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30.09.2023 | 10:25 | Chemikaliengruppe 

Unsichtbare Gefahr im Alltag: Die Ewigkeitschemikalien PFAS

Berlin - Wer nach einer guten Pfanne oder Regenjacke sucht, ist vielleicht schon einmal dem Begriff PFAS begegnet. Die sogenannten Ewigkeitschemikalien sind beliebt in der Industrie und finden sich daher in zahlreichen Produkten.

PFAS-Chemikalien
Sie machen Schuhe wasserfest und Pfannen fettabweisend: Die Chemikaliengruppe PFAS findet sich fast überall im Alltag, schließlich sind die Stoffe so praktisch. Dabei geht von ihnen eine unsichtbare Gefahr aus - für Mensch und Umwelt. (c) Olivier - fotolia.com
Doch diese Stoffgruppe umfasst Schätzungen zufolge mehr als 10.000 verschiedene Chemikalien - von denen viele hochgiftig sind. Warum über eine Beschränkung von PFAS diskutiert wird und wo sie sich auch in Deutschland nachweisen lassen.

Was sind PFAS?

PFAS sind eine große Gruppe von synthetischen Chemikalien, die weit verbreitet sind - unter anderem in der Umwelt, im Trinkwasser und in der Nahrung. Sie werden seit langem in vielen Industrien und im Haushalt eingesetzt, aufgrund ihrer wasser- und fettabweisenden Eigenschaften sowie ihrer Stabilität. Sie enthalten jedoch starke chemische Bindungen und sind daher schwer abbaubar. Außerdem sind viele PFAS giftig. Wenn sie in die Umwelt gelangen, können sie Grundwasser, Oberflächengewässer und Böden verunreinigen. Die Reinigung verschmutzter Orte ist schwierig und teuer.

Wo finden sich PFAS im Alltag?

PFAS werden in ganz unterschiedlichen Produkten des Alltags verwendet. Das können Farben, Leder- und Textilbeschichtungen, Kleidung, Schuhe sein sowie Verpackungen oder Skiwachs. Die Chemikalien sind beliebt, denn sie besitzen wasser-, fett- und schmutzabweisende Eigenschaften und sind thermisch stabil. Daher findet man sie auch oft in Kosmetik, Pflanzenschutzmitteln oder Feuerlöschmitteln.

Das ist doch praktisch. Warum sind PFAS denn gefährlich?

Menschen können PFAS vor allem über Nahrung und Trinken aufnehmen, denn die Chemikalien gelangen in Böden, das Grundwasser, Futtermittel oder Verpackungen. Die europäische Lebensmittelbehörde EFSA geht davon aus, dass vor allem tierische Lebensmittel mit PFAS belastet sind.

Und das kann richtig gefährlich für die Menschen sein, denn die Stoffe stehen in Verdacht, krebserregend zu sei. Bei einer Untersuchung des Umweltbundesamts im vergangenen Jahr wurden PFAS in zu hohen Mengen im Blut von Kindern und Jugendlichen gefunden. Bei bis zu einem Viertel der Jugendlichen sei die Konzentration im Körper so hoch gewesen, dass «gesundheitliche Wirkungen nicht mehr mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können», hieß es.

Welche Regionen in Deutschland sind besonders PFAS-belastet?

Im vergangenen Jahr ergab eine Studie, dass PFAS selbst in den entlegensten Weltregionen im Regenwasser nachweisbar sind. Auch in Deutschland konnten PFAS gefunden werden. Nach Recherchen von «SZ», NDR und WDR lassen sich an mehr als 1.500 Orten in Deutschland PFAS nachweisen. Einige PFAS finden unter anderem über Kläranlagen ihren Weg in Flüsse, Seen und Meere - und das, obwohl in Kläranlagen selbst gar keine PFAS verwendet werden. Doch dort sammelt sich das Abwasser und das kann durch PFAS verschmutzt sein. Die Recherche zeigte auch, dass es beispielsweise mehrere Fälle in NRW gab, bei denen PFAS dort nachgewiesen wurden, wo früher Löschschaum benutzt worden war.

Warum sind PFAS nicht bereits verboten?

Einige PFAS sind bereits weitgehend verboten, weil sie als gefährlich gelten. «Von den relativ wenigen gut untersuchten PFAS gelten die meisten als mittel- bis hochtoxisch, vor allem für die Entwicklung von Kindern», schreibt die Europäische Umweltagentur (EEA). Behörden mehrerer Länder, darunter Deutschland, streben ein weitgehend vollständiges Verbot der Stoffgruppe in der EU an. Dabei handelt es sich um eine Art Vorsichtsmaßnahme. Der Gedanke dabei: Wenn einige der Substanzen nachweislich schädlich sind, könnten es viele andere Vertreter der Stoffgruppe auch sein.

Ein Vorschlag für ein mögliches Verbot sieht je nach Anwendung Übergangsfristen vor. Für einige wenige Bereiche gäbe es unbegrenzte Ausnahmen. Die EU-Chemikalienagentur ECHA will zeitnah einen Regulierungsvorschlag machen. Die Entscheidung trifft die Europäische Kommission schließlich gemeinsam mit den EU-Mitgliedsstaaten.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke macht sich für eine Beschränkung der Stoffe stark. «Wir finden sie auf dem ganzen Globus, in der Antarktis, in den Meeren, in den Wäldern. Und sie können im menschlichen Körper Gesundheitsschäden hervorrufen», sagte die Grünen-Politikerin. «Deshalb ist doch vollkommen klar, dass wir hier bessere Lösungen finden müssen.» Es brauche «definitiv Beschränkungen von diesen Stoffen, die sehr gefährlich sind».
dpa
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