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11.09.2008 | 08:37 | Pilotprojekt WAgriCo 

Grundwasserschutz: Beratung und Geld für Landwirte muss sein

Norden  - Mehr als 50 Landwirte in Niedersachsen haben sie erprobt, für gut befunden oder auch verworfen: Es geht um ganz konkrete Projekte zum Gewässerschutz.

WagriCo - Projekte zum Gewässerschutz
(c) Wagrico
Die Projekte zum Schutz des Grundwassers und der niedersächsischen Flüsse, Bäche und Seen wurden die in den vergangenen drei Jahren im Rahmen eines europäischen Pilotprojekts in Niedersachsen ausprobiert. Diejenigen Projekte, die den Stempel "alltagstauglich" bekamen, werden nun für die Umsetzung in ganz Europa empfohlen.

"Erprobt in Niedersachsen - praxistauglich für ganz Europa" - auf diese Kurzformel lässt sich deshalb das europäische Projekt "WAgriCo" bringen. WAgriCo steht für "Water Resources Management in Cooperation with Agriculture” (Wasserressourcenbewirtschaftung in Kooperation mit der Landwirtschaft). Der NLWKN (Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz) hatte die Federführung in diesem von der Europäischen Union co-finanzierten Projekt, das große Bedeutung für die Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie hat.

Jetzt geht das Projekt nach drei Jahren Laufzeit zu Ende und die praktischen Vorschläge für Gewässerschutzmaßnahmen standen im Mittelpunkt eines internationalen Workshops: Zum Abschluss des Projektes trafen sich mehr als 80 Vertreter der niedersächsischen und britischen Wasserwirtschaft, Landwirtschaft und Forschung mit weiteren Gästen aus dem In- und Ausland am 9. und 10. September 2008 in Sulingen.

Die Erfahrungen aus drei Jahren Projektarbeit haben deutlich gemacht, dass der aktive Wasserschutz in der Landwirtschaft ohne eine exzellente fachliche Beratung nicht funktioniert. "Beratung schärft das Bewusstsein der Landwirte", so bringt es Stefan-Robert Heinrich aus der Direktion des NLWKN auf den Punkt.

Doch Beratung allein reicht nicht: Auch eine angemessene Entschädigung für die am Gewässerschutz beteiligten Landwirte müsse sein – sonst werde es keinen funktionierenden Grundwasserschutz geben. Die Lehre aus dem WAgriCo-Projekt: "Das Ziel sollte eine ergebnisorientierte Honorierung sein: Je weniger Nitrat im Grundwasser, desto höher die Entschädigung", sagte Heinrich.

 "Alltagstaugliche Lösungsansätze" - das ist zum Beispiel der Anbau von Zwischenfrüchten in der Landwirtschaft, um damit löslichen Bodenstickstoff vor einer winterlichen Auswaschung zu schützen. "Alltagstauglich" - das sind speziell entwickelte Landmaschinen, die dafür sorgen, dass der Dünger direkt in der Wurzel der Pflanze ankommt und nicht ungenutzt im Grundwasser landet. "Alltagstauglich" - das ist schlicht die Empfehlung, die landwirtschaftlichen Flächen im Herbst so wenig wie möglich zu bearbeiten.

Die Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft beim Grundwasserschutz ist deshalb besonders wichtig, weil Niedersachsen das Agrarland Nummer 1 innerhalb der Bundesrepublik ist und deshalb alles daran gesetzt werden muss, um die Dünge- und Pflanzenschutzmittelwirkstoffe in den Gewässern zu reduzieren. "Mit der Entwicklung effizienter und praxistauglicher Maßnahmen legen wir den Grundstock für nationale und europäische Lösungswege, um die ehrgeizigen Ziele der EG-Wasserrahmenrichtlinie auch zu erreichen, nämlich eine deutliche Verbesserung der Qualität und Quantität der Gewässer", betonen die Experten vom NLWKN.

52 Landwirte haben sich in den drei niedersächsischen Pilotgebieten rund um Lüneburg, Cloppenburg und Sulingen beteiligt und ihre Betriebe für die Erprobung von Maßnahmen zur Verfügung gestellt. Einer von ihnen ist Hinrich Heimsoth in Borwede (Landkreis Diepholz); er betreibt einen Ackerbaubetrieb. Insgesamt wurden in den vergangenen drei Jahren Projekte zum Schutz der Gewässer auf mehr als 6000 landwirtschaftliche Flächen in Niedersachsen erprobt.

