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14.01.2014 | 11:05 | Aroma-Streit 

Wenige Firmen wagen Machtkampf mit Stiftung Warentest

München / Berlin - Der Streit zwischen dem Schokoladenhersteller Ritter Sport und der Stiftung Warentest wird von vielen Firmen in Deutschland aufmerksam verfolgt.

Nuss-Schokolade
(c) proplanta
Auf den ersten Blick geht es zwar nur um einen winzigen Tropfen Vanillearoma in einer Nuss-Schokolade von Ritter Sport - und um die Frage, ob dieses künstlich oder chemisch ist. Dahinter aber steckt viel mehr.

Für Ritter Sport hat sich die Auseinandersetzung mit der mächtigen Verbraucherschutzorganisation erstmal gelohnt: Das Landgericht München verbot der Stiftung Warentest am Montag unter Androhung einer Strafe von 250.000 Euro die kritische Bewertung einer Vollmilch-Nuss-Schokolade. In der Urteilsbegründung äußerte das Gericht Zweifel daran, dass der Test fair abgelaufen sei. Die Note fünf im Zeugnis wurde wegradiert.

Ein solcher Erfolg gegen die Stiftung Warentest ist aber die große Ausnahme. Seit 50 Jahren zittern die Hersteller von Kindersitzen, Sonnencremes oder Fahrradhelmen vor der Stiftung Warentest wie die Autofahrer vor dem TÜV. Anders als beim TÜV ist das Nachbessern von Fehlern bei einem vernichtenden Urteil der Stiftung Warentest aber schwierig. Der Imageschaden bei einer schlechten Bewertung ist sofort da und bleibt lange bestehen, auch wenn das Produkt überarbeitet wird.

Auf einen Gerichtsstreit mit der Stiftung Warentest lassen sich aber die wenigsten Firmen ein: Geht der Prozess verloren, wird die Firma erst recht durch den Kakao gezogen. Durchschnittlich ziehen nach Angaben von Stiftung Warentest nur vier bis fünf Firmen pro Jahr vor Gericht - bei 2.000 getesteten Produkten ist das ziemlich wenig. «Wir mussten noch nie Schadenersatz zahlen», betont eine Sprecherin.

Ob das so bleibt? Mit ihrem Schoko-Test einen Monat vor Weihnachten hatte die Stiftung Warentest am Firmensitz von Ritter Sport in Waldenbuch für ein kleines Erdbeben gesorgt. In der Voll-Nuss-Schokolade hatten die Prüfer das Vanillearoma Piperonal gefunden und dem Hersteller vorgeworfen, die Verbraucher in die Irre zu führen. Denn Ritter Sport wirbt seit Jahren damit, ausschließlich natürliche Aromen zu verwenden und kennzeichnet auch seine Tafeln so.

Piperonal aber werde künstlich hergestellt, urteilte die Stiftung Warentest. Firmenchef Alfred Ritter wies dies mit Empörung zurück und zog gegen die Stiftung Warentest vor Gericht. Piperonal komme unter anderem in Pflanzen und Dill vor und sei natürlich, beharrte Ritter Sport und verwies auf die Garantieerklärung des Herstellers Symrise, der das Aroma an Ritter Sport liefert.

Für die Süßwarenbranche war das negative Test-Urteil bereits der zweite Nackenschlag mitten in der wichtigen Weihnachtszeit. Erst ein Jahr zuvor hatte ein Test von Adventskalendern, in denen die Prüfer Rückstände von Mineralöl bemängelten, für empfindliche Umsatzeinbußen gesorgt. Dieser Veröffentlichungszeitpunkt in der Hochkonjunktur der Süßwarenbranche sei sicher kein Zufall, kritisiert Hans Strohmeier, Vorstandsvorsitzender des Süßwaren-Handelsverbands Sweets Global Network. Auch dass es einen der ganz Großen traf, überrascht ihn nicht. «Gerade mit den Angriffen gegen Markenhersteller versucht sich die Stiftung Warentest zu profilieren.»

Die Stiftung Warentest weist diesen Vorwurf zurück. Es gehe nicht darum, mit den Skandalen den Verkauf der Testzeitschriften zu fördern, sagt die Sprecherin. Der Löwenanteil der Exemplare gehe ohnehin an die Abonnenten: 400.000 an der Zahl. Hinzu kommen 60.000 Testhefte im Kioskverkauf. Mit den Einnahmen daraus finanziert sich die Stiftung zu 90 Prozent, den Rest steuere das Verbraucherschutzministerium bei.

Bei Ritter Sport herrscht seit dem Urteil aus München erstmal Erleichterung. Ausgestanden ist der Streit aber noch lange nicht: Die Stiftung Warentest will Berufung einlegen und sich in nächster Instanz nochmal ganz genau erklären lassen, woher das strittige Vanillearoma kommt. (dpa)
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