Während Naturschützer die Rückkehr des Raubtiers bejubeln, sehen viele Landbewohner in ihm einen gefährlichen Störenfried.
Hierzulande fürchten Schäfer in manchen Bundesländern um ihre Existenz. Aber in kaum einem Land ist die Debatte über den Wolf so aufgeladen wie in Schweden. Jäger fühlen sich massiv von Tierschützern bedroht. Die wiederum berichten von illegaler Jagd und Einschüchterungsversuchen.
415 Wölfe zählte man im Winter 2014/2015 in dem skandinavischen Land. Sie kommen vor allem aus Finnland und Russland. 1990 waren es nur einige Dutzend gewesen. Zwei Jahrzehnte später sahen sich die Behörden gezwungen, eine lizenzierte Wolfsjagd zu organisieren. Doch um die Zahl der Tiere, die geschossen werden dürfen, gibt es seitdem Streit.
46 Wölfe sollten es in dieser Saison sein, aber in drei von fünf Wolf-Provinzen wurde die Jagd nach Klagen von Naturschützern per Gerichtsurteil verboten.
Zwar legten die Jäger Einspruch ein - doch das nützt nichts, denn die Saison ist vorbei. «Nur 14 Wölfe sind letztlich geschossen worden», erzählt Gunnar Glöersen vom schwedischen Jägerverband. «Das bedeutet, dass die Population wachsen wird.» Glöersen wohnt in Värmland, einer der Regionen, in der besonders viele Wölfe leben.
Für Jäger hier ist das größte Problem, dass die Raubtiere viele Elche reißen - und auch ihre wertvollen Jagdhunde angreifen. Ein Wolfspaar töte rund 120 Elche im Jahr, meint Glöersen. «Letztes Jahr haben Wölfe mehr Elche getötet als Jäger es getan haben.» In Värmland überlege man deshalb sogar, die Elchjagd ganz an den Nagel zu hängen.
So, fürchtet Glöersen, könnte ein Teil der schwedischen Kultur in der Provinz verloren gehen. «Das Jagen und Fischen ist für viele Menschen der Grund, weshalb sie immer noch auf dem Land leben.» Zuhause bei dem Jäger kommt vor allem Wild auf den Tisch.
Die Wolfsjagd ganz zu stoppen ist kein Ziel, das alle Naturschützer vor Augen haben, meint dagegen Tom Arnbom von der Umweltorganisation
WWF (World Wide Fund For Nature) in Schweden. «Aber sie muss nach bestimmten Regeln geschehen.»
Er gibt auch der Politik die Schuld, dass der Streit so eskalieren konnte: «Wir brauchen einen Plan, wie viele Wölfe wir in Schweden haben wollen - und auch dafür, wie wir Inzucht vermeiden können.» In einem ersten Schritt solle sich die Regierung dafür mit Wissenschaftlern an einen Tisch setzen.
Gehe es aber weiter wie bisher, fürchtet Arnbom, werde die Jagd die Ausbreitung der Wölfe stoppen - auch wenn offiziell in diesem Jahr nicht viele Tiere geschossen wurden: «Die illegale Jagd nimmt zu.» Aus Protest gegen die Begrenzung hätten Jäger außerdem Mitarbeiter der Umweltbehörden bei Kontrollgängen in den Wäldern mit Schüssen verängstigt und ihre Autos zerstört.
«Der Konflikt in Schweden hat dazu geführt, dass Extremisten auf beiden Seiten mehr Raum bekommen haben», sagt der WWF-Sprecher. «Ich bin schon von Jägern als auch von Tierfreunden bedroht worden - weil ich sage, dass es sein könnte, dass wir in Zukunft Wölfe schießen müssen.» 2010, im Jahr der ersten Jagd, hätten viele Jäger Drohanrufe bekommen, «bis zu 50 am Tag», erzählt Glöersen. Seitdem würden sie nicht mehr so stark in den Medien auftreten.
Die Jäger sehen die Auseinandersetzung um den Wolf auch als eine zwischen den Landbewohnern, die mit dem Raubtier leben, und den Menschen in Großstädten wie Stockholm. «Viel hat damit zu tun, dass Menschen vom Land weggezogen sind», sagt der 57-Jährige. «Sie haben die natürliche Verbindung zum Lebensstil auf dem Land nicht mehr.» WWF-Sprecher Arnbom sieht das Problem dagegen bei «alten Männern, die ihre Meinung nie ändern werden».
Nicht nur den Jägern, sondern auch den Schäfern in Schweden ist der Wolf ein Dorn im Auge. Damit er den Schafen nicht auf den Pelz rückt, müssen die Bauern Elektrozäune bauen. Dieses Problem kennen auch Schäfer in Deutschland inzwischen.
Sie warnen davor, dass das Raubtier im ganzen Land - auch in dicht besiedelten Gegenden etwa in Nordrhein-Westfalen - zu einer Gefahr werden könnte. Der Wolf hat sich schon in mehreren Bundesländern wieder angesiedelt, darunter Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen.
Wesentlich mehr Wölfe als hierzulande - und auch als in Schweden - leben heute in Rumänien, Spanien, der Ukraine oder Weißrussland. Auf rund 2.000 wird die Zahl in den meisten dieser Länder geschätzt, in Rumänien sollen es sogar noch mehr sein. Auch in Ländern wie Italien oder Frankreich sind die Wölfe zurück.
In Schweden scheint der Konflikt mit der Anzahl der Raubtiere zu wachsen. «Das Thema polarisiert wie noch nie», sagt Glöersen vom Jägerverband. «2015 haben maskierte Aktivisten versucht, die Jagd zu stoppen.» Für Umweltschützer Arnbom ist klar: Solange die Wolfspolitik in der Luft hängt, spitzt sich der Streit weiter zu.