Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
15.04.2009 | 16:22 | Verbraucherverhalten 

Regionale Produkte unökologisch? Vorteile jenseits der Klimabilanz beachten

Bonn - Wer sich als Verbraucher besonders umweltbewusst verhalten will, achtet bislang beim Einkauf darauf, möglichst nach Produkten aus der Region zu greifen.

Regionale Produkte
(c) proplanta
Diese haben nämlich keine langen Transportwege hinter sich und demzufolge wird weniger Energie zu deren Herstellung verbraucht. Schlagzeilen haben allerdings kürzlich die Ergebnisse einer Pilotstudie des Öko-Instituts in Freiburg gemacht: Danach sollen spätestens ab Mai viele weit gereiste Äpfel in der Klimabilanz besser abschneiden als lokale Sorten. Die Forscher begründeten dies mit der Tatsache, dass Äpfel, die den ganzen Winter über in Kühlhäusern gelagert würden, mehr Energie verbrauchen können als der Transport per Schiff.

Doch bei dieser Bewertung ist Vorsicht geboten. Ganz anders sehe die Bilanz aus, wenn der Transport nicht per Schiff, sondern per Flugzeug erfolge - was meist der Fall ist bei besonders schnell verderblicher Ware wie beispielsweise Mango oder auch Fisch. Sicher erfordern auch die hiesigen Produktionsmethoden einen oftmals nicht geringen Aufwand an Energie.

Dennoch besteht kein Anlass von regionalen Produkte abzuraten. Denn wenn regionale Produkte erst einmal weniger nachgefragt werden, erlahmt auch deren Anbau. Dies kann zur Folge haben, dass die Vielfalt der Kultursorten hierzulande weiter schrumpft, weil es sich für die regionalen Landwirte nicht mehr lohnt, Äpfel in Konkurrenz zum Angebot aus Übersee anzubauen. Besonders unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung der Artenvielfalt ist es wünschenswert, wenn mehr, statt weniger regionale Produkte nachgefragt würden. Beispielsweise alte Obstsorten, die auf Streuobstwiesen wachsen. Das kann einen erheblichen Beitrag dazu leisten, einmalige artenreiche Kulturlandschaften in Deutschland zu fördern.

Ein weiterer Aspekt ist der hohe Wasserverbrauch. Durch riesige Gewächshausanlagen in Südamerika, Asien oder Afrika ist die Wasserbilanz für die umliegenden Kleinbauern häufig so negativ, dass diese um ihre Existenz kämpfen müssen. Ein dritter Aspekt jenseits der Klimabilanz sind die Arbeitsbedingungen, die häufig in den Großplantagen nicht annähernd den hiesigen Standards entsprechen: geringe Löhne, wenig Freizeit und teilweise hohe Belastungen durch den Umgang mit Pflanzenschutzmitteln. FairTrade-Produkte einmal ausgenommen. All das sollte bei der Kaufentscheidung mit berücksichtigt werden, wenn man beim Einkauf zwischen regionalen Produkten und Waren aus Übersee entscheiden kann. (aid)


Ergänzung: Die oben erwähnte Pilotstudie wurde nicht vom Öko-Institut durchgeführt. Hierzu eine Stellungnahme des Öko-Instituts:

"Es ist zwar richtig, dass mit dem Schiff aus Übersee antransportierte Äpfel im Frühjahr eine etwas bessere Klimabilanz haben können als einheimische Äpfel, die bis dahin in Kühlhäusern gelagert wurden. Hierzu hat das Öko-Institut aber bisher keine Studie gemacht. In dem zitierten Pilotprojekt haben wir für verschiedene Produkte jeweils einen PCF (Product Carbon Footprint) berechnet, Äpfel waren hier jedoch nicht dabei (weitere Infos hierzu unter www.pcf-projekt.de)."
 
Zu den grundsätzlichen Ausführungen der Meldung, wonach kein Anlass besteht, von regionalen Produkten abzuraten, schreibt das Öko-Institut:

"Diese Aussage unterstützen wir natürlich!!! Der PCF ist ein Instrument, um die wesentlichen klimaschädlichen Lebensabschnitte eines Produktes zu identifizieren und anschließend optimieren zu können. Weitere Aspekte, wie z. B. Biodiversität, Unterstützung der regionalen Landwirtschaft, artgerechte Tierhaltung etc. sind natürlich ebenso wichtig und sollten daher immer mitberücksichtigt werden!"
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Kommentierte Artikel

 Jäger sehen dringenden Handlungsbedarf bei Umgang mit Wölfen

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet