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20.08.2007 | 06:35

Weinverschlüsse: Korken für Rot - Kunststoff für Weiß?

Hamburg/Geisenheim - «Den idealen Weinverschluss gibt es nicht», sagt Rainer Jung von der Wein-Forschungsanstalt Geisenheim in Hessen.

Korken
(c) proplanta
Trotz verbesserter Naturkorken und der Konkurrenz durch Kunststoffstopfen, Schraub- und neuerdings Glasverschlüsse «haben die Reklamationen nicht abgenommen», berichtet der Wissenschaftler in einem Pressegespräch. Ein Grund dafür sei auch die Verbesserung der Weine: «Unsere Weißweine sind filigraner und sauberer geworden, da schmeckt man Fehltöne viel leichter.»

Der Experte für Kellerwirtschaft kann dem Verbraucher nur allgemeine Leitlinien geben: Naturkorken aus einem Stück seien für länger reifende Rotweine zu bevorzugen. Kunststoffstopfen, Schraubverschlüsse oder Glasstopfen sind bei bis zu zwei Jahre alten Weißweinen meist problemlos - «abgesehen von der ästhetischen und psychologischen Frage». Nach zwei bis drei Jahren droht die Oxidation, weil die Kunststopfen nicht so dicht sind wie Naturkork.

«Aber es gibt auch Korkgeschmack bei Kunststoffstopfen», sagt Jung. «Mufftöne werden auch von Kunststoff aufgenommen.» Nach Ansicht des Wissenschaftlers war der Naturkork lange Zeit ein einfacher Sündenbock - auch für Probleme der Weine selbst, im Abfüllbereich, bei der Lagerung oder während des Transports.

Nun gebe es «deutliche Verbesserungen» bei der Produktion von Korken, vor allem durch die bessere Reinigung in Wasser und Dampf. Da die Nachfrage etwas geringer sei, werde auch strenger selektiert - es gebe weniger, aber höherwertige Korken aus einem Stück, dafür mehr Presskorken aus besser zu reinigendem Kork-Granulat. Dennoch bleibe ein Restrisiko der Verunreinigung. «Kork ist nun mal ein Naturprodukt.» (dpa)


Hintergrundinformationen:
Fast 17 Milliarden Weinflaschen werden weltweit in  jedem Jahr verschlossen. Der Anteil der Naturkorken ging von 2004 bis 2006 von 78,6 auf 70,8 Prozent zurück. Die Zahlen des portugiesischen Korkverbandes:

Weinflaschen            16,737 Milliarden
Korkverschlüsse(*)    11,853
Plastikstopfen              2,819
Schraubverschlüsse    2,064

(*) Nur rund ein Viertel der Korkverschlüsse (2,8 - 3 Mrd) werden in
einem Stück aus der Korkrinde gestanzt, die anderen aus Korkteilchen
gepresst und verklebt.

Korkeichen (Quercus suber), aus denen die Naturkorken hergestellt werden, können bis zu 200 Jahre alt werden. Erst von mindestens 25 Jahre alten Stämmen darf die abgestorbene äußere Rinde zum ersten Mal abgeschält werden, danach nicht öfter als alle neun Jahre. Die bis zu acht Zentimeter dicke Borke wird gelagert und mehrfach gekocht, um Mikroorganismen zu entfernen. Dann werden ganze Korken quer zur Rinde herausgestanzt, poliert, sortiert und immer wieder kontrolliert. Aus den Überresten entstehen Korkscheiben und Granulat für Presskorken, Isoliermaterial oder Bodenbeläge.

Ein Baum ergibt bei jeder Ernte bis zu 60 Kilogramm Kork für 4.000 Korken. 40 Millionen luftgefüllte Wabenzellen pro Kubikzentimeter verleihen dem Kork seine beispiellose Elastizität. 2,2 Millionen Hektar Korkeichenwälder wachsen rund ums Mittelmeer und auf der Iberischen Halbinsel, 736.000 davon in Portugal und 500.000 in Spanien. Nur mit staatlicher Sondergenehmigung darf eine Korkeiche gefällt werden. (dpa)


 
KorkeicheBild vergrößern
Der Export von Korkprodukten bringt Portugal pro Jahr rund 900 Millionen Euro.
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