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03.08.2008 | 07:10 | Schnecken-Alarm 

Invasion der Nacktschnecken - Kampf mit Gartenschere und Ente

Düsseldorf - Immer mehr Nacktschnecken nagen am Salat und gehen deutschen Kleingärtnern auf die Nerven.

Invasion der Nacktschnecken
(c) proplanta
«In diesem Jahr habe ich überhaupt kein Glück», klagt Irmgard Vervosd (72) und zupft an einem durchlöcherten Tomatenblatt. Ob Rhabarber, Bohnen oder Tomaten - «was ein bisschen aus der Erde kam, war sofort angefressen», seufzt die Düsseldorferin. Seit mehr als 30 Jahren hat sie mit ihrem Mann ein Stück Grün in einer Kleingartenkolonie im Düsseldorfer Süden gepachtet.

Die kriechenden Schleimlinge machten sich schon in den vorigen Jahren mit Vorliebe über die jungen Pflänzchen her, aber so viele wie in diesem Jahr waren es noch nie, klagen Kleingärtner überall im Land. Mit Bierfallen haben die Vervosds die Schnecken geködert, mit Salz gelegentlich austrocknen lassen oder «etwas von dem teuren Schneckenkorn aus dem Gartenmarkt gestreut». Aber «den Schnecken ist kein Kraut gewachsen», bilanzieren selbst erfahrene Kleingärtner.

«Wir erleben momentan eine Art Invasion», erklärt der Bundesverband Deutscher Gartenfreunde, der mehr als 15.000 Kleingärtnervereine vertritt. Schuld an den vielen unersättlichen Glibberlingen seien der milde Winter und die vielen Regentage im Juli. «Die letzte Hoffnung vieler Kleingärtner war, dass es trocken bleibt», sagt Sprecher Thomas Wagner. Besonders zu schaffen mache den Gartenfreunden die Spanische Wegschnecke. Die dunkelbraune Nacktschnecke sei die «Gefräßigste» unter ihren Artgenossen, schmecke aber den meisten «Schneckenfeinden» wie Igeln, Kröten oder Singvögeln überhaupt nicht.

Einzige Ausnahme sei die Indische Laufente. Das Federvieh verputze am Tag bis zu 50 der dicken braunen Schnecken. Unter Gartenfreunden ist der schnatternde Schneckenfresser längst ein Geheimtipp. Doch der «Sonderverein der Laufentenzüchter Deutschlands» warnt, die Tiere seien «keine reinen Schneckenfresser»; gelegentlich naschen sie gerne auch ein paar Salatblätter.

Die Entenzüchter in Deutschland merken, dass sich in diesem Jahr mehr Schnecken als sonst über die Beete hermachen. Die Entenverkaufszahlen seien merkbar gestiegen, schildert der Vereinsvorsitzende Markus Kollhoff. Von Verleihangeboten für die Entenart wie dem österreichischen «Rent-an-Ent» hält der Züchterverband nichts. Die Enten seien kein «lebendes Pflanzenschutzmittel», betont auch der Verband der Gartenfreunde. Sie müssten artgerecht gehalten werden. Mögliche Entenkäufer warnt Züchter Kohlhoff vor einer Fehlinvestition. «Nicht jede Ente, die unter der Bezeichnung "Schneckenfresser" verkauft wird, ist auch eine Indische Laufente», so der Züchter.

Doch die schnatternden Enten passen nicht in die kleine Welt der Gartenzwerge. In den meisten Schrebergärten ist Tierhaltung verboten. Daher setzt der Verband Deutscher Gartenfreunde im Schneckenkampf auf bewährte Methoden. Hobbygärtner sollten die Tiere mit einer Gartenschere zerschneiden. Wem das zu grausam sei, der könne Schneckenkorn oder spezielle Zäune aus dem Fachhandel einsetzen. Der Verband warnt jedoch vor Fallen, die mit Lockstoffen arbeiten. Gerade das vielgepriesene Hausrezept mittels einer Schale Bier der Plage Herr zu werden, könne die Invasion noch verstärken und Schnecken aus den Nachbargärten anlocken.

«Schnecken sind Feinschmecker und Alkoholiker», weiß Gärtnerin Gisela Redemann. Die 63-Jährige bewirtschaftet einen 3.500 Quadratmeter großen Biogarten in Düsseldorf. Sie läuft in der abendlichen Dämmerung regelmäßig mit einer Taschenlampe durch ihren Garten und pflückt mit einer Pinzette die Schnecken von ihren Pflanzen. Dann kämen die vielfressenden Alkoholiker in ein Glas mit Bier: «Deckel darauf, dreimal drehen, dann sind sie betrunken und haben vielleicht einen schönen Tod», hofft Redemann. (dpa)
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