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01.06.2016 | 18:30 | Warenterminbörsen 

Weizenpreis: Kippt die Stimmung?

Stuttgart/Paris/Chicago - Der Weizenpreis konnte den Aufwärtstrend der Vorwoche nicht fortsetzen. EU-Weizen verlor an der MATIF beim Fronttermin bis zur Wochenmitte um 1,2 % auf 164,75 EUR/t, in Chicago brach der Kurs nach Gewinnmitnahmen sogar um satte 3,5 % auf 153,43 EUR/t ein.

Weizenpreis KW 22
Entwicklung des Weizenpreises an der Matif KW 22. (c) proplanta
Der Kurseinbruch in Chicago kam nicht überraschend, nachdem das lange Wochenende wegen des Memorial Days in den USA die Fonds dazu regelrecht einlud, ordentlich Kasse an der Börse zu machen. Aber auch die Befürchtungen über vermehrten Krankheitsdruck bei US-Weizen lösten sich in Schall und Rauch auf, als die Regenprognosen der Vorwoche sich durch geringere Niederschläge nicht bestätigten und im Gegenteil für höhere Ernteerwartungen bei US-Weizen sorgten.

Im Crop-Progress Report schätzte das USDA 63 % der Pflanzen als gut bis sehr gut entwickelt ein, was die Erwartungen leicht übertraf. Auch das Exportergebnis von 345.000 t US-Weizen letzte Woche überzeugte den US-Handel wenig, hinken damit die US-Weizenexporte um 3% hinter dem Vorjahresergebnis zurück. Dabei lagen die wöchentlichen US-Exportanmeldungen von 494.000 t für diese Woche aber über Erwartungen des US-Handels. Trotzdem spekulieren die Fonds derzeit auf fallende Preise, weil der Markt keine wirklich neuen Signale erhält.

In der EU zogen zunächst die negativen Vorgaben aus den USA die Kurse in Paris mit nach unten. Aber auch Schätzung der EU-Kommission über 145,1 Mio. t Weizen zur kommenden Ernte, um 2,3 Mio. t höher als im Vormonat, zog den Markt leicht nach unten. Dabei unterstellte Brüssel bessere Ernteaussichten in Frankreich und Ungarn. Doch wird das Vorjahresergebnis von 151,7 Mio. t Weizen in der EU damit nicht erreicht. Dabei führten die Wetterbedingungen in der EU mit extremen Regenfällen im Pariser Becken und Starkregen und Hagelschlag in weiten Teilen Süddeutschlands doch zu einiger Besorgnis über die kommende Weizenernte.

FranceAgriMer bewertete die französischen Weizenbestände am Wochenende mit 83 % guter und sehr guter Bestände um 3 % schlechter als zur Vorwoche. Insbesondere Gelbrostbefall ist regional ein Problem. Ein Blick auf die vorläufigen Weizenprognosen in den EU-Ländern verrät, dass Frankreich, England, Dänemark und die Tschechische Republik  deutlich schwächere, Bulgarien, Rumänien, Spanien und Italien dagegen spürbar höhere Ernten haben werden.

Für Deutschland liegt die Prognose mit 25,6 Mio. t um 3,7 % und in Frankreich mit 39,9 Mio. t um 2,8 % unter dem Vorjahr. Dabei haben grundsätzlich höhere Niederschläge in Süd- und Osteuropa für höhere, in Nordeuropa dagegen geringere für niedrigere Prognosen bei den Weizenernten geführt. Die EU-Exporte konnten in der letzten Woche mit 740.000 t Weizen einiges an Rückstand wettmachen. Per 24.05.2016 verkürzte sich der Exportabstand mit 28,2 Mio. t auf nur noch 0,86 Mio. t hinter den Vorjahresstand von (29,1 Mio. t).

Spannend wird die Entwicklung am Schwarzmeer. Denn zuletzt sorgten starke Regenfälle für starken Pilzdruck in den ukrainischen Weizenbeständen, was Befürchtungen über massive Qualitätsprobleme dort aufkommen lässt. Dabei verlief die Aussaat des Winterweizens in der Ukraine im Herbst alles andere als  ideal, da es im Herbst viel zu trocken war. Dies führte zu einer deutlich geringeren Weizenaussaatfläche in der Ukraine und auch verminderten in Südrussland.

Der milde Winter und das niederschlagsreiche Frühjahr haben die Startprobleme mehr als wettgemacht, sodass das USDA aktuell von einer ukrainischen Weizenernte von 24 Mio. t gegenüber 27,3 Mio. t im Vorjahr und von einer russischen von immerhin 63,5 Mio. t gegenüber 61 Mio. t im Vorjahr ausgeht. Dies bedeutet, dass vom Schwarzmeer her gut 2 Mio. t weniger Weizenexporte drücken, welche von der EU aus bedient werden könnten. Dabei hat Brüssel in der kommenden Saison mit 35 Mio. t bereits um 2,5 Mio. t höhere Exportziele auf dem Bildschirm.

Fazit: Noch sind die Preisaussichten für Weizen sehr vage und werden von hohen Lagerbeständen überschattet, die wesentlich auf wachsende Bestände in China und damit verbunden auf Chinas Importpolitik zurückzuführen sind. Deshalb geraten die Wetterentwicklungen besonders am Schwarzmeer immer stärker in den Fokus der Analysten.

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