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20.06.2012 | 19:06 | UN-Umweltgipfel 

Gipfel der Völker ist Gegengipfel zu Rio+20

Rio de Janeiro - Die Stadt am Zuckerhut hat diese Woche zwei Kraftzentren.

Regenwald
(c) proplanta
Während im Westen der Stadt mehr als 100 Staats- und Regierungschefs unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen über das Mammutthema nachhaltige Entwicklung debattieren, treffen sich in der Nähe von Rios Zentrum Globalisierungskritiker, Umweltschützer und Vertreter der Zivilgesellschaft zum «Gipfel der Völker».

Sie fordern das, was sie den Regierungschefs nicht zutrauen: Einen wirklichen Wechsel hin zu einer umweltschonenderen Wirtschaft und soziale Gerechtigkeit.

Ob es zwischen den beiden Kraftzentren zu Handreichungen kommt, bleibt abzuwarten. Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff machte schon klar, dass sie nicht beabsichtigt, dem «Gipfel der Völker» persönlich ihre Aufwartung zu machen.

Ganz anders der deutsche Direktor des UN-Umweltprogramms, Achim Steiner, der sich schon am Wochenende in die «Höhle des Löwen» begab und dort als Minderheit im Anzug beim Thema «Green Economy» auf dem Podium Rede und Antwort stand.

Bis zu 30.000 Teilnehmer erwarten die Organisatoren des «Cupúla dos Povos» bis Ende der Woche auf dem Parkgelände «Aterro do Flamengo». Hunderte Aktionen, Foren, Vorträge und Seminare stehen auf dem Programm.

«Es soll ein Schrei werden gegen das Konzept der "Green Economy" und die Kommerzialisierung der Natur und des Lebens», formulierte Sandra Quintela, eine der Organisatorinnen, die Grundrichtung. Die Kritiker wollen Druck ausüben auf den offiziellen Gipfel, der über 40 Kilometer entfernt von der Gegenveranstaltung im Stadtteil Barra da Tijuca stattfindet.

Sie werten die Zeichen aus den zähen und schwierigen Verhandlungen über den Entwurf der Abschlussdeklaration für «Rio+20» als desaströs.

Der Text werde immer stärker aufgeweicht und ziele gar nicht auf einen Wechsel der herrschenden Produktions- und Konsummodelle ab.

«In den Verhandlungen wird unverändert am Glauben an eine unbegrenzt wachsende Wirtschaft festgehalten, die durch die Auslieferung der Natur an die Finanzmärkte finanziert wird», sagte Fátima Mello, die den Alternativ-Gipfel mit koordiniert.

Die inhaltlichen Debatten konzentrieren sich auf Hauptthemen wie soziale und ökologische Gerechtigkeit, Energie, Arbeit, Ernährungssicherheit. Es gibt Parallelen zur Agenda des offiziellen Gipfels; doch dürften die Schlussfolgerungen völlig andere sein.

Ob beim Stopp der Regenwaldabholzung, den Milliarden-Subventionen für fossile Brennstoffe, der Überfischung der Meere oder der Erschließung neuer Öl- und Gasfelder - der «Gipfel der Völker» mahnt klare Aus- und Umstiegsszenarien mit Zeiten, Zielen und Fristen an, um die ressourcenverschleißende Wirtschaftsweise zu beenden.

Bei den radikalen Strömungen der Kritiker herrscht schon längst die Überzeugung, dass die Nachfolgekonferenz des legendären «Erdgipfels» von 1992 den Namen Rio+20 nicht verdient.

«Wir gehen 20 Jahre zurück. Nein, es wird ein Rio-minus-20 werden», prognostiziert der 45-jährige Gilvoneick Souza, der im roten T-Shirt mit dem Emblem der Hacker-Gruppe Anonymous bei einer Protestveranstaltung Flugblätter gegen Rio+20 verteilt.

Bis zum Freitag haben die Staats- und Regierungschefs nun Zeit, diese pessimistische Erwartung zu widerlegen. (dpa)
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