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21.04.2015 | 13:01 | Bodenmarkt 

Bodenpreise so hoch wie nie

Cappeln - Wenn Landwirt Hubertus Berges über seine Felder sieht, blickt er auf goldenen Boden:

Ackerland kaufen
Die Preise für Ackerland sind in den Kreisen Cloppenburg und Vechta in ungeahnte Höhen geklettert. Ein Ende der Preisspirale ist nicht absehbar. Darunter leiden die Bauern. Nun will die Landesregierung eingreifen. (c) proplanta
Sein Fleckchen Erde in Cappeln im Kreis Cloppenburg zählt zu den teuersten Ecken der Republik, gemessen an den Preisen für Ackerland. Neun Euro pro Quadratmeter betrug 2014 der Richtwert für landwirtschaftlich genutzten Boden hier. Das ist spitze in Niedersachsen und selbst in Europa fast einmalig. Nur in der Schweiz wird Ackerland noch höher gehandelt, sagt Berges. In den günstigsten Lagen Niedersachsens, etwa in Osterode, zahlen Landwirte im Schnitt 1,30 pro Quadratmeter.

Fast ein Jahrzehnt dauert der starke Anstieg der Kaufpreise für Ackerland nun schon - ein Ende der Preisspirale ist nicht abzusehen. In Cloppenburg und Vechta haben sich die Preise für Ackerland seit 2006 etwa verdreifacht. «Ähnliche Werte finden sich nur in Randlagen größerer Metropolen wie Frankfurt am Main oder Köln/Bonn», sagt Holger Seifert, Vorsitzender des Gutachterausschusses für Grundstückswerte Oldenburg-Cloppenburg. Die unabhängigen Gutachter werten die Preisentwicklung aus und legen aktuelle Richtwerte fest.

Zwar gelten Cloppenburg und Vechta durch Massentierhaltung, Futtermittelindustrie, Gemüseanbau und einen hohen Grad an Veredelung als Top-Agrarregion, die Inflation auf dem Grundstücksmarkt bedroht aber inzwischen die Existenzen von Betrieben, die ständig steigende Pachten nicht mehr aufbringen können. Der Bodenertrag gleiche den hohen Preis längst nicht mehr aus, erklärt Berges. Er kennt als Kreislandwirt die Sorgen seiner Berufskollegen gut. «Es wird immer enger. Im Schnitt fallen pro Jahr drei Prozent der wirtschaftlich schwächsten Betriebe raus», schätzt der 45-Jährige.

Ans Verkaufen denkt hier längst niemand mehr - der freie Markt für landwirtschaftliche Flächen ist beinahe zum Erliegen gekommen. Entweder werden Äcker an die nächste Generation übertragen, oder Flächen wechseln zu horrenden Preisen den Besitzer. «Auf dem freien Markt sind kaum noch Flächen zu bekommen», sagt Seifert. Selbst die Gemeinden geraten unter Druck, wenn sie Bauland ausweisen möchten - statt Barem ziehen die meisten Bauern inzwischen Ersatzflächen vor.

Größter Preistreiber ist nach Einschätzung der Statistiker der hohe Flächenverbrauch durch Baugebiete und Infrastrukturprojekte, der den landwirtschaftlich nutzbaren Boden verknappt. Hinzu kommt der in den vergangenen Jahren vom Staat geförderte Ausbau der Biogasanlagen, die vieles von dem schlucken, was auf den Äckern wächst. Berges zählt im Umkreis von fünf Kilometern von seinem Hof allein drei Biogasanlagen.

Das niedrige Zinsniveau befeuert die Situation auf dem Grundstücksmarkt zusätzlich, hinzu kommt die Ausweisung von Flächen für Naturschutz. Ein solches Problem plagt etwa die Landwirte im Emsland. Durch den umstrittenen Masterplan Ems sollen sie 730 Hektar schrittweise ans Land verkaufen, damit neue Lebensräume für Tiere und Pflanzen entstehen können. Das Projekt soll dem angeschlagenen Fluss helfen und Arbeitsplätze bei der Meyer Werft sichern.

Die extreme Verknappung von Ackerland ist auch zum Thema für die Politik geworden. Der niedersächsische Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) sieht die Preisentwicklung mit großer Sorge. «Besonders extensiv arbeitende Ökobetriebe, aber auch Milchbauern können diesen enormen Anstieg der Pachtpreise immer weniger verkraften, da etwa die Milchpreise nicht gleichzeitig steigen.»

Die Regierung will regulierend eingreifen und vor allem Spekulationsgeschäfte eindämmen. Boden gilt in unsicheren Währungszeiten als profitable Kapitalanlage. «Fruchtbarer Ackerboden ist kein Spekulationsobjekt», sagt Meyer. Der Minister plant zusammen mit der Landwirtschaft ein neues Grundstücksverkehrsrecht. Ziel ist es, örtlich ansässigen Landwirten ein Vorkaufsrecht einzuräumen und eine Pachtpreisbremse analog zur Mietpreisbremse einzuführen. Landwirte wie Berges freuen sich, dass nicht auch noch Spekulanten im Ringen um den goldenen Boden mitmischen sollen. Hoffnung auf deutlich sinkende Preise für die kommenden Jahre haben sie trotzdem nicht. (dpa/lni)  
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