Die Liste der deutschen Weinbaugebiete ist seit Dienstag um das nördlichste Bundesland reicher. 25 Kilometer vom Ostseestrand entfernt, in Grebin bei Plön, ließ
Winzer Steffen Montigny am Dienstag die ersten 5300 Rebstöcke für professionellen Weinanbau im Land zwischen den Meeren pflanzen. Bisher gab es hier nur einige Mini-Hobby-Winzer. Wenn alles klappt, soll in der Holsteinischen Schweiz der erste «Nordwein» im Jahr 2011 abgefüllt werden.
Die Verschiebung der Anbaugrenze geht damit in Deutschland weiter, nachdem das Stargarder Land in Mecklenburg-Vorpommern und ein kleiner Weinbauer an der Elbe in Hamburg bislang als nördlichste Exoten galten. Der nördliche Nachbar Dänemark ist noch weiter, nämlich von der EU als Qualitätswein-Land anerkannt. Möglich machte den Aufstieg Schleswig-Holsteins zum Weinland das Bundesland Rheinland-Pfalz, das Pflanzrechte für zehn Hektar abtrat.
Zum Vergleich: Rheinhessen als Nr.1-Region in Deutschland hat mehr als 26.000 Hektar. «Schleswig-Holsteinischer Landwein» kommt künftig aus dem Norden - das ist immerhin eine Qualitätsstufe höher als Tafelwein. Alle Anforderungen an Temperatur, Sonnenscheindauer (wie im Rheingau) und Regenmenge sind erfüllt. Folglich ist der Anspruch der Winzer-Pioniere aus dem Norden durchaus hoch: Kein billiges «Ackergold» wollen sie erzeugen, sondern Wein beachtlicher Qualität.
Weder
Riesling noch Gutedel oder Grauburgunder sollen zwischen Ostseeküste und Plöner See gedeihen - Solaris, Johanniter, Felicia und Muscaris heißen die Exoten, die Winzer Montigny aus der mehr als 100 Rebsorten umfassenden deutschen Weißwein-Liste für sein zwei Hektar großes Mini-Gut ausgewählt hat. «Das sind pilzresistente Sorten, eher frühreif und gut geeignet für den Standort», sagt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut in Mainz. «Mit Sicherheit kann man dort Weine von gutem Niveau produzieren.» Wenn es im Norden zu Scholle, Dorsch oder Zander also ein heimisches Getränk sein soll, muss es künftig nicht mehr nur Bier aus Flensburg oder Dithmarschen sein.
Schon vor mehr als einem halben Jahrtausend hatte eine Wärmeperiode Weinanbau im Ostseeraum ermöglicht, bevor es zu kalt wurde. «Wir haben heute in Deutschland 100.000 Hektar, einst waren es dreimal so viel», sagt Büscher. Nun lässt die globale Erwärmung wieder mehr zu. «In den letzten 20 Jahren ist es in den deutschen Weinbaugebieten um ein Grad wärmer geworden», sagt Büscher. Aus weinbaulicher Sicht sei Deutschland zumindest zurzeit ein Gewinner des Klimawandels.
Noch sind die Anbau-Genehmigungen vorläufig - endgültig werden sie Ende des Monats mit Veröffentlichung im Gesetzblatt. Die Zahl der Genehmigungen kann sich noch auf sieben erhöhen. Erst vor einem Monat hatte das Kabinett von Ministerpräsident und Württemberger-Liebhaber Peter Harry Carstensen (
CDU) eine Weinbauverordnung beschlossen. (dpa)