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10.02.2019 | 08:07 | Luftverschmutzung 

Kein deutsches Phänomen: Metropolen weltweit kämpfen mit schlechter Luft

Berlin - Beim Thema Luftverschmutzung stehen deutsche Städte im globalen Vergleich nicht allzu schlecht da.

Miese Luft
Mit Fahrverboten wollen deutsche Gerichte der schlechten Stadtluft den Garaus machen. Nun tobt die Diskussion, ob so drastische Maßnahmen nötig sind. Doch wie sieht es eigentlich in anderen globalen Metropolen aus? (c) proplanta
Probleme mit schädlichen Abgasen gibt es in anderen Metropolen zuhauf - teilweise in ganz anderen Dimensionen. Ein Blick auf die Weltkarte.

Europa



Athen: In der griechischen Hauptstadt war dicke Luft in den 80er Jahren ein enormes Problem. Schon damals wurde der Verkehr beschränkt. Im Wechsel durften nur Autos mit geraden oder ungeraden Nummernschildern fahren.

Besserung trat mit der Einführung des griechischen TÜV und mit den Olympischen Spielen 2004 ein, als Industriebetriebe aufs Land verbannt wurden. Heute lässt es sich in Athen vergleichsweise gut atmen; ein Problem ist jedoch seit Beginn der Finanzkrise das Heizverhalten der Menschen. Weil viele kein Geld für Heizöl haben, verbrennen sie in ihren Kaminen alles Mögliche, so dass die Grenzwerte im Winter immer wieder überschritten werden.

Für London sind die schlimmsten Zeiten lange vorbei. Im Great Smog von 1952 konnte man teilweise die Hand vor Augen nicht mehr sehen. Innerhalb von nur fünf Tagen starben damals geschätzt 4.000 Londoner, weil sie keine Luft mehr bekamen. Doch auch heute geht die Stadtverwaltung von mehreren Tausend vorzeitigen Todesfällen pro Jahr wegen Luftverschmutzung aus. Die EU-Grenzwerte für Stickoxide und Feinstaub werden besonders in der City teils deutlich überschritten.

Ab April 2019 gilt in London eine neue Umweltzone für mehrere Innenstadtbereiche, die «Ultra Low Emission Zone». Autofahrer, deren Fahrzeuge den Vorgaben nicht entsprechen, müssen 12,50 Pfund (rund 14 Euro) Maut pro Tag bezahlen. Bis Oktober 2021 soll sie auf beinahe das gesamte Stadtgebiet ausgeweitet werden.

Ältere Diesel- und Benziner müssen bereits seit 2017 eine Zusatzgebühr zur Innenstadtmaut entrichten. Seit 2018 werden keine Taxi-Lizenzen mehr für Dieselfahrzeuge ausgegeben. Neue Taxis müssen mindestens mit Hybridmotor ausgestattet sein. Noch in diesem Jahr sollen zudem alle Doppeldeckerbusse in der Innenstadt auf Hybrid umgestellt werden.

Moskau: Wenn es in der russischen Hauptstadt regnet oder stürmt, können die Moskauer aufatmen: Dann ist die Luft am saubersten. Doch gerade im Winter bei viel Schnee wird es eng auf den Straßen: Kilometerlange Staus quälen sich durch die Zwölf-Millionen-Stadt. Dann schlagen die Messstationen von Greenpeace Alarm: Im Januar wurde an manchen Tagen mehr als 100 Mikrogramm Stickstoffdioxid (NO2) pro Kubikmeter Luft gemessen. Der EU-Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm.

Die Stadt und Bürgerinitiativen möchten deshalb möglichst viele Einwohner zum Umstieg aufs Fahrrad und auf die Metro bewegen. Auf manchen Straßen in der Innenstadt gelten für besonders schmutzige Lastwagen und Bussen Einschränkungen. Für alle Neuwagen sowie für alle aus dem Ausland importierte Gebrauchtfahrzeuge gilt Euro 5 als Pflicht.

Paris: Die stark belastete französische Hauptstadt geht seit langem gegen «dicke Luft» vor. Regelungen im Kampf gegen Abgase sind streng, Schadstoff-Plaketten für Autos Pflicht. Dieselautos mit Erstzulassung vor 2001 und Benziner mit Baujahr vor 1997 dürfen in der Woche tagsüber nicht mehr überall fahren. Ab Mitte des Jahres werden die Regeln strenger: Dann dürfen die alten Autos grundsätzlich gar nicht mehr das vom äußeren Autobahnring umschlossene Gebiet fahren.

Paris baut zudem vor der Stadt große Parkplätze, damit Pendler mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Stadt fahren. Auf längere Sicht gehen die Pläne von Bürgermeisterin Anne Hidalgo noch weiter. So soll das historische Zentrum in einen Fußgängerbereich umgewandelt werden.

Der - bisher nicht konkretisierte - Plan betrifft die ersten vier Arrondissements - in diesen Bezirken liegen berühmte Touristenattraktionen wie die Kathedrale Notre-Dame, das Louvre-Museum, das Centre Pompidou oder die malerischen Seine-Inseln Île de la Cité und Île Saint Louis.

In Rom brummt der Verkehr - doch dort ist die Luft oft gar nicht so schlecht wie in anderen Städten. Turin oder Mailand, aber auch Padua und Brescia stehen stets weit oben auf den Listen, wenn es um Überschreitungen von Schadstoff-Grenzwerten geht.

Aus Sicht des Umweltverbands Legambiente ist die Umweltverschmutzung «außer Kontrolle» geraten: In 55 Provinzhauptstädten Italiens sind demnach 2018 Grenzwerte für Feinstaub und Ozon an vielen Tagen überschritten worden. Grund dafür sieht der Verband etwa in fehlenden Plänen für den Ausbau des Nahverkehrs.

Für Fahrten in Stadtzentren gibt es in Italien vielfach klare Regeln. In Rom müssen Anwohner etwa eine Genehmigung dafür kaufen. Einmal im Monat gönnt die Stadtverwaltung den Bewohnern einen «grünen Sonntag». Dann müssen in zwei Zeitfenstern Dieselwagen und Benziner stehen bleiben.

Sofia: Heizen mit Kohle, Holz oder Autoreifen, qualmende Auspuffe alter Autos und schier endlose Staus: In der Balkanmetropole ist die Luftqualität oft schlecht. So übertraf der Feinstaubgehalt der Luft in Bulgariens Hauptstadt am 3. Dezember 2018 den Grenzwert bis um das Zwölffache - gemessen wurden Werte von 600 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter.

Die Kessellage sowie Hauptverkehrsadern quer durch die Innenstadt verstärken die Luftverschmutzung noch. An kritischen Tagen gab es 2018 erstmals ein billiges «grünes Ticket» für den Nahverkehr. Ein Fahrverbot wird nicht erwogen.
dpa
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