freiwillig seinen tonnenschweren Körper im "Handstand" auf zwei Beinen, oder welchem Tiger wurde in die Wiege gelegt, freudig durch brennende Ringe zu springen? Was ist das für ein "Spaß" sich an solchen Mätzchen zu erfreuen, die den Tieren auf mehr oder minder humane Art eingebleut wurden ? Stereotype Beteuerungen der Zirkusleute betreff "vorzüglicher Tierhaltung" sind schlichter Unfug, da es eine gute "Wildtierhaltung" im Zirkus systembedingt(!) nicht gibt. Städte wie Potsdam, Stuttgart, Schwerin, Köln, Worms und München haben das Mitführen von Wildtieren auf städtischen Grundstücken für Zirkusunternehmen größtenteils, bzw. komplett untersagt. Nicht umsonst sind in Österreich, Luxemburg, Bulgarien und anderen EU-Ländern Zirkus-Wildtierdressuren verboten, sowie entsprechende Verbote auch in außereuropäischen Ländern, u.a. gar in Bolivien und Indien bestehen. I Im Gegensatz zu Haus- und so genannten Nutztieren haben Zirkus-Wildtiere den Prozeß der Haustierwerdung (Domestikation) noch nicht durchlaufen. Sie sind - selbst wenn sie in Gefangenschaft geboren sind - hinsichtlich ihres Verhaltens und ihrer Bedürfnisse immer noch Wildtiere. Kein noch so großes Gehege, geschweige denn die Transportbehältnisse können den Raum ersetzen, den ein Tiger, eine Giraffe oder eine Elefantenherde in freier Wildbahn oft kilometerweit(!!!) durchstreift. Eine artgemäße Unterbringung ist im Zirkus systembedingt nicht möglich. Alles in allem ist die Dressur und die Haltung unter den zwangsläufig beengten Verhältnissen schlicht als tierquälerisch einzustufen. Ja, zu Spaß, Spiel und zirzensischen Kunststücken - aber ohne (Wild-)Tiere! Jeder Zirkusbesucher muß sich darüber im Klaren sein, daß er mit seinem Eintrittsgeld indirekt übelsten Tiermißbrauch unterstützt. „Tierfreund“ heißt im Sinne des Wortes „Freund des Tieres“. So mag ein Zirkusbesucher vielleicht ein „Hund-Katze-Maus-Freund“ sein – ein Tierfreund ist er aber nicht.
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