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07.01.2016 | 15:55 | Halsbandsittiche 
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Wilde Papageien im Winter in Wiesbaden

Wiesbaden - Mit ihrem leuchtend grünen Gefieder und prägnanten Geschrei gehören die exotischen Halsbandsittiche in Wiesbaden fest zum Stadtbild.

Eingewanderte Arten
Der deutsche Winter stört die freilebenden Halsbandsittiche in Wiesbaden offenbar kaum - Hauptsache, es gibt genug zu fressen. Dank der Parks in der Kurstadt mit vielen exotischen Bäumen haben die grünen Schreihälse das ganze Jahr über etwas zu knabbern. (c) proplanta
Ob tagsüber in den Parks des Biebricher Schlosses und rund um das Kurhaus in der Innenstadt - oder in der Dämmerung beim lautstarken Anflug auf die Schlafbäume auf einem Supermarkt-Parkplatz.

Inzwischen leben rund 3.000 Halsbandsittiche und mehrere Hundert der etwas größeren Alexandersittiche in der Kurstadt, wie der Hobby-Ornithologe Detlev Franz schätzt. Auch bei niedrigen Temperaturen sind die Papageien rege unterwegs, in wenigen Wochen beginnt bereits die nächste Brutsaison.

«Winter ist nicht so ein Riesenproblem, so lange sie genügend zu fressen haben», erklärt der Experte. Daher sei ihre Verbreitung grundsätzlich davon abhängig, ob es Parks mit exotischen Bäumen und Sträuchern gibt, die den Vögeln das ganze Jahr über Früchte oder Blätter bieten. Nach einem strengen Winter sei allerdings die Brut nicht so erfolgreich.

Jahrzehntelangen Beobachtungen zufolge wächst die Wiesbadener Halsbandsittich-Population von Jahr zu Jahr um etwa 15 Prozent, wie Franz erklärt. Immer wieder machen sich Grüppchen auf, um neue Lebensräume zu erobern. So sind - vermutlich von Wiesbaden aus - inzwischen unter anderem auch Mainz, Ingelheim, Flörsheim und Frankfurt am Main von den Sittichen besiedelt.

Bundesweit lebt Psittacula krameri in mehr als zwei Dutzend Städten - vor allem in der Rhein-Main-Region und im Rheinland, wie es in einem Papier des Bundesamtes für Naturschutz heißt. Von der Behörde wird der Halsbandsittich als «potenziell invasiv» eingestuft. Das bedeutet, dass Experten beobachten, ob der Vogel womöglich den Bestand alteingesessener Arten gefährdet. Es beständen Wissenslücken und Forschungsbedarf, heißt es.

In Wiesbaden steht Detlev Franz mit seinem Fernglas in der Dämmerung am Rande eines großen Supermarkt-Parkplatzes: Er zählt die Vögel, die erst quer über eine vielbefahrene Kreuzung sausen und dann unter lautem Gezeter auf einem der Schlafbäume landen. Eine ganze Weile ist das Geschrei noch zu hören.

Das gemeinsame Übernachten bietet für die Vögel eine ganze Reihe von Vorteilen. Zunächst schützt die Gruppe den Einzelnen vor Angreifern wie etwa Raubvögeln. Zudem ist der allabendliche Treff ein Hochzeitsmarkt und gut für den Austausch von Informationen, beispielsweise über gute Futterplätze, wie Franz sagt. Wie die Halsbandsittiche 1975 nach Wiesbaden gekommen sind, dazu gebe es mindestens drei Versionen. «Allen gemeinsam ist, dass die Vögel aus Gefangenschaft stammen, entweder von Zoohändlern oder aus Einzelhaltung.»

Dass die Papageien anderen, alteingesessenen Vögeln die Brutplätze wegnehmen - diesen Vorwurf lässt Franz nicht gelten. Beispielsweise bevorzuge der Halsbandsittich beim Höhleneingang eine durchschnittliche Größe von viereinhalb Zentimetern. «Dohlen beispielsweise brauchen Höhlen mit einem Durchmesser von acht mal zwölf Zentimetern», erklärt Franz. Es sei vielmehr so, dass den Halsbandsittichen die Höhlen abspenstig gemacht würden - und zwar von den größeren Alexandersittichen.

Als in Heidelberg mal ein Brutbaum an einer Schule gefällt werden musste, ließ eine Lehrerin den Stamm extra in kleine Scheiben schneiden, wie der Ornithologe berichtet. «Dabei kam ans Licht, dass die Höhle dreieinhalb Meter in den Stamm reichte.»

Auf dem Wiesbadener Supermarkt-Parkplatz können sich nicht alle über die Sittiche freuen. Einmal im Monat ist hier ein großer Flohmarkt und einige Standbetreiber bauen ihre Waren schon einen Abend vorher auf. Unter bestimmten Bäumen waren die Tische am Morgen mit weiß-grauen Häufchen übersät. Sogar mit Böllern versuchten die Händler deshalb, die Tiere zu vertreiben. Vergeblich. Inzwischen wurden aus einigen Bäumen die Kronen herausgeschnitten. Dem allabendlichen Treff tat dies allerdings keinen Abbruch.
dpa
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Kommentare 
cource schrieb am 07.01.2016 17:26 Uhrzustimmen(204) widersprechen(269)
im Kölner Friedhof hab ich auch schon im Winter die Schreie von Papageien gehört.
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