Im März hatte die Brüsseler Behörde bekanntlich den Mitgliedstaaten für dieses Jahr gestattet, den konventionellen Anbau auf den ÖVF-Brachen zu erlauben. Gemäß den Angaben in dem am Donnerstag (7.7.) veröffentlichten Kommissionsbericht zu den EU-Agrarmärkten wurden die mit Eiweißfutterpflanzen - vorwiegend Erbsen, Ackerbohnen und Lupinen - bestellten Flächen zur diesjährigen Ernte gegenüber 2021 um 6 % auf 2,2 Mio ha ausgedehnt.
Die betreffenden Erträge werden dem Marktausblick der Kommission zufolge voraussichtlich um etwa 3 % höher ausfallen als im Vorjahr. Beide Faktoren zusammengenommen bedeuteten, dass die Erzeugung von
Eiweißpflanzen in der EU-27 schätzungsweise 4,8 Mio t erreichen werde, so die EU-Behörde. Die Landwirte nutzten diese
Ausnahmeregelung zu den ÖVF laut der Kommission auch für den zusätzlichen Anbau von Sonnenblumen, da diese relativ wenig Wasser und Dünger benötigten.
Die betreffende Anbaufläche belaufe sich auf 4,7 Mio ha. Die EU-Sonnenblumensaaterzeugung dürfte Brüssel zufolge gegenüber 2021 um 7,8 % auf 11,1 Mio t zulegen; das wäre ein neuer Höchststand.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte bekanntlich eine vollumfängliche Nutzung der ÖVF in Deutschland nicht gestattet, sondern lediglich die Verfütterung des Aufwuchses zugestanden.
Höhere EU-Getreideexporte erwartet
Deutlich schlechter sieht es im Hinblick auf die EU-Getreideproduktion aus. Trockenheit in mehreren Regionen hätten die
Ernteaussichten deutlich beeinträchtigt, erklärte die Kommission. Sie rechnet aktuell mit einer Gesamterzeugung von 286,4 Mio t Getreide, womit diese um 2,5 % niedriger als 2021 ausfallen würde. Allerdings verfüge die EU über relativ hohe Getreidebestände, so die Behörde. Daher sei die Getreideversorgung nicht gefährdet.
Hinzu komme, dass die Getreideausfuhren aus der EU voraussichtlich um 14 % gegenüber 2021/22 steigen dürften und damit den Rückgang der ukrainischen Ausfuhren aufgrund der Blockade der Seehäfen und die von einigen Exportländern verhängten Ausfuhrbeschränkungen teilweise ausgleichen könnten.
Der
Rapsanbau in der EU erreichte in diesem Jahr der Kommission zufolge mit 5,7 Mio ha ein Vierjahreshoch. Dies sei auf die bereits höheren Preise zum Zeitpunkt der Aussaat im Herbst 2021 zurückzuführen. Die mit
Sojabohnen bestelle Fläche wurde laut Bericht um 8,6 % auf 1 Mio ha ausgedehnt.
Weniger Rohmilch
Derweil stehe der Veredlungssektor der EU aufgrund des Ausbruchs von Tierseuchen und der hohen Futtermittelpreise vor Herausforderungen, so die Kommission. Die Preise für Milch und
Milcherzeugnisse in der EU bewegten sich zwar auf einem „Rekordhoch“. Trotzdem blieben die Gewinnmagen der
Betriebe wegen der hohen Kosten vor allem für Futtermittel und Energie sowie für Logistik niedrig.
Da die Wetteraussichten für Weideflächen obendrein negativ seien, könnten die Milchanlieferungen in der EU in diesem Jahr um 0,6 % zurückgehen. Die EU-Schweinefleischerzeugung wird laut der Vorhersage der Kommission wegen zunehmender Umweltauflagen, sinkenden Exportmöglichkeiten, anhaltend hoher Inputkosten und der Afrikanischen
Schweinepest (ASP) um 4,7 % gegenüber 2021 abnehmen. Der Behörde zufolge ist das Vereinigte Königreich, da die ASP-Krise in China eingedämmt ist, wieder der wichtigste
Exportmarkt für
Schweinefleisch aus der EU.
Zurückgehen dürfte nach Einschätzung der Brüsseler Beamten auch die
Rindfleischproduktion in der Gemeinschaft, trotz wahrscheinlich hoher Preise bis Jahresende. Dies sei vor allem auf einen rückläufigen Kuhbestand zurückzuführen. Gleichwohl wird aber für 2022 mit einem Anstieg der EU-Rindfleischexporte um 4 % gerechnet, der von der Nachfrage hochwertiger Märkte wie Kanada, Japan und dem Vereinigten Königreich getragen werden soll.
Auch Geflügelsektor in schwieriger Lage
Als schwierig wird die Lage auch für den EU-Geflügelsektor bewertet, da die EU angesichts der Ausbreitung der Hochpathogenen Aviären Influenza (HPAI) vor einer Epidemie-Saison „historischen Ausmaßes“ stehe. Seit Oktober 2021 seien 21 Mitgliedsländer von HPAI-Ausbrüchen betroffen.
Auch die hohen Inputkosten wirkten sich auf den Sektor negativ aus. Daher rechnet die Kommission damit, dass die
Geflügelproduktion in der EU trotz hoher Preise für
Masthähnchen stagnieren wird. Positiv wird gewertet, dass der Geflügelfleischhandel mit dem Vereinigten Königreich wieder das Vor-Brexit-Niveau erreicht hat. Trotz des historisch niedrigen Schaf- und Ziegenbestandes in der EU geht Brüssel davon aus, dass sich die Schlachtmenge bei diesen Tieren 2022 stabilisiert. Ungeachtet dessen dürften die Inlandspreise hier hoch bleiben.