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30.04.2017 | 14:14 | EU-Haushalt 

Warum der Brexit für Deutschland teuer wird

Berlin - Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union wird je nach Szenario eine deutliche Lücke in den EU-Haushalt reißen und insbesondere für Deutschland als größtem Nettozahler mit Mehrkosten verbunden sein.

Brexit
(c) proplanta
Zu dieser Einschätzung sind zahlreiche Experten in einer öffentlichen Anhörung des Europaausschusses des Bundestages gekommen. Sie rechnen mit Streit zwischen den Nettozahler- und den Nettoempfängerländern um den Etat. Sollten die Verhandlungen zu einem Austritt ohne Abkommen, also zu einem „harten Brexit“ führen, fänden die EU-Verträge keine Anwendung mehr auf Großbritannien, warnte Peter Becker von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Die EU habe dann keine rechtliche Handhabe, ausstehende Zahlungen einzufordern.

Jörg Haas vom Jacques Delors Institut Berlin wies darauf hin, dass der Brexit im Frühjahr 2019 bereits Auswirkungen auf den aktuellen Mehrjährigen Finanzrahmen der EU haben werde, der bis 2020 laufe. Er bezifferte die durch den Wegfall der britischen Beiträge entstehende Haushaltslücke auf jährlich 10 Mrd. Euro. Andere Studien gingen von bis zu 16 Mrd. Euro aus. Weil nicht nur der Briten-Rabatt wegfalle, sondern auch der „Rabatt auf den Rabatt“, von dem derzeit Deutschland und drei weitere Mitgliedstaaten profitierten, würden diese auch stärker belastet, erklärte Haas. Um die Lücke auszugleichen, müsste Großbritannien als Drittstaat weiterhin Beiträge zahlen, oder die Beiträge der verbleibenden 27 Mitgliedstaaten müssten erhöht werden. Deutschland müsste dann mit Mehrzahlungen von mehr als 3 Mrd. Euro jährlich rechnen, so Haas. Gemessen an der Wirtschaftsleistung sei der deutsche Beitrag damit aber immer noch unterdurchschnittlich. Als dritte Option nannte er eine Kürzung der EU-Ausgaben.

Konflikte vorprogrammiert

Prof. Carsten Hefeker von der Universität Siegen warnte indes vor Konflikten unter den verbleibenden EU-Mitgliedern, da weder die Nettoempfänger auf Mittel verzichten noch Nettozahler bereitwillig mehr zahlen wollten. Der Brexit sollte daher zum Anlass genommen werden, über eine generelle Umstrukturierung der Finanzierung des EU-Haushalts nachzudenken. Als Beispiele nannte Hefeker die Einführung einer eigenen EU-Finanzierungsquelle in Form von EU-Steuern und eine stärkere Konzentration auf die Beiträge, basierend auf dem Bruttonationaleinkommen.

Für Prof. Steffen Hindelang von der Freien Universität Berlin steht fest, dass Großbritannien die vor dem Austritt rechtsverbindlich übernommenen Zahlungsverpflich tungen gegenüber der EU auch nach dem Brexit erfüllen muss. Deren tatsächliche Höhe müsse jedoch „durch Auslegung“ ermittelt werden. Ähnlich argumentierte Prof. Alfonso Querejeta von der Europäischen Investitionsbank (EIB) und Leiter der „Artikel 50 Task Force“, die für die Vorbereitung und Durchführung der Verhandlungen mit dem

Vereinigten Königreich zuständig ist. Bei den Darlehen der EIB gehe es um langfristige Garantien der Mitgliedstaaten, betonte Querejeta. Diese müssten auch fortbestehen, wenn ein Staat kein EU-Mitglied mehr sei. „Wenn es in dieser Frage keine Einigung gibt, haben wir ein Problem“, so der Spanier.

Alex Barker von der „Financial Times“ sieht die Kostenfrage „politisch sehr aufgeladen“. Niemand wisse, ob die Briten die von der EU-Kommission aufgestellte Austrittsrechnung von 60 Mrd. Euro akzeptieren werden.
AgE
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