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23.08.2020 | 00:07 | Tier statt Maschine 

Arbeitspferde helfen beim Umwelt- und Naturschutz

Bramsche - Hanna lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Bedächtig zieht das sieben Jahre alte Pferd seine Runden über eine leicht abschüssige Heidefläche mitten in einem Waldgebiet in der Nähe von Bramsche.

Arbeitspferd
Längst haben schwere Maschinen im Wald die Arbeit von Pferden abgelöst. Seit einigen Jahren werden die Tiere aber wieder entdeckt, denn sie haben bei bestimmten Aufgaben auch Vorteile. Zum Beispiel, wenn es um ökologisch sensible Bereiche geht. (c) proplanta
Hinter sich zieht das rheinisch-deutsche Kaltblut eine schwere Metallwalze, an der schmale Stahlplatten angeschweißt wurden. Damit werden Adlerfarnpflanzen niedergewalzt. «Das ist das erste Mal, dass Hanna einen solchen Einsatz hat», sagt Pferde- und Walzenbesitzer Bernd-Uwe Lange aus Bad Oeynhausen. Denn die Walze ist ganz neu. «Selbstgebaut», sagt Lange.

Auch für den Landkreis Osnabrück ist der Einsatz des Arbeitspferdes eine Premiere. Seit drei Jahren beschäftige man sich im Naturpark Terra Vita schon mit dem Einsatz von Arbeitspferden, sagt Naturpark-Mitarbeiter Michael Siefker. Aber an diesem Dienstag komme es auf dieser kleinen Naturschutzfläche zum ersten Mal zu einem richtigen Einsatz eines Arbeitspferdes.

«Wir sind laut Gesetz verpflichtet, diese geschützte Fläche auch in einem ökologisch guten Zustand zu erhalten», sagt er. Der hartnäckige Adlerfarm drohe hier alles zuzuwuchern. Da biete sich der Einsatz von Arbeitspferden an. «Sie sind wendig und nicht zu schwer», sagt Siefker. Wegen des relativ geringen Gewichts werde der Boden geschützt, während beim Einsatz von schweren Maschinen die Gefahr drohe, dass der Boden zusammengedrückt werde.

Es ist nicht der erste Einsatz von solchen Arbeitspferden in Niedersachsen, weiß Siefker. Aber oft würden die Tiere noch nicht genutzt. Immerhin habe er bereits Anfragen von ein paar privaten Waldbesitzern. «Wer weiß, vielleicht sorgt ja dieser Einsatz heute dafür, dass das Interesse steigt», hofft er.

Die Interessengemeinschaft Zugpferde (IGZ) kümmert sich bundesweit um die Arbeits- und Rückepferde. Aus Niedersachsen stehen derzeit drei Unternehmer auf der Liste, der Landesverband hat 126 Mitglieder. Im benachbarten Nordrhein-Westfalen gebe es schon 280 Mitglieder in diesem Bereich, die zusammen zwischen 500 und 600 Pferde halten würden, sagt Gerd Aschoff vom Landesverband NRW der IGZ. Tatsächlich zum Einsatz kämen aber nur etwa 20 Pferde im ganzen Land. Arbeitspferde sind also nach wie vor eine Seltenheit.

Hanna zieht stoisch ihre Bahnen über die Heidefläche. «Sie sehen von ihr keinen Hufabdruck auf dem Boden. Wenn hier ein 100-PS-Schlepper drüber fahren würde, hätte man tiefe Reifenspuren im Boden», sagt Aschoff. Auch die schmale Gestalt der Pferde ist ihr Vorteil: Mit gerade einmal 80 Zentimetern Breite kommen sie durch eng stehende Bäume durch, wo eine Maschine außen vor bleiben müsste.

«Wir merken, dass es innerhalb der Forst- und Naturschutzbehörden ein Umdenken gibt, dass man nach anderen Wegen sucht», beschreibt Aschoff ein steigendes Interesse an den Arbeitspferden. Auch mit Blick auf vielen Waldflächen, die deutschlandweit wegen der Trockenheit und des Borkenkäfers geschädigt seien, könnte das Interesse an den Pferdeeinsätzen wachsen. Gerade kleine Flächen seien von Arbeitspferden günstiger zu bearbeiten als mit großen Maschinen.

Nun muss Hanna aber doch mal Pause machen. Im Regelfall könnten die Tiere sechs Stunden am Tag arbeiten, vielleicht auch mal ein oder zwei Stunden mehr, sagt Aschoff. In den Arbeitspausen bekommen die Tiere Futter und Wasser.

«Hanna fühlt sich wohl, die ist total entspannt», sagte Lange. Seit rund zehn Jahren betreibe er sein Arbeitspferde-Unternehmen, davor sei es ein Hobby gewesen. 3.000 bis 5.000 Euro koste ein Pferd pro Jahr, erklärt Aschoff. Die Unternehmer müssten also genau durchkalkulieren, ob sie genügend Aufträge bekommen, um ein Arbeitspferd halten zu können.

Für den Landkreis Osnabrück sei es wichtig, mit professionellen Anbietern zusammenzuarbeiten, erklärt Siefker. «Hobbyleute wollen wir nicht.» Das sei auch wegen des Tierschutzes wichtig. Die IGZ biete entsprechende Schulungen für die Mitglieder an, so dass die Sachkunde gewährt sei. «Das ist uns sehr wichtig.»
dpa/lni
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