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17.04.2015 | 14:00 | Berufsverbot gekippt 
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Schweinezüchter Straathof darf weitermachen

Magdeburg - Der umstrittene Züchter Adrianus Straathof darf wieder Schweine halten.

Schweinezüchter Straathof
Wegen wiederholter Verstöße gegen den Tierschutz wollte der Kreis Jerichower Land nicht weiter zusehen - und verbot Schweinezüchter Straathof bundesweit die Tierhaltung. Möglicherweise zu schnell. (c) proplanta
Das Oberverwaltungsgericht Magdeburg kippte in einem Eilverfahren einen anderslautenden Beschluss der Vorinstanz, wie eine Gerichtssprecherin am Freitag mitteilte. Zur Begründung erklärte die Kammer, es sei nicht sicher, dass das Verbot bei einer genauen gerichtlichen Prüfung Bestand haben werde. Allein eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür sei nicht ausreichend, bereits jetzt praktisch ein Berufsverbot zu verhängen.

Straathof ist europaweit einer der größten Schweinezüchter. Nach Angaben eines Sprechers der Gruppe produzieren die Betriebe allein in Deutschland rund 1,2 Millionen Ferkel pro Jahr. In vielen Orten gibt es Kritik an den Großbetrieben. «Es geht nicht darum, zu triumphieren, aber wir fühlen uns in unserer Auffassung bestätigt», sagte Straathof-Sprecher Dietrich von Gumppenberg. «Der Rechtsstaat funktioniert.»

Das Gericht berücksichtigte bei seiner Entscheidung auch, dass Straathof inzwischen in allen Betrieben seine Funktion als Geschäftsführer abgegeben hatte und die Unternehmen mittlerweile Bevollmächtigte für Fragen der Tierhaltung haben. Daher seien keine konkreten Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter - gemeint ist der Tierschutz - zu befürchten. In Bayern und Mecklenburg-Vorpommern seien bei Kontrollen auch keine so schwerwiegenden Verstöße festgestellt worden, dass sie eine derart gravierende Maßnahme rechtfertigen könnten.

Der Landkreis Jerichower Land hatte gegen Straathof Ende vergangenen Jahres wegen Verstößen gegen den Tierschutz ein bundesweit gültiges Tierhaltungsverbot verhängt. Dagegen war Straathof vorgegangen. Allein im Jerichower Land hielt er mehrere Zehntausend Schweine.

Das Hauptsacheverfahren um das Tierhaltungsverbot ruht derzeit beim Verwaltungsgericht Magdeburg. Hintergrund ist, dass beide Parteien sich bei einer mündlichen Verhandlung einverstanden zeigten, erst eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Magdeburg zu einer Einzelfrage der Schweinehaltung abzuwarten. Dabei geht es um die Breite von sogenannten Kastenständen für die Sauen. Die rechtlichen Vorgaben dazu sind in den Bundesländern unterschiedlich. Wann es hier zu einer Entscheidung kommt, ist unklar.

Die Grünen in Sachsen-Anhalt äußerten sich kritisch zu der Gerichtsentscheidung. «Wie soll der Schutz der Tiere gewährleistet werden, wenn Straathof erst einmal weiterhin der Bestimmer und Entscheider bleiben kann?», fragte die Landtagsabgeordnete Dorothea Frederking in einer Mitteilung. «Jetzt müssen die Tiere weiter leiden, bis im Hauptsacheverfahren endgültig zum Verbot entschieden wird. Und diese Entscheidung kann viele Jahre dauern, wenn Straathof durch alle Instanzen klagt.» (dpa/sa)
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Kommentare 
Hannelore Huber schrieb am 17.04.2015 20:16 Uhrzustimmen(101) widersprechen(174)
Wenn ich lese, Zitat: „Das Gericht berücksichtigte bei seiner Entscheidung auch, dass Straathof inzwischen in allen Betrieben seine Funktion als Geschäftsführer abgegeben hatte und die Unternehmen mittlerweile Bevollmächtigte für Fragen der Tierhaltung haben. Daher seien keine konkreten Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter - gemeint ist der Tierschutz - zu befürchten.“ Zitat Ende. packt mich die Wut! Mit solchen Allgemeinplätzen lässt sich ein Gericht beeindrucken. Nur weil Straathof nicht mehr Geschäftsführer ist und ein Feigenblatt namens „Bevollmächtigte für Fragen der Tierhaltung“ installiert hat ist alles bestens! Diese Entscheidung zeigt wieder einmal überdeutlich, was es bringt, wenn nur die richtigen juristischen Tricks und Auslegungsmöglichkeiten angewandt werden. Hat sich dadurch an der grundsätzliche Haltung und Einstellung fühlenden Lebewesen gegenüber, die das Pech haben „Nutztiere“ zu sein, in diesem „Unternehmen“ tatsächlich etwas geändert? Ein Straathof als plötzlicher Tierfreund und Problemlöser? Traurig, wovon sich Gerichte beeindrucken lassen! Aber Tiere sind ja auch nur „Sachen“ und dass der Schutz der Tiere im Grundgesetz verankert wurde, interessiert viel zu viele, leider auch Gerichte, noch immer viel zu wenig. Lobbyisten leisten offensichtlich nach wie vor ausgezeichnete „Arbeit“ und die Tiere müssen weiterhin unter diesen „Ergebnissen“, die rein profitorientiert sind, leiden und vegetieren, denn ansonsten wäre eine derartige Auslegung kaum möglich. Mit strikteren Gesetzen (für die die Politik nun mal zuständig wäre!) würde das Ergebnis in diesem Fall garantiert anders aussehen. Wann reagiert die Politik endlich einmal im Sinne der Tiere! Traut man sich nicht, aus Angst vor der mächtigen Agrarindustrie? Lippenbekenntnisse, auch schriftlich formuliert, werden ständig abgegeben, um die Wähler zu umschmeicheln, wenn es aber zur Abstimmung geht, kneifen alle regelmäßig und es bleibt bei dem allerkleinsten Mikrokompromiss, der dann als großer Erfolg verkauft wird. Auch dieses Gerede von der „freiwilligen Verbindlichkeit“ – was für eine Wortschöpfung!- von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (SPD) ist an Lächerlichkeit und Peinlichkeit kaum zu überbieten. Es ist einfach nur erbärmlich!
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