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28.06.2010 | 16:40 | Vortragsabend 

Gene: Werkmeister der Zukunft oder Sklaven der Vergangenheit - Können zu Lebzeiten erworbene Eigenschaften doch vererbt werden?

Dummerstorf - Einen spannenden Vortragabend rund um die alte Frage nach dem Ausmaß und die Vorbestimmung von Lebewesen durch Gene verspricht eine Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung.

DNA
(c) Remar - fotolia.com

Am kommenden Mittwoch, 30. Juni 2010, um 19. 00 Uhr (siehe TERMIN) wird Prof. Norbert Reinsch, Leiter des Forschungsbereiches „Genetik und Biometrie“ am Leibniz-Institut für Nutztierbiologie in Dummerstorf (FBN), der Frage nachgehen, ob der französische Gelehrte Jean Baptiste Lamarck (1744-1829) mit seiner Theorie möglicherweise doch Recht hat. Er vertrat die Ansicht, dass Eigenschaften, die sich ein Individuum zu Lebzeiten aneignet, auch an seine Nachkommen vererbt werden können. Die Lamarcksche Idee galt lange Zeit als wissenschaftlich unhaltbar und wurde damit verworfen. Prof. Norbert Reinsch arbeitet gegenwärtig an einem Projekt zur Bedeutung der „genomischen Prägung“ bei Nutztieren.

Alle Interessenten sind zu der kostenfreien Veranstaltung mit anschließender Diskussion im InterCityhotel Rostock recht herzlich eingeladen.

Genau ein halbes Jahrhundert, bevor der englische Naturforscher Charles Darwin (1809-1882) sein Hauptwerk „Über die Entstehung der Arten“ (1859) veröffentlichte, hatte sich bereits der französische Gelehrte Jean Baptiste Lamarck mit seinem berühmten Buch „Zoologische Philosophie“ (1909) zu Wort gemeldet.

In den 20er bis in die 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts tobte ein teilweise erbitterter Streit zwischen “Darwinisten” und “Lamarckisten”. Es ging dabei um die Frage, ob sich erworbene Eigenschaften vererben können bis hin zum politischen Anspruch, Natur und Gesellschaft nach Belieben formen zu können. Zu den bekanntesten Vertretern der Lamarckisten gehörten der Wiener Biologe Paul Kammerer (1880-1926) und der sowjetische Agronom Trofim Denissowitsch Lyssenko (1898-1976). Durch Protektion durch Stalin persönlich gelang es Lyssenko, Kritiker mundtot zu machen und sich erhebliche Ressourcen für die Forschung zu verschaffen. Der Begriff „Lyssenkoismus“ wurde fortan als Schlagwort für die Unterordnung wissenschaftlicher Erkenntnisse unter die Wunschvorstellungen der Politik gebraucht.

Paul Kammerer, der später nach Fälschungsvorwürfen Selbstmord beging, verband die Lamarckschen Ideen mit der Möglichkeit des Menschen, die Zukunft aktiv zu gestalten - als „Werkmeister der Zukunft“ - statt als „Sklaven der Vergangenheit“ dem Schicksal der Gene ausgeliefert zu sein.

Im Zusammenhang mit der modernen Erforschung so genannter epigenetischer Phänomene taucht der Begriff von der „Vererbung erworbener Eigenschaften“ wieder in öffentlichen und wissenschaftlichen Diskussion auf. Bei diesen Phänomenen handelt es sich um Aktivitätsveränderungen der Erbsubstanz, die durch Umwelteffekte ausgelöst werden, ohne dabei den Bestand der Gene zu verändern. Mögliche generationenübergreifende Effekte - etwa die Beeinflussung der Enkel durch die Ernährung der Großväter - werfen die Frage auf, ob wir nicht stärker als gedacht „Sklaven der Vergangenheit“ sind, statt „Werkmeister der Zukunft“ zu sein. (FBN)


Termin

Mittwoch, 30. Juni 2010, 19.00 Uhr
Rostock, InterCityhotel, Herweghstraße 51, 18055 Rostock (am Hauptbahnhof)

EPIGENETIK - Hatte Lamarck doch recht?
Prof. Norbert Reinsch, Leiter des Forschungsbereiches Genetik und Biometrie des Leibniz-Instituts für
Nutztierbiologie (FBN), Dummerstorf
Vortrag mit anschließender Diskussion

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