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23.02.2013 | 06:15 | Ölkatastrophe 

BP erneut vor US-Gericht

London / New Orleans - Als sich BP vor knapp einem Jahr mit Tausenden privater Kläger über Entschädigungen für die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko einigte, glich New Orleans einem Heerlager.

Ölverschmutzung
(c) mystock - fotolia.com
Ganze Scharen von Medienvertretern und Hunderte Anwälte bevölkerten wochenlang die Stadt im US-Bundesstaat Louisiana. Am Montag (25. Februar) beginnt dort der nächste Mammutprozess in Sachen BP. Diesmal ist der Gegner des britischen Ölkonzerns die USA. Die Bundesregierung in Washington und fünf Bundesstaaten wollen Geld - es geht um Milliarden US-Dollar.

In der BP-Chefetage ist man bereit, wegen Verstößen gegen das US-Gesetz zur Wasserreinhaltung bis zu rund fünf Milliarden Dollar zu zahlen. Die US-Regierung will bis zu 21 Milliarden Dollar haben. Der vor dem Prozess öffentlich angeschlagene Ton lässt ein zähes Ringen erwarten. BP spricht ungewöhnlich offen von «aufgeblasenen» Angaben der US-Regierung und deren «exzessiven Forderungen». Abseits des Säbelrasselns dreht sich während des monatelangen juristischen Geschachers unter dem Vorsitz von Richter Carl Barbier alles vor allem um einen rechtlich relevanten Begriff: «grobe Fahrlässigkeit».

Wenn BP nachgewiesen werden kann, dass bei den Bohrarbeiten auf der Plattform «Deepwater Horizon» grob fahrlässig gehandelt wurde, dann müssen die Briten laut US-Gesetz («Cleanwater Act») bis zu 4.300 Dollar für jedes ausgelaufene Barrel Rohöl auf den Tisch legen. Wäre die grobe Fahrlässigkeit nicht gegeben, würde der Satz deutlich unter der 2.000-Dollar-Grenze liegen.

«BP wird sich energisch gegen den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit wehren», ließ der Chef des BP-Anwaltsteams, Rupert Bondy, am Dienstag wissen. «Grobe Fahrlässigkeit ist eine sehr hohe Hürde, von der BP glaubt, dass sie in diesem Fall nicht genommen werden kann», sagte er.

Strittig unter den Prozessparteien ist auch die Menge des ausgelaufenen Öls, über die von September an verhandelt werden soll. Die Kläger gehen bisher davon aus, dass nach der Explosion mit elf toten Arbeitern im April 2010 an 87 Tagen rund 4,9 Millionen Barrel (zu je 159 Liter) Öl in den Golf von Mexiko strömten. BP bestreitet diese Menge. «Wir glauben, dass diese Schätzung um mindestens 20 Prozent übertrieben ist», sagte Bondy. Er geht von höchstens 3,1 Millionen Barrel aus. «Diese Dinge sind technisch extrem kompliziert und es ist noch viel Analysearbeit zu tun», betonte er.

Einen ersten Etappensieg konnte BP im Vorfeld des Prozesses bereits verzeichnen. 810.000 Barrel, die zwar ins Meer liefen aber wieder aufgefangen wurden, kommen nicht in die Zählung. Für BP ist allein diese Feststellung des Gerichts schon gute drei Milliarden Dollar wert.

BP hat sich nach eigenen Angaben bisher auf die Zahlung von insgesamt rund 38 Milliarden US-Dollar für die größte Ölkatastrophe in der US-Geschichte verpflichtet - 23 Milliarden davon sind bereits ausbezahlt. Auf 4,5 Milliarden Dollar belaufen sich alleine die strafrechtlichen Verpflichtungen - BP hatte sich unter anderem des Totschlags für schuldig erklärt. 8,5 Milliarden Dollar bekommen private Kläger und Geschäftsleute für ihre Ausfälle - der Großteil dieser Summe geht an die Fischereibranche. «Wir haben gezeigt, dass wir einigungsfähig sind», heißt es bei BP. Dies müsse auch bei der Bemessung der Schadenersatzansprüche berücksichtigt werden.

Insgesamt rechnet BP bisher mit 42 Milliarden US-Dollar an Kosten für die Ölkatastrophe - nach Meinung von Beobachtern eine sehr konservative Schätzung. Der Konzern hat in den vergangenen knapp drei Jahren auch wirtschaftlich massiv gelitten. Konzernchef Tony Haywards musste wegen mangelhaften Krisenmanagements seinen Hut nehmen - und wurde durch den US-Amerikaner Bob Dudley ersetzt. Der reformierte das Sicherheitskonzept und stellte Unternehmensteile im Wert von mehr als 30 Milliarden Dollar zum Verkauf, um die Kosten für das Desaster zu refinanzieren. Phasenweise rutsche BP in die Verlustzone. Alleine im vergangenen Jahr musste BP fünf Milliarden US-Dollar abschreiben. (dpa)
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