Das Hippie-Image, das auch im Musical Hair treffend dargestellt wird, ist unzertrennlich mit Cannabis-Konsum verbunden. Aus Unkenntnis über Drogenwirkungen griffen die Kiffer jener Zeit auch zu harten Drogen, weshalb Cannabis heute immer noch in der Drogenecke gesehen wird.
Aus Cannabis, so der wissenschaftliche Bezeichnung für Hanf, werden die berauschenden Substanzen Haschisch und Marihuana gewonnen. Die Mediziner und viele Kranke richten jedoch ihr Augenmerk auf die Behandlung bestimmter Krankheiten mit Cannabis-Abkömmlingen.
Hanfprodukte sollen ab 2016 offiziell in Deutschland in der Arzneimitteltherapie eingesetzt werden und zwar für schwer kranke Schmerzpatienten. Ab 2016 sollen Patienten legal Cannabis bekommen. Ein entsprechendes Gesetz ist in Vorbereitung. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung M. Mortler (CSU) möchte, dass mehr Patienten die Medizin aus Cannabis erhalten und zwar auf Kosten der Krankenkassen.
Auch der Gesundheitsexperte der
SPD Karl Lautterbach und seine Parteikollegin Hilde Mattheis betonen die medizinische Dringlichkeit der Zulassung der Substanzen als Kassenleistung. In Deutschland ist bisher das Präparat „Sativex“ erhältlich, das vom Arzt zwar rezeptiert werden darf, aber privat bezahlt werden muss.
Prof. Joachim Nadstawek, Vorsitzender Berufsverband Schmerz- und Palliativmedizin meint: "Wenn ein solches Medikament verordnet wird, hat das ja durchaus seinen Grund - seine Indikation - und dann sollte es nicht so sein, dass der Patient um dieses Medikament betteln muss - oder, dass er es sogar selbst bezahlen muss."
Dr. G. Müller-Schwefe, Präsident Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin, sagt wörtlich: "Aus meiner Sicht ist es einfach unwürdig und auch zynisch, die effektive Therapie mit Cannabis so vielen Patienten zu verwehren, obwohl wir wissen, sie würden davon profitieren."
Die Experten sind sich einig, dass der Streit um Cannabis ideologisch und voller Vorurteile ist. Doch es geht ja schließlich nicht um Rausch auf Rezept, sondern um eine Arznei, die helfen kann. Die Berufsgenossenschaften sind offensichtlich bereits einen Schritt weiter. Bei einer chronischen Schmerzpatientin wird, nach einem Arbeitsunfall, ein solches Cannabis-Präparat bezahlt. In Kalifornien kommt es bei Krebspatienten zum Einsatz.
Der Onkologe D. Abrams in San Franzisko erforscht intensiv die medizinische Wirkung der Substanz. So gibt er seinen Patienten während oder nach Chemotherapie, statt bisher mehreren Medikamenten, die wegen Schmerzen, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Depression und Schlaflosigkeit usw. notwendig wären, nur Cannabis, um alle Symptome zu bessern.
Cannabis-Wirkstoffe nennt man Cannbionode, die wichtigsten sind THC, das high macht und CBD, das hauptsächlich antientzündlich und gegen Schmerzen hilft. Es gibt sogar Hinweise, so der Krebsforscher P.-Y. Desprez an der Universität in Kalifornien, dass sogar eine Metastasierung im Frühstadium verhindert werden kann und durch Abschalten des Wachstumsgens die Tumore nicht größer werden. Die Substanzen erhält man in Kalifornien frei verkäuflich in sog. „Cannabis-Apotheken“. Auch die häufig geäußerte Befürchtung, mehr junge Menschen könnten dadurch zur Droge greifen, hat sich im amerikanischen Bundesstaat nicht bestätigt, dort ist der Verkauf seit 2002 freigegeben ohne, dass sich der Drogenkonsum erhöht hätte.
Auch Juristen haben inzwischen geurteilt - so hat das Kölner Verwaltungsgericht entschieden: „Harmloser als Alkohol, der Joint verleitet nicht zu harten Drogen.“ Auch der der Bremer Strafrechtler Böllinger hält aus wissenschaftlicher Sicht Cannabis für keine Einstiegsdroge.
Fazit: Die Hoffnung, bald ein Medikament, das bisher hauptsächlich als Rauschdroge bekannt geworden ist, als hochwirksames Schmerzmittel in Deutschland in die Apotheken zu bringen, nimmt Formen an. Aber nur, wenn auch die Krankenkassen die Kosten dafür übernehmen, wird es allen Patienten, die davon profitieren könnten, zugänglich sein. (Hr)
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Dr. med. H. Rüdinger