Zugleich läuteten sie das Ende der fossilen Energien Kohle, Öl und Gas ein.
«Wir haben ein Ziel, das in Einklang mit der Wissenschaft ist», sagt der Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Hans Joachim Schellnhuber. Politiker, Industrie und Bürger haben es nun jedoch in der Hand, ob der Beschluss auch umgesetzt wird. Daher hat der Vertrag Stärken und Schwächen.
Positiv: Die Staaten vereinbarten, die
Erderwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit auf klar unter 2 Grad Celsius zu begrenzen, wenn möglich sogar auf 1,5 Grad. Das Zwei-Grad-Ziel könnte die schlimmsten Folgen des Klimawandels abwenden. Zudem sollen in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts nicht mehr
Treibhausgase ausgestoßen werden, als sogenannte CO2-Senken - beispielsweise das Pflanzen von Wäldern - ausgleichen können.
«Das ist ehrgeiziger als das Ziel der G7-Staaten, von Kohle, Öl und Gas wegzukommen, weil es alle Treibhausgase, also auch Methan und Lachgas, umfasst», sagt Malte Meinshausen von der australischen Universität Melbourne.
Ärmere Staaten sollen Geld und technische Unterstützung erhalten, um sich klimafreundlich zu entwickeln. Das ist für viele sehr wichtig, damit sie ihre
Klimaziele überhaupt erfüllen können.
Negativ: Die vorgelegten nationalen Pläne reichen allenfalls, um die Erderwärmung auf rund drei Grad zu begrenzen. Und das Abkommen schreibt nicht vor, die vorliegenden Klimaschutzpläne schnell zu verbessern. «Wenn diese aber nicht verschärft werden, ist zumindest das 1,5-Grad-Ziel schon begraben», sagt Jan Kowalzig von Oxfam.
Die EU etwa solle sofort anfangen, ihr Ziel zu verbessern, von 1990 bis 2030 den Treibhausgasausstoß um 40 Prozent zu senken. «Denn jetzt wird das Ziel in nationale Gesetze umgesetzt, dann ist es erstmal fest. Die EU wird damit mit zum Totengräber des 1,5-Grad-Zieles.»
Das kann passieren: Bereits eine Erderwärmung um 2 Grad hat nach Angaben von Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung große Folgen: Unter anderem sterbe ein großer Teil der Korallen weltweit. Die Riffe bieten nicht nur
Küstenschutz, sondern auch Nahrung für Millionen von Menschen. «Das arktische Meereis wird schmelzen und damit das Wetter auch in Deutschland beeinflussen.»
Das Schmelzen etwa des grönländischen Eisschildes und der Gletscher schadet nicht nur den kleinen Inselstaaten. «Eine Stadt wie Hamburg kommt unter massiven Anpassungsdruck», sagte Levermann. Hamburg gäbe es seit mehr als 500 Jahren, es könnte innerhalb der kommenden 500 Jahre aber großteils unter dem
Meeresspiegel liegen. «Bei einer Erderwärmung von nur 1,5 Grad wird das Risiko für solche Schäden einfach geringer.»
Das ist zu tun: «Die Klimaziele müssen jetzt schnell freiwillig erhöht werden, aber sie sind ja ohnehin freiwillig», sagt Schellnhuber. Das gelte auch für Deutschland und die EU. «Wenn Ministerin Barbara Hendricks sagt, wir wollen das 1,5-Grad-Ziel unterstützen, dann muss sofort der deutsche Klimaschutzplan nachgebessert werden. Dann muss man alles darin noch mal auf den Prüfstand stellen.»
Levermann zufolge ist ein schneller
Strukturwandel bei der Energieerzeugung nötig. Es dürften keine Kohlekraftwerke mehr gebaut werden. «Gleichzeitig muss dann die Energieeffizienz erhöht werden.» Johan Rockström, der Leiter des Stockholm Resilience Centre, forderte Taten, die bis 2050 zum Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas führen.
Die Hoffnung: Viele Forscher setzen auch auf die Wirtschaft, insbesondere auf die «Deinvestment-Bewegung» für einen Ausstieg aus Investitionen in Kohlekraftwerke. Ihr war kürzlich auch die Allianz-Gruppe beigetreten. Zudem haben sich am Rande des Klimagipfels 114 Unternehmen, darunter Coca-Cola, Procter & Gamble und Sony, eigene Klimaziele gesetzt. So plant Italiens größter Energiekonzern Enel, bis 2050 netto kein
CO2 mehr auszustoßen.
Die Vereinbarung werde der deutschen Energiewende einen «ultimativen Schub» geben, glaubt Klimaforscher Joseph Alcamo von der Universität Kassel. Er sieht eine europäische und eine weltweite Energiewende folgen. Rund 190 Länder mit Klimaschutzzielen setzten nun auf erneuerbare Energien. Deutschland habe einen großen Vorsprung in der Technik, die es nun verkaufen könne.
Der Klimavertrag habe zwar keinen Sanktionsmechanismus, «aber man hat es sich gegenseitig in die Hand versprochen», sagte Schellnhuber. «Es wurde Zwang durch Moral ersetzt, was ja oft besser ist.» Ähnlich sieht es der Forscher Meinshausen. «Wir hoffen, dass die Staaten mehr machen, als in ihren Klimazielen steht.»