Die hessischen Luftmessstationen dienen normalerweise der Kontrolle der Luftqualität. Ihre Filter können aber auch für Biologen interessant sein. (c) Remar - fotolia.com
Das sind genetische Spuren, die Organismen etwa über Hautzellen oder Sporen an ihre Umgebung abgeben. Am Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) läuft derzeit ein Pilotprojekt zur Untersuchung dieser winzigen Erbgutschnipsel.
Die HLNUG-Experten verschiedener Fachrichtungen haben analysiert, ob das Sammeln von eDNA (environmental DNA/Umwelt-DNA) über die Filter von Luftmessstationen funktioniert. Diese dienen normalerweise dazu, den Feinstaub in der Luft zu sammeln und damit die Luftqualität zu beurteilen.
Projektkoordinator Simon Thorn zieht eine erste positive Bilanz. Es habe sich gezeigt, dass die gewählte Methode grundsätzlich dazu geeignet ist, DNA aus der Umwelt zu sammeln und zu analysieren. So passe beispielsweise die Lagerung der Filter, sagt der Biologe.
«Normalerweise würde man DNA oder Substrate, aus denen DNA extrahiert werden soll, mit reinem Alkohol oder unter Tiefkühltemperaturen lagern», erläutert Thorn. Die Filter aus den Luftmessstationen werden nur getrocknet. «Und es hat trotzdem noch funktioniert.»
Zwar haben die Wissenschaftler vorrangig die Methode getestet, erste inhaltliche Aussagen können sie jedoch auch treffen. «Man kann ganz grob sagen, dass rund ein Drittel der gesammelten Umwelt-DNA Pilzsporen sind», erklärt Thorn. Ein Viertel stamme von Gliedertieren und dabei größtenteils aus der Gruppe der Insekten. Zudem stamme ein weiteres Viertel von Wirbeltieren. Der Rest sei ein bunter Mix von weiteren Lebewesen.
Die Zuordnung der eDNA-Partikel erfolgt über Referenzdatenbanken, in denen das Erbgut vieler Pflanzen und Tiere hinterlegt ist. «Es gibt Gruppen, die gut erfasst und gut erforscht sind, zum Beispiel die Vögel», sagt Thorn. Dies gelte auch für Schmetterlingen und Käfer.
Das HLNUG hatte 112 Proben von Luftfiltern untersucht, die unterschiedlich alt sind, von mehreren Standorten stammen und aus unterschiedlichem Filtermaterial bestehen. «Das ist schon eine absolut tolle Methode, weil man es gut standardisieren kann», bekräftigt Thorn. Zudem verbessere sich die Technik dahinter rasend schnell und die Luftmessstationen seien als Materialsammler bereits verfügbar.
Der Wissenschaftler erhofft sich von der Untersuchung der eDNA unter anderem «Hinweise auf Arten oder Zusammenhänge, die wir vielleicht bisher übersehen haben». Als Beispiel nannte er eine Studie, bei der eDNA aus Wasser gefiltert und so nach dem seltenen Schlammpeitzger gesucht wurde. Nach dem Massenscreening seien die Gewässer mit positiven Befunden gezielt auf die Fischart kontrolliert worden. «Und tatsächlich hat man so neue Vorkommen gefunden.»