Auch die Mundart des gebürtigen Trierer Winzers Hans-Eduard Leiendecker, der prüfend durch die Reihen der Rebpflanzen schreitet, trägt dazu bei. Erst als die Mönche in ihren safranroten Roben des Weges kommen, wird klar, dass dies nicht Bernkastel, sondern Birma ist. Willkommen im - deutschen - Weinanbaugebiet des asiatischen Tropenstaates.
Aythaya Vineyards ist das «Baby» von Bert Morsbach, der vor Jahren im benachbarten Thailand Surfbretter bauen ließ und in Asien hängen geblieben ist. Vor fast zehn Jahren pachtete er das Land auf 1300 Metern Höhe am Inle-See rund zwei Flugstunden nördlich der Hafenstadt Rangun. Er experimentierte ein paar Jahre mit importierten Rebstöcken und immer mal wieder eingeflogenen Weinfachleuten aus Deutschland.
Seit zwei Jahren führt der in Bernkastel mehrfach ausgezeichnete Leiendecker den Betrieb. Er lässt heute rund 100 000 Flaschen im Jahr abfüllen. Die 2007 «Sauvignon Blanc»-Spätlese gilt als Durchbruch.
«Ein Wein, der den Vergleich mit guten Jahrgängen aus Europa, Chile oder Australien nicht scheuen muss», sagt Leiendecker. Die erstklassigen Hotels im Land haben den Aythaya-Wein im Sortiment.
Leiendecker lebt auf dem Weingut mit Restaurant. Die Terrasse mit Blick in die Weinberge wird gerade ausgebaut. «Wir brauchen mehr Platz für Hochzeiten und Firmenfeiern», sagt Leiendecker. Mehr Stühle müssen her und Geschirr. «Bei chinesischen Hochzeiten braucht man viele, viele Schälchen und einen Kellner für drei Tische. Bei birmanischen kann einer sieben Tische bedienen», sagt Leiendecker. Er lacht herzhaft. «Ich hätte mir vor zwei Jahren nicht träumen lassen, dass ich mir mal Gedanken über die Unterschiede zwischen chinesischen und birmanischen Hochzeiten machen würde.»
Das Weingut muss den heimischen Markt beackern, weil die Touristen ausbleiben. Der niedergeschlagene Mönchsaufstand im vergangenen Jahr und der verheerende
Zyklon Nargis haben Besucher
abgeschreckt. «Die Leute meinen, das ganze Land sei verwüstet», sagt Leiendecker genervt. Das Irrawaddy-Delta an der Küste wurde zwar zerstört, doch blieb der Großteil des Landes verschont. Das Weingut liegt nicht weit vom Inle-See, der mit seinen Dörfern und Hotels auf Stelzen früher tausende Touristen anzog. Heute sind viele Hotels geschlossen.
Leiendecker lässt heute vermehrt den lieblichen Rotwein »Kanbosa» abfüllen, vergleichbar mit dem in Deutschland populären «Edlen von Mornag» aus Tunesien, wie er sagt. «Man muss die Einheimischen erstmal langsam an den Wein heranführen», sagt er. Auf zwei Schemeln sitzen junge Frauen mit einer Holzschablone vor den Flaschen, um das Etikett punktgenau aufzukleben. «Alles Handarbeit hier», sagt Leiendecker. Der Betrieb beschäftigt inzwischen etwa 60 Leute.
Der
Winzer baut vor allem Chiraz und Sauvignon an. Im Oktober ist Rebschnitt, im April Ernte. Weil die Böden nicht so fruchtbar sind wie zu Hause und die Trauben in der Regenzeit zwischen Mai und Oktober nicht genügend Licht bekommen, ist der Ertrag geringer. «In Deutschland gibt es pro Hektar 10.000 bis 12.000 Liter, hier vielleicht 3.000», sagt Leiendecker.
Morsbach hat eine Reihe deutscher Investoren für sein Weinbauprojekt zusammengebracht. Die Frage, ob unter einem Militärregime überhaupt investiert werden soll, hört er oft. «Aber wir sind doch nicht wegen, sondern trotz des Regimes hier», sagt er.
Morsbach ist beeindruckt von den Menschen und meint, Sanktionen und Fernbleiben spiele den Militärherrschern nur in die Hände, weil die Bevölkerung dann abgeschottet wird. Leiendecker denkt auch so. Er fühlt sich wohl und will bleiben.
«Es ist wie Pionierarbeit, und man muss sich um alles kümmern», sagt er. Er baut gerade Ferienbungalows auf dem Grundstück, für Golfer und Wanderer zum Beispiel. Das einzige, was ihm fehlt: Käse. (dpa)