Und wie geht es jetzt weiter? Die wichtigsten Ergebnisse aus dem Projekt werden als Kernbotschaften in die Diskussionsprozesse zur Programmierung von Agrarumweltprogrammen auf Bundes- und EU-Ebene eingebracht.


Kurzbeschreibung: WAgriCo
 
WAgriCo ist das Kürzel für "Water Resources Management in Cooperation with Agriculture” und steht für Wasserressourcenbewirtschaftung in Kooperation mit der Landwirtschaft.

Das Projekt hat direkt zu tun mit der Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL). Die Europäische Union hat mit der Wasserrahmenrichtlinie festgelegt, dass die Gewässer (Flüsse, Seen, Übergangs- und Küstengewässer sowie das Grundwasser) zu schützen, in ihrem Zustand zu verbessern und gegebenenfalls zu sanieren sind mit dem Ziel, nach 15 Jahren einen guten Zustand zu erreichen.

Die EU-Kommission fördert deshalb ein internationales Vorhaben zur Senkung diffuser Gewässerbelastungen aus der Landwirtschaft. Der NLWKN (Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz) hatte das Projekt beantragt – für die Projektlaufzeit bis zum Herbst 2008 stehen sieben Millionen Euro zur Verfügung. Die EU bewilligte rund 3,5 Millionen Euro; das Land Niedersachsen gibt eine Million Euro; den Rest tragen die Projektpartner. Die Projektleitung und die Projektverantwortung liegen beim NLWKN.

Niedersachsen ist das Agrarland Nummer 1 innerhalb der Bundesrepublik. Es wird ohne Frage seine landwirtschaftliche Prägung erhalten. Daher arbeitet die Wasserwirtschaft traditionell eng mit der Land- und Forstwirtschaft zusammen. Bei fast allem, was zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie unternommen werden muss, sind die Bewirtschafter unserer Kulturlandschaft in der einen oder anderen Weise betroffen. Dies gilt zum einen für die Struktur der Oberflächengewässer, die überwiegend durch land- und forstwirtschaftliche Flächen begrenzt werden und zum anderen für den diffusen Eintrag von Nährstoffen in das Grundwasser. Deshalb ist für den NLWKN gerade hier der Dialog mit den Land- und Forstwirten besonders wichtig. Es wird notwendig sein, gemeinsam eine weitere Optimierung von Agrarumweltmaßnahmen zu erreichen.

Ziel des EU-Projektes ist es, in der Praxis zu demonstrieren, wie die Belastung der Gewässer weiter reduziert werden kann -– Grundwasserbelastungen mit Dünge- und Pflanzenschutzmittelwirkstoffen stellen hierbei das Schwerpunktthema dar, mit dem sich der NLWKN beschäftigt. Dabei gibt es - wie bereits erfolgreich bei den Trinkwasserschutzkooperationen praktiziert - eine enge Abstimmung mit der Landwirtschaft. Mit dem EU-Projekt leistet der NLWKN ein Stück weit Pionierarbeit: Denn am Ende der dreijährigen Laufzeit - also im Herbst 2008 - stehen Projektvorschläge, die gemeinsam mit Landwirten in der Praxis erprobt wurden. Das ist für Niedersachsen besonders wichtig. Die Vorschläge wiederum münden in Maßnahmenprogramme, die laut EG-WRRL ab 2010 von den Mitgliedstaaten umzusetzen sind.

Konkret bedeutet das: Es wird geprüft, ob sich die für Wasserschutzgebiete bereits entwickelten Gewässerschutzprojekte großflächig umsetzen lassen. Eine wissenschaftliche Begleituntersuchung hilft die Frage klären, ob die Maßnahmen ökologisch und ökonomisch auch für diesen Zweck sinnvoll sind.

An dem europäischen Projekt sind fünf englische Organisationen aus Wasserwirtschaft und Landwirtschaft beteiligt (Wessex Water Services Limited, UK Water Industry Research, National Farmers Union, ADAS UK Ltd., Environment Agency). Das britische Landwirtschaftsministerium steuert rund 462.000 Euro zu den Projektkosten bei. Auf deutscher Seite beteiligen sich neben dem NLWKN die Landwirtschaftskammer Niedersachsen, das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie, das Forschungszentrum Jülich und die Forschungsanstalt für Landwirtschaft (heute: von-Thünen-Institut). Das niedersächsische Pilotgebiet erstreckt sich über drei für Niedersachsen repräsentative Gebiete rund um Sulingen, Lüneburg und Cloppenburg mit mehr als 300.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche. Eine ähnliche Flächenaufteilung weisen die Pilotgebiete in Großbritannien auf. (PD)
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