Am vergangenen Dienstag (20.9.) waren in der ZDF-Sendung „Frontal“ versteckt aufgenommene Videos von mit Elektroschockern getriebenen und verletzten Schweinen zu sehen, die aus landwirtschaftlichen Betrieben in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen stammen sollen. Die Halter sollen Lieferanten von
Westfleisch sein.
„Das Wohlergehen der gehaltenen Tiere steht für uns immer an erster Stelle“, betonte das genossenschaftliche Fleischunternehmen in einer Stellungnahme. Die Zulieferbetriebe würden auf verschiedenste Weise regelmäßig überprüft, etwa von Veterinärämtern oder durch unangekündigte Spot-Audits der
QS Qualität und Sicherheit GmbH. Den Vorwürfen gegen die
Tierhalter werde „mit Entschiedenheit“ nachgegangen.
Aktuell werde jeder betroffene
Betrieb durch ein umfangreiches Sondermonitoring überprüft. Zusätzlich würden, so die Westfleisch, nun kurzfristig alle Lieferbetriebe besichtigt und deren Status quo genau dokumentiert. Dies geschehe auch, um die generell hervorragende Arbeit der über 3.000 Vertragspartner nicht in Misskredit zu bringen.
Schließlich will die
Genossenschaft ihr Kontrollnetz erweitern. Sie wies darauf hin, dass an allen Fleischcentern bereits bei der Entladung der Viehtransporter eine amtliche Schlachttieruntersuchung jedes einzelnen Tieres auf Anzeichen von Tierschutzverstößen durch einen amtlichen
Veterinär erfolge. Transportunfähige und schlachtunfähige Tiere würden deshalb nicht zur Schlachtung angenommen.
Zudem werde im Rahmen der amtlichen Fleischuntersuchung jeder Schlachttierkörper und alle Organe auf dahingehende Auffälligkeiten überprüft und diese gegebenenfalls gemeldet. Die bestehende umfangreiche Schlachttieruntersuchung will Westfleisch nun kurzfristig um die risikoorientierte Lebendtieruntersuchung erweitern, um einen noch besseren Eindruck von den Begebenheiten in den Ställen zu erhalten.
Tierschutzprobleme „systembedingtimmanent“
Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, bezeichnete die Tierschutzverstöße indes als „systemimmanent“. Der Gesetzgeber toleriere nämlich weiterhin, dass Schweine in reiner Stallhaltung auf Spaltenböden gehalten würden.
Die Tiere seien so „einem sehr hohen Risiko ausgesetzt, krank zu werden, sich zu verletzen und Verhaltensstörungen zu entwickeln“, erläuterte Schröder. Er forderte ein an strengen Tierschutzkriterien orientiertes staatliches Zertifizierungs- und Kontrollsystem mit engmaschiger
Überwachung, kombiniert mit massiver Förderung für umstellungswillige Landwirte.
Die Agrarsprecherin der Grünen im bayerischen Landtag, Gisela Sengl, drängte angesichts von Tierschutzverstößen im Freistaat die die Landesregierung dazu, den Veterinärämter mehr Personal zur Verfügung zu stellen und für einen guten „Mensch-Tier-Betreuungsschlüssel“ zu sorgen. „Es gibt auch bis dato keinen verpflichtenden
Sachkundenachweis für alle, die in der
Nutztierhaltung arbeiten“, kritisierte Stengel.
„Die schwarz-orange Landesregierung unterstützt mit ihrem Nein zum Sachkundenachweis die Strukturen der agrarindustriellen Billigstproduktion in Großbetrieben“, monierte die Grünen-Politikerin. Die Organisation „Vier-Pfoten“ beklagte, dass es zu wenige behördliche Kontrollen der Tierhalter gebe. Zudem hätten sich laut einer von ihr in Auftrag gegebenen Studie die Beanstandungsquoten in den vergangenen Jahren nicht verbessert; durchschnittlich würden weiter in jedem dritten kontrollierten Stall Missstände festgestellt. Eine Auswertung offizieller Statistiken habe ergeben, dass 2020 die Veterinärämter nur 7,2 % der Tierhaltungsbetriebe geprüft hätten.