Mehrere zum Teil bekannte pilzliche Erreger stehen im Verdacht, gemeinsam oder nacheinander die komplexe Krankheit auszulösen. Wissenschaftler der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) fahndeten an der Mosel im Holz gesunder und erkrankter Reben nach den Hauptschuldigen. Bei ihren Untersuchungen stießen sie auf zwei verschiedene pilzliche Erreger der Weißfäule, von denen einer vermutlich aus südlichen Gefilden eingewandert ist und erstmals 2002 beschrieben wurde. Zudem stellten sie fest, dass bereits junge Reben von einer Pilzart besiedelt werden, die den Boden für die anderen bereitet.
„Die Ergebnisse unserer Untersuchungen des Pilzspektrums von Bohrkernen aus vier Parzellen haben uns überrascht, denn neben dem erwarteten so genannten Mittelmeer-Feuerschwamm,
Fomitiporia mediterranea, haben wir in Esca-kranken Pflanzen auch
Fomitiporia punctata gefunden“, berichtet Dr. Katja Schulze. D
ie Wissenschaftlerin vom BBA-Institut für
Pflanzenschutz im Weinbau in Bernkastel erklärt, dass bisher in Fachkreisen
F. mediterranea als Hauptverdächtiger für die Esca-Krankheit galt. Sie hat jedoch aus 30 % der Rebstock-Proben auch den anderen Erreger der Weißfäule isoliert. „
F. punctata war bisher an Rebstöcken nicht in Erscheinung getreten, sondern hauptsächlich an Gehölzen wie Holunder oder Hasel beschrieben worden“, so Schulze. Ihre Ergebnisse zeigen, dass es außerhalb der Weinberge Infektionsherde gibt, die zur Verbreitung der Krankheit beitragen könnten.
Seit einiger Zeit ist bekannt, dass die
Fomitiporia-Vertreter offenbar lediglich auf den Krankheitszug aufspringen, der von dem Pilz
Phaeomoniella chlamydospora angeführt wird. „Dieser Pilz wird auch in jungen und symptomfreien Rebstöcken gefunden, wo er offenbar zunächst keinen Schaden anrichtet. Allerdings ist
Phaemoniella in der Lage bei jüngeren Rebstöcken so genannte Tracheomykosen auszulösen“, erklärt Schulze. Sie ergänzt, dass die symptomlose schleichende Infektion schließlich den Boden bereitet für die beiden Weißfäule-Erreger, für die nur ältere Reben anfällig sind.
Um die Verwirrung komplett zu machen, kommt in den von Esca befallenen Reben noch eine dritte Pilzart vor,
Botryosphaeria obtusa. „Derzeit ist unklar ob er wirklich die Krankheit selbst mit auslöst“, berichtet die BBA-Wissenschaftlerin. Er scheint eher ein Schwächeerreger zu sein, der von der Vorarbeit der beiden anderen Kandidaten profitiert. Allerdings ist
Botryosphaeria obtusa in Fachkreisen kein unbeschriebenes Blatt, gilt er doch als Hauptschuldiger der so genannten „Black dead arm“-Krankheit, die in Frankreich auftritt. Ihre Bezeichnung leitet sich von den absterbenden braunverfärbten Bögen der Rebstöcke her.
Auffällig ist, dass sich inzwischen an der Mosel Pilze heimisch fühlen, die früher nur aus den südlichen Weinbaugebieten bekannt waren. Gerade mit Blick auf die Klimaerwärmung wollen die BBA-Wissenschaftler daher die Esca-Krankheitserreger im Auge behalten. Immerhin lassen sich mit modernen molekularbiologischen Methoden die Vertreter klar voneinander unterscheiden und so auch rasch ermitteln, welcher Pilz wo vorkommt. (PM)
Hintergrundinformationen:Hintergründe zur Esca-Krankheit und Untersuchungs-Methode: Sie äußert sich sowohl in chronischen als auch akuten Symptomen und führt schließlich zum Ausfall der Stöcke. In deutschen Weinbaugebieten hat der Befall deutlich zugenommen. In symptomatischen Blättern können allerdings keine Erreger nachgewiesen werden. Nach ihnen muss man tief im Holz der Rebstöcke fahnden. Das geschieht nicht-destruktiv mittels eines Zuwachsbohrers. Die Bohrkerne wurden hinsichtlich ihrer Besiedlung mit potenziellen Esca-Pilzen untersucht. Dazu wurde zum einen das Pilzspektrum klassisch durch Isolation aus dem Holz und molekularbiologisch durch DNA-Extraktion aus dem Holz charakterisiert. Die am häufigsten vorkommenden Pilze waren
Fomitiporia mediterranea bzw.
Phaeomoniella chlamydospora und
Botryosphaeria obtusa.