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20.08.2017 | 11:09 | Sauenhaltung 

Neuregelung der Kastenstandhaltung: Übergangsfrist bis zu 17 Jahre

Berlin - Eine Verständigung von Bund und Ländern über eine Neugestaltung der Kastenstandhaltung von Sauen rückt in greifbare Nähe.

Kastenstandhaltung
(c) proplanta
Ein vom Bundeslandwirtschaftsministerium auf Grundlage einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe vorgelegtes Eckpunktepapier zur Neuregelung der Haltung von Sauen im Deckzentrum fand bei einem Treffen hochrangiger Vertreter der zuständigen Ressorts in Bund und Ländern vergangene Woche in Berlin weitgehende Zustimmung. Kernpunkte sind eine Übergangsfrist von zunächst zehn Jahren sowie die Möglichkeit zu deren Verlängerung um bis zu sieben Jahre, wenn die Betriebe rechtzeitig vor Ablauf der Frist ein verbindliches Umbaukonzept vorgelegen und im Bedarfsfall einen Bauantrag stellen.

Bereits während der Übergangszeit sollen die Kastenstände bestimmte Anforderungen erfüllen. Anschließend sollen Sauen nur noch höchstens acht Tage anstatt bislang 35 Tage im Kastenstand gehalten werden dürfen.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt nannte die Eckpunkte „ein klares Bekenntnis zu Tierschutz und Vertrauensschutz“. Positiv äußerte sich sein niedersächsischer Amtskollege Christian Meyer. Ein Konsens sei nunmehr noch vor der Bundestagswahl möglich, so der Grünen-Politiker. Das Landvolk Niedersachsen verwies auf die Schwierigkeiten, eine Genehmigung für Stallum- oder neubauten zu bekommen und warnte vor einem weiteren Rückgang der Ferkelerzeugung. Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) mahnte eine Regelung auch für den Abferkelbereich an.

Rechts- und Planungssicherheit

Nach dem Vorschlag des Bundes sollen Jungsauen und Sauen künftig grundsätzlich in Gruppen gehalten werden müssen. Ausnahmen sollen gelten für Betriebe mit weniger als zehn Sauen, den Zeitraum von einer Woche vor dem voraussichtlichen Abferkeltermin bis zum Absetzen der Ferkel sowie für die genannten acht Tage bis zum Ende der Rausche.

In Zukunft sollen Kastenstände so beschaffen sein müssen, dass sich die Sauen nicht verletzen können, jedes Tier ungehindert aufstehen, sich hinlegen und den Kopf ausstrecken kann und jedem Schwein entsprechend seiner Schulterhöhe eine uneingeschränkt nutzbare Bodenfläche zur Verfügung steht, für die bestimmte Abmessungen gelten sollen.

Bestandsbetrieben soll den Eckpunkten zufolge eine Übergangsfrist von 15 Jahren eingeräumt werden, wenn sie vor Ablauf von zehn Jahren ein verbindliches Betriebs- und Umbaukonzept zur Umstellung auf Haltungseinrichtungen nach den neuen Anforderungen sowie einen Bauantrag vorlegen. Im Einzelfall soll eine Verlängerung um zwei weitere Jahre möglich sein.

Bereits während der Übergangszeit sollen Kastenstände so beschaffen sein, dass sich die Schweine nicht verletzen sowie ungehindert aufstehen und den Kopf ausstrecken können. Bundesminister Schmidt sprach von der Notwendigkeit, den Tierschutz für Schweine zu verbessern und den Schweinehaltern eine kalkulierbare Übergangszeit für eine schrittweise Anpassung zu bieten.

Sein Ressort und die Länder verfolgten das Ziel, möglichst schnell Rechts- und Planungssicherheit für Landwirte und Vollzugsbehörden herzustellen, betonte der CSU-Politiker. Die in den Betrieben vorhandenen Kastenstände sollten nur noch befristet beibehalten werden dürfen; danach müsse die Fixationsdauer deutlich verkürzt werden. Damit leiste man einen wichtigen Beitrag zu einer weiteren Verbesserung des Tierschutzes in der Schweinhaltung und verhindere gleichzeitig einen Strukturbruch in der deutschen Ferkelerzeugung.

„Dicht beieinander“

Meyer begrüßte die Eckpunkte. Mit dem Vorschlag, die Verweildauer der Sauen im Kastenstand von 35 auf höchstens acht Tage zu verkürzen, habe der Bund eine niedersächsische Forderung aufgegriffen, so der Grünen-Politiker. Meyer sprach von einem „großen Fortschritt für den Tierschutz“.

„Dicht beieinander“ sei man auch bei den Fristen für die Umstellung auf das neue System. Beide Seiten wollten den Ausstieg aus der Kastenstandhaltung für Neu- und Umbauten sofort und für vorhandene Ställe im Regelfall innerhalb von zehn Jahren vollziehen. Für Umbaumaßnahmen werden den Betrieben in dem Vorschlag Niedersachsens weitere zwei und in Härtefällen nochmals drei Jahre eingeräumt. Beim Bund sind es fünf beziehungsweise zwei Jahre.

Die niedersächsischen Vorstellungen sind in einen Entschließungsantrag eingegangen, den die Landesregierung in den Bundesrat eingebracht hat. Darin wird der Bund auch aufgefordert, ein Konzept zur staatlichen Förderung der Umstellung zu erarbeiten und genehmigungsrechtliche Hürden für die Weiterentwicklung der Haltungssysteme im Bau- und Immissionsschutzrecht zu klären.

Verordnung rechtssicher gestalten

Nach Landvolkangaben haben die Sauenhalter unter anderem aus Gründen des Natur- und Immissionsschutzes derzeit kaum eine Chance, einen Stallumbau oder gar -neubau genehmigt zu bekommen. Damit werde ihnen auch die Chance zu Anpassungsreaktionen genommen, beklagte der Verband. Viele Landwirte hätten bereits ihre persönliche Entscheidung getroffen und die Sauenhaltung aufgegeben. So gehe aus den jüngsten Daten der Viehzählung hervor, dass zwischen Mai 2016 und Mai 2017 rund 5 % der Sauenhalter in Niedersachsen aufgegeben hätten.

Eine von Minister Meyer vorgeschlagene zehnjährige Übergangsfrist hält das Landvolk selbst bei großzügiger Förderung für viel zu kurz. Allenfalls mit einem deutlich längeren Anpassungszeitraum im europäischen Gleichschritt sieht man beim Verband noch Chancen für die Sauenhaltung im Agrarland Niedersachsen. Ansonsten kämen die Ferkel aus anderen Ländern, „wo dem Tierwohl weitaus weniger Beachtung geschenkt wird“, so die Warnung. Gleichwohl sieht auch das Landvolk Niedersachsen die Notwendigkeit, die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung rechtssicher zu gestalten.

Ganzheitliche Konzepte gefragt

ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack betonte die Notwendigkeit, ganzheitliche Konzepte sowohl für das Deckzentrum als auch für den Abferkelbereich zu entwickeln. Nur so könne ein Sauenhalter seinen Betrieb zukunftsfähig weiterentwickeln. Während jedoch die Diskussion um das Deckzentrum schon weit fortgeschritten sei, steige man in die Diskussion um den Abferkelbereich gerade erst ein, erklärte Staack. Die ISN unterstütze daher den Impuls, den die Landesregierung mit ihrer Bundesratsinitiative in Bezug auf das Deckzentrum setze, wenngleich die inhaltlichen Diskussionen um die Ausgestaltung noch nicht abgeschlossen seien. Nicht einverstanden sei man jedoch mit Meyers Vorstellungen im Hinblick auf die Abferkelung.
 
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Anforderung an die Bodenfläche in künftigen Kastenständen
AgE
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