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11.05.2015 | 17:15

Gabriel will G7-Länder von Energiewende überzeugen

Kohleausstieg
Rund ein Drittel des Erdgases für die EU kommt aus Russland. Kann Gas in der aktuellen Krise zur Waffe werden? Die G7-Energieminister suchen bei ihrem Treffen in Hamburg Alternativen - vor allem aber will Gastgeber Sigmar Gabriel für den deutschen Weg werben. (c) proplanta

Gabriels G1-Gipfel in der Nordse



Sigmar Gabriel will von einer Pleite nichts wissen. Er habe doch die «größten Promotoren» der Offshore-Entwicklung in Deutschland dabei, sagt der Bundeswirtschaftsminister. Er meint die norddeutschen Regierungschefs und SPD-Parteifreunde Olaf Scholz (Hamburg) und Torsten Albig (Schleswig-Holstein). Aber die sechs eingeladenen Energieminister der G7-Staaten haben auf den Trip zur Einweihung des RWE-Windparks Nordsee-Ost bei Helgoland verzichtet.

Statt eines G7- ist es am Montagmittag eher ein G1-Treffen hier weit draußen im Meer auf der Konverter-Plattform HelWin Alpha, auf der der Strom gebündelt und zum Festland transportiert wird. Das gelbe Ungetüm hat ein Gewicht von 9.000 Autos. Gabriel steckt einen Stecker in eine Steckdose, Olaf Scholz neben ihm sieht in dem roten Overall etwas aus wie Rotkäppchen. Fünf Helikopter der Bundespolizei haben Politiker, Entourage und Presse hierher gebracht. Zwei Boote der Küstenwache sind zum Windpark beordert wurden. Als die Mitarbeiter von RWE und des Netzbetreibers Tennet Wind davon bekommen, dass andere G7-Minister in Hamburg bleiben, gibt es lange Mienen. Denn der Besuch ist bis zur Kleidung aufwändig vorbereitet worden, auf den orangenen Schutzanzügen prangen Hinweise auf das G7-Treffen 2015.

Gabriel will das Hamburger Ministertreffen nutzen, um Deutschland als Vorreiter einer grünen Energieversorgung zu inszenieren - schließlich kann so auch die Abhängigkeit von russischen Gasimporten reduziert werden. Es soll den G7-Gipfel im Juni auf Schloss Elmau vorbereiten.

In Deutschland ging der Gasbedarf zuletzt um elf Prozent zurück - also schwindet auch die Abhängigkeit von Moskau. Dumm nur, dass die anderen G7-Staaten den Weg eher kritisch betrachten. Großbritannien plant umstrittene neue Milliarden-Subventionen für den Bau des Atomkraftwerks Hinkley Point C, die USA setzen auf Gas-Fracking.

Immerhin ist die Exekutivdirektorin der Internationalen Energie-Agentur, Maria van der Hoeven, da. «Ohne erneuerbare Energien keine Energiesicherheit», sagt sie mit Blick auf die Bemühungen der G7, unabhängiger von russischem Erdgas zu werden - wenngleich Gabriel betont, trotz der Krise setze Moskau Gas bisher nicht als Waffe ein. Das Thema soll bei dem bis Dienstag dauernden Treffen in Hamburg noch eine Rolle spielen, die USA machen hier Druck.

Während Gabriel den Windpark einweiht, gibt US-Energieminister Ernest Moniz im feinen Hotel Atlantic an der Alster Interviews. Japan hat immerhin Vizeminister Shigeki Iwai mitgeschickt, der «starken Wind» wünscht und zuvor Scholz wegen der schweren Tornado-Schäden in der Stadt bemitleidet - der Japaner meint aber die Katastrophe in Bützow in Mecklenburg-Vorpommern.

RWE-Chef Peter Terium als Besitzer des neuen Windparks spricht von einem der besseren Tage für den Vorstandschef eines Energiekonzerns in Deutschland. Auch wenn seine vorbereitete Rede nicht der Realität auf der Plattform entspricht. «G7 meets Offshore», trägt Terium vor.

Er versucht seit Wochen Gabriel davon abzubringen, dass er eine Klimaabgabe für über 20 Jahre alte Braunkohlekraftwerke einführt. Er meint, dass sonst Anlagen vor dem Aus stehen und nicht genug Geld für den Rückbau der Atommeiler und die Endlagerung zur Verfügung stehen könnte. RWE hat die Energiewende aber auch etwas verschlafen. Immerhin ist nun ein neuer Windpark am Netz.

Tennet will bis Ende des Jahres eine Anschlusskapazität von 5.000 Megawatt in der Nordsee geschaffen haben. HelWin Alpha funktioniert wie eine große Steckdose: Der Strom aus dem Park Meerwind des Investors Blackstone (288 Megawatt Leistung) und des Parks Nordsee Ost (295 MW) kommt als Wechselstrom an und wird auf 250.000 Volt hochtransformiert. Als Gleichstrom wird der Strom dann über zwei nur 11 Zentimeter dicke, enorm leistungsstarke Kabel an Land transportiert, dort wieder in Wechselstrom umgewandelt und ins Hochspannungsnetz eingespeist.

So ein kompletter Anschluss kostet rund eine Milliarde Euro, auch der Windpark Nordsee-Ost mit 48, je sechs MW starken Windkraftanlagen kostet eine Milliarde. Der Park kann rund 320.000 Haushalte mit Strom versorgen. Rechts daneben entsteht Amrumbank-West, auf den gelben Pylonen sind aber erst ein paar Anlagen installiert.

«We paid a learncurve», sagt Gabriel. Nach Klärung der Haftungsfragen bei verzögerten Netzanschlüssen glaubt er, dass die Technologie nun zum Exportschlager werden kann. Es gibt ja noch genug Länder jenseits G7, die vielleicht mehr Interesse zeigen. (dpa)
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