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27.05.2009 | 16:09 | Lebensmittelsicherheit 

AGES untersucht Red Bull Cola auf Kokain-Spuren

Wien - Nach dem Fund von geringen und nicht gesundheitsschädlichen Spuren von Kokain im Erfrischungsgetränk  "Red Bull Simply Cola"  in Deutschland untersucht die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit Proben auch in Österreich.

Red Bull Cola Kokain-Spuren
(c) proplanta
Die AGES ist von deutschen Kollegen des pharmazeutischen Labors von Nordrhein-Westfalen auf dem Behördenweg über den „Fund“ von 0.4 ppb (Mikrogramm pro Liter Cola-Getränk) informiert worden. Daraufhin wurde diese Information umgehend an die für Suchtmittel zuständige Abteilung im Bundesministerium für Gesundheit (BMG) weitergeleitet und durch die AGES Proben gezogen. Die Untersuchungen laufen.

Die in Deutschland festgestellte Menge an Kokain im genannten Produkt ist äußerst gering. Jedenfalls ist aus der niedrigen Wirkstoffkonzentration  im Getränk keine pharmakologische Wirkung abzuleiten. Es treten bei solchen Mengen Kokain keinerlei  aufputschenden Wirkungen ein. Um eine Wirkung zu erreichen, müssten auf einmal rund 100.000 Liter (bzw. 330.000 Dosen) getrunken werden. Es besteht daher auch beim Konsum weder eine unmittelbare Gesundheitsgefährdung, noch eine Suchtgefahr.


Wie kommt Kokain in das Getränk?

Bei dem vorliegenden Produkt handelt es sich um ein Erfrischungsgetränk mit Inhaltsstoffen natürlicher Herkunft. Enthalten sind unter anderem "natürliche Aromen aus Pflanzenextrakten (0,37%)", darunter auch aus dem Cocablatt. In Österreich gibt es kein grundsätzliches Verbot der Verwendung von alkaloidfreien Cocablättern zur Geschmacksgebung, allerdings gibt es auch keine explizite Erlaubnis zur Verwendung von alkaloidfreien Cocablättern nach dem Suchtmittelgesetz (siehe „rechtliche Lage“ unten). 

Getrocknete Cocablätter enthalten bis zu 1 Prozent Kokain. Damit sie als Aromastoff in Lebensmitteln verwendet werden dürfen, muss ihnen das Kokain durch ein technologisches Abreicherungsverfahren entzogen werden, denn die internationale Suchtmittelkonvention sieht vor, dass nur alkaloidfreie Cocablätter vom Begriff "Suchtmittel" ausgenommen werden können. Durch moderne Messegeräte und neue Messmethoden konnten deutsche Wissenschafter nun nachweisen, dass trotz des international als verlässlich in der Entfernung von Alkaloiden aus Cocablättern geltenden Verfahrens Spuren von Kokain enthalten sind. Sollte sich das Ergebnis auch in Österreich bestätigen, müsste man daraus schließen, dass eine zur Gänze Extraktion / Entfernung der Alkaloide im Cocablatt technisch unmöglich ist. Wie gut das zugelassene Extraktionsverfahren allerdings ist, sieht man letztendlich am deutschen Ergebnis: Kokainreduktion bis auf eine Restmenge um 0,4 Mikrogramm/Liter.


Wie ist die rechtliche Lage?

Gemäß EG-Basis-Verordnung können Arzneimittel und Suchtstoffe keine Lebensmittel sein. Die über 40 Jahre alte UN-Suchtmittelkonvention, der auch Österreich beigetreten ist, sieht vor, dass Staaten alkaloidfreie Extrakte aus Cocablättern vom "Suchtmittelbegriff" ausnehmen können. Eine solche Ausnahmeverordnung hat Österreich bisher nicht erlassen - anders als bei anderen "Suchtmitteln" wie zB Hanf (Ausnahme für THC-freie Sorten), die als oder in Lebensmitteln eingesetzt werden dürfen). Aus  suchtmittelrechtlicher Sicht sind  demnach Cocablätter und Mohnstrohkonzentrat (nicht jedoch Mohnsamen) in jeder Darreichungsform (Pflanze, Extrakt oder andere Zubereitung) in Österreich Drogen, die dem Suchtmittelgesetz unterliegen. Enthält ein Lebensmittel daher einen aus Cocablatt  hergestellten Geschmacksstoff, der Kokain - wenn auch in noch so geringfügiger Menge - enthält,  ist dieses Lebensmittel nach österreichischer Rechtslage ein Suchtmittel. 

Hinsichtlich anderer pflanzlicher Aromastoffe aus pharmakologisch wirksamen Substanzen (nicht Suchtmittel) gibt es in Österreich seit 1996 Regelungen zum legalen Einsatz von einfachen Extrakten unter folgenden Voraussetzung:

- der Einsatz dient zur Aromatisierung des Lebensmittels und wird als solches gekennzeichnet

- eine Menge von 100mg Extrakt/Liter Lebensmittel (z. B. im Erfrischungsgetränk) wird nicht überschritten

- eine pharmakologische Wirkung ist nach bestmöglichem Wissensstand in dieser Dosierung nicht zu erwarten

Derartige Produkte (Lebensmittel) unterliegen seit 1996 nicht dem Arzneimittelgesetz, sondern sind somit Lebensmittel im Sinne des LMG 1975 und seines Nachfolgegesetzes, des LMSVG. Österreichische Verkehrsfähigkeiten auch auf Basis dieses Erlasses wurden auch in Deutschland stets anerkannt. Bisher bestanden aus suchtmittelrechtlicher Sicht gegen Extrakte des Cocablattes, in denen Kokain zur Gänze entzogen worden sind, keine  Bedenken. Durch einen Fund von  (geringen) Rückständen ergibt sich eine rechtliche Abgrenzungsproblematik zwischen Lebensmittelrecht und Suchtmittelgesetz abseits einer Gesundheitsgefahr. Es ist hier nicht Gefahr in Verzug, es gilt daher auch die Verhältnismässigkeit von behördlichen Maßnahmen (z.B. Verkaufsverbote wie in einigen deutschen Bundesländern) im Auge zu behalten. (AGES)
